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Wie ein WWE-Märchen einen Nachgeschmack bekam

Der späte Aufstieg von Kofi Kingston zum WWE-Champion ging Fans und Kollegen ans Herz. Das Ende seiner Regentschaft jedoch sorgte für anhaltende Enttäuschung.
Im November 2014 schlossen sich Kofi Kingston, Xavier Woods und Big E bei WWE zu The New Day zusammen. Seitdem haben sie einige Meilensteine erreicht ...
Der späte Aufstieg von Kofi Kingston zum WWE-Champion ging Fans und Kollegen ans Herz. Das Ende seiner Regentschaft jedoch sorgte für anhaltende Enttäuschung.

Wahrscheinlich hat ihm sein früherer Job am Ende doch geholfen, so sehr der ehemalige WWE-Champion ihn gehasst hat.

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Kofi Kingston arbeitete für Staples, einen Einzelhandelskonzern für Bürobedarf, als Korrekturleser. “Sie hatten einen 900-Seiten-Katalog”, berichtete er im Frühjahr 2019 auf Nachfrage von SPORT1: “Meine Aufgabe war, ihn auf Rechtschreibfehler zu prüfen, auf die richtige Zeichensetzung zu achten, die Abstände zwischen Wörtern und Satzzeichen.”

Nicht völlig verwunderlich, dass er nach einer gewissen Zeit dachte: "Ich fühlte mich nicht erfüllt. Ich wollte mehr aus meinem Leben machen. Ich wollte meinen Traum verwirklichen."

Kingston erfüllte sich den größten aller Träume im April 2019: Bei WrestleMania 35 errang er mit einem Sieg über Daniel Bryan erstmals den historisch bedeutsamsten Titel der Showkampf-Liga, als erster in Afrika geborener Wrestler.

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Es war ein später Coup für den damals 38 und seit Samstag 40 Jahre alten Kingston - der später einen bitteren Nachgeschmack bekam. Trotzdem ist es eine historische Errungenschaft, die ihm nicht zu nehmen ist. Und zu der womöglich auch der weniger glamouröse Ex-Beruf beigetragen hat.

Vom Korrekturleser zum WWE-Champion

Korrektur zu lesen, das ist ein Job für uneitle Charaktere, er erfordert Gründlichkeit und Geduld, einen großen Drang, die Dinge richtig zu erledigen, ohne gleich auf eine schnelle Belohnung zu hoffen.

Auch wenn Kingston sich bei WWE ironischerweise als Mann für atemberaubende Flugeinlagen hervorgetan hat: Das Arbeitsethos und die Geduld des Korrekturlesers hat er sich dabei offensichtlich bewahrt - und seine Belohnung nach langem Warten schließlich doch bekommen, auf die größtmögliche und emotionalste Weise.

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Wobei der Zufall dieser Geschichte etwas auf die Sprünge helfen musste.

Schub durch The New Day

Kofi Nahaje Sarkodie-Mensah, wie er eigentlich heißt, steht bereit seit 2006 unter WWE-Vertrag. Nachdem der gebürtige Ghanaer und Absolvent des Boston College im Jahr zuvor sein Wrestling-Training aufgenommen hatte, dauerte es kein Jahr, bis WWE auf sein athletisches Talent aufmerksam geworden war.

Kingston gewann das Publikum mit einem innovativen Spektakel-Stil schnell für sich, er schien dabei jedoch an Grenzen zu stoßen: Immer wieder zwar gewann er die Sekundärtitel der Liga, begeisterte bei Leitermatches und Royal Rumbles mit kreativen Einlagen - doch ins Zentrum der Shows, in die "Main Events" rückte er nie dauerhaft.

Zwar half ihm die 2015 gegründete Formation The New Day wurde mit seinen Partnern und Freunden Xavier Woods und Big E, auch außerhalb des Rings als unterhaltsamer Charakter zu sich zu finden. Dennoch sah es lange Zeit so aus, als ob seine Mitgliedschaft in der Kult-Gruppierung sein größtes Vermächtnis bleiben würde.

