Man könnte meinen, dass der mächtige WWE-Vorstand bei dieser Frage in Bedrängnis gerät.
WWE vor fragwürdigem Spektakel
Wie es denn zusammenpasse, dass sich die Wrestling-Liga ja eigentlich dem gesellschaftlichen Fortschritt verschrