Die Wrestling-Liga WWE hat auf den Wirbel um die Skandal-Posts von Lars Sullivan reagiert und ihn mit einer 100.000-Dollar-Strafe belegt.
Sullivan-Skandal: Die Hintergründe
Wie die Promotion am Dienstag vor SmackDown mitteilte, wird der aufstrebende Neuling außerdem zu einem Sensibilitäts-Training verpflichtet. WWE sei für eine "Kultur der Inklusion, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion und sexueller Orientierung". WWE werde Dylan Miley - wie Sullivan wirklich heißt - auch mit entsprechenden Organisationen ins Gespräch bringen, "um weitere Diskussionen über die Macht der sozialen Medien und die Wirkung von Worten zu führen".
Die Höhe der Geldstrafe ist im Verhältnis dazu zu sehen, dass ein WWE-Wrestler in Sullivans Position keine Millionensummen verdient. 100.000 Dollar machen einen Großteil seines Jahresgehalts aus.
WWE nutzt Moralklausel
Als Grundlage für diese Strafe dient die so genannte "Moralklausel" in allen WWE-Verträgen, ein üblicher Passus in Sport- und Showgeschäft. Unter Paragraph 9.13 (a) ist da geregelt, dass sich jeder Wrestler in einer Art und Weise zu verhalten hat, "die der öffentlichen Moral und Sitte entsprechend ist".
Explizit geht es dabei auch um moralische Verfehlungen, die ein Wrestler "shall have committed", also schon begangen hat. Wrestler haften bei ihrer WWE-Unterschrift also auch für eine potenziell rufschädigende Vergangenheit, für die sich WWE von Geldstrafen bis zu Entlassungen jede Konsequenz vorbehält.
Sullivan, seit seinem Hauptkader-Debüt im vergangenen Monat als Monster-Bösewicht inszeniert, hatte sich vergangene Woche für "unangemessene Bemerkungen" entschuldigt, die zuvor für Gesprächsstoff in den sozialen Medien gesorgt hatten.
Sponsoren beschwerten sich
Es geht um eine Reihe wahrhaft übler Kommentare, die Sullivan (Kampfname: "The Freak") zwischen den Jahren 2007 und 2013 - dem Jahr seiner WWE-Unterschrift - in einem Bodybuilder-Forum gepostet hatte und die in dieser Woche größere Kreise zogen. Wie der Wrestling Observer berichtet, beschwerte sich auch mindestens ein von Fans auf das Thema aufmerksam gemachter Sponsor bei WWE.
Der angeblich 150 Kilo schwere und als Top-Talent geltende Sullivan verhielt sich in diesen Kommentaren politisch rechts, beleidigend, sexistisch, schwulenfeindlich und zum Teil offen rassistisch und rechtsextrem. Nun behauptet er, geläutert zu sein. In einem von WWE veröffentlichten Statement hielt der 30-Jährige fest: "Es gibt keine Entschuldigung für die unangemessenen Bemerkungen, die ich vor Jahren gemacht habe. Sie spiegeln nicht wider, wer ich heute bin und woran ich glaube und ich entschuldige mich bei jedem, den ich angegriffen habe."
Sullivan har sich hinter den Kulissen auch bei einzelnen Wrestler-Kollegen entschuldigt. Titus O'Neil bestätigte das und äußerte sich positiv über Sullivans Reue, die nach seinem Eindruck "aufrichtig" war (während er Hulk Hogan bei dessen Entschuldigung für seine Rassismus-Affäre das Gegenteil vorwarf). Generell soll hinter den WWE-Kulissen der Eindruck herrschen, dass Sullivans Reue ehrlich ist.
Lars Sullivan räumt Verantwortung ein
Ein Teil von Sullivans Posts war schon im vergangenen Herbst im Netz entdeckt und diskutiert worden, ohne dass eine öffentliche Reaktion von WWE kam. Dem Observer zufolge gab es aber schon damals nicht näher benannte interne Maßnahmen von WWE.
Nun aber hatte ein Reddit-User nochmals eine lange Liste skandalöser Kommentare Sullivans zusammengetragen und dabei auch Fotos dokumentiert, die er mit den ihm zugeordneten Accounts "Disenfranchised" und "Elperfecto" veröffentlicht hatte und damit seine Identität bewies. Auch WWE-Kollegen äußerten sich und machten damit ein noch größeres Publikum auf die Angelegenheit aufmerksam.
Der afroamerikanische Wrestler Big E (The New Day) antwortete bei Twitter einem User, der ihn zu seiner Meinung zu den Funden fragte: "Das ist vielen bewusst. Wenn das so stimmt, muss er damit leben, als intoleranter Mensch für eine Firma zu arbeiten, die jetzt voll mit Minderheiten ist."
WWE-Star nannte Neonazi-Band "toll"
Sullivan offenbarte tatsächlich jede Menge Intoleranz, in verschiedenen Stufen: In seinen frühen Posts als 19-Jähriger beleidigte er andere User offen rassistisch ("Du bist schwarz? Kein Wunder, dass du nur kopieren und einfügen kannst"), bezeichnete außerdem die Neonazi-Band "Blue Eyed Devils" als "toll" und ein judenfeindliches und Nazi-Deutschland verherrlichendes Lied als "großartigen Song".
In späteren Jahren wurden seine Postings weniger plump, aber transportierten immer noch ein rechtes Weltbild. Unter anderem behauptete er: "Es scheint, dass Weiße mehr Verantwortung für ihr Leben übernehmen als Schwarze und Hispanics". Dazu äußerte den Wunsch, allen Bewohnern muslimischer Länder die Einreise in die USA zu verweigern.
Er beleidigte auch mehrere seiner heutigen Kollegen. Über seinen heutigen Fehdengegner R-Truth und den aktuellen WWE-Champion Kofi Kingston, sagte er, sie sähen aus "wie Mitglieder einer schwarzen Gefängnis-Gang". Homophobie offenbarte Sullivan ebenso, zum Beispiel, indem er den NFL-Quarterback Philip Rivers von den Los Angeles Chargers als "extrem schwul" beschimpfte.
Obendrein veröffentlichte Sullivan unter anderem auch einen sexuell anzüglichen Kommentar über WWE-Vorstand Stephanie McMahon und machte sich über den Suizid des früheren Wrestlers Chris Kanyon lustig.
Erinnerungen an Rassismus-Affäre Hulk Hogan
Ironischerweise richtete Sullivan in seinen Postings auch Angriffe auf Betroffene psychischer Krankheiten und Panikattacken, denen er "Willensschwäche" und "Verweichlichung" vorwarf und ihnen riet: "Seid ein Mann!" In diesem Jahr verzögerte sich das eigentlich schon länger geplante Sullivan-Debüt übereinstimmenden Medienberichten zufolge deshalb, weil er selbst Panikattacken erlitt.
WWE gerät durch Sullivans Skandal-Postings in eine heikle Lage: Auf die Rassismus-Affäre ihrer Legende Hulk Hogan reagierte sie 2015 mit dessen Entlassung und dem (drei Jahre später revidierten) Rauswurf aus ihrer Hall of Fame.
Auch damals ging es um Jahre alte Kommentare, für die Hogan sich nach ihrer Veröffentlichung schnell entschuldigt hatte. WWE war nun also auch im Fall Sullivan unter Zugzwang.