Ex-Kollegen vergossen bei WrestleMania Tränen

Dann aber rückte Kingston im Februar 2019 als kurzfristiger Ersatz für den tatsächlich verletzten Mustafa Ali in das große WWE-Titelmatch bei No Escape (Elimination Chamber) - und auf einmal verselbstständigte sich der Notfallplan.

Mit herausragenden Vorstellungen weckte Kingston bei den Fans den Wunsch, ihn als Champ zu sehen, eine hörbare Euphoriewelle entstand und WWE warf den eigentlichen WrestleMania-Plan, Kevin Owens gegen Bryan antreten zu lassen, zu Kingstons Gunsten um.

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"Kofi-Mania" ist ein Beispiel dafür, wie ein abgesprochener Showsport entgegen allen Vorurteilen echte Emotion und Bedeutung auszulösen vermag.

Nach so vielen Jahren gönnten Fans und Kollegen dem als Musterprofi geltenden Kingston den späten Aufstieg einfach von Herzen, nachdem er sich so lange in insgesamt fast 1800 Matches für WWE aufgerieben hatte. Nach Mania ging ein Video viral, wie seine WWE-Weggefährten Montel Vontavious Porter und Shad Gaspard gemeinsam Tränen der Rührung vergossen, als Kingston vor 80.000 Fans im MetLife Stadium seine Karriere krönen durfte.

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Aus heutiger Sicht bedrückt der Anblick: Gaspard kam ein Jahr danach bei einem tragischen Badeunfall ums Leben.

Demontage durch Brock Lesnar enttäuschte viele

Aus Sicht vieler ist Kingstons Märchen im Nachhinein entwertet worden: Im Herbst 2019 verlor Kingston den Titel an Schwergewicht Brock Lesnar, der den Publikumsliebling in kürzester Zeit ohne Gegenwehr überrollen durfte. Ein Rückmatch gab es nicht.

Die Szenerie kam herüber wie eine klare Botschaft von WWE-Boss Vince McMahon, wen er für den eigentlichen Star hielt und sorgte auch für offene Kritik von Kollegen. Unter anderem drückten Kingstons WrestleMania-Gegner Bryan (mittlerweile auf dem Weg zu Konkurrent AEW) und Kingstons gerade selbst an der Schwelle zum Durchbruch stehender Partner Big E öffentlich ihre Enttäuschung aus.

Kingston beklagte sich nicht, trug seine Demontage als Champion ebenso mit Fassung wie sein langes Warten zuvor. Niemals im Lauf seiner Karriere fiel er durch öffentliche Beschwerden in eigener Sache auf, Position bezog er lieber bei größeren Anliegen wie seiner Unterstützung für die Black-Lives-Matter-Bewegung.

The New Day langfristig an WWE gebunden

Auf SPORT1-Nachfrage stellte der zweifache Familienvater seinerzeit auch, dass die vor seinem Titelgewinn angedeutete Story, dass New Day WWE verlassen könnten, sollte Kingston seine Titelchance nicht bekommen, keine reale Grundlage hatte.

"Wenn du ein Ziel wirklich erreichen willst, ist aufgeben keine Lösung", sagt er: "Ich habe immer an meinen Traum geglaubt. Zu gehen oder damit zu drohen, um etwas zu erreichen, ist nicht meine Strategie."

Ende 2019 band sich Kingston gemeinsam mit Woods und Big E für weitere fünf Jahre an WWE, zu für alle gleichen finanziellen Konditionen - ein Zeichen für die reale und tiefe Freundschaft, die das Trio verbindet.

Verbundenheit spürt Kingston auch mit dem deutschen Publikum: “Ich liebe Deutschland, hier gibt es viele leidenschaftliche Fans und genau das treibt uns an”, sagt Kingston. Er habe Grund “ihnen zu danken, dass sie geholfen haben, mich dazu zu machen.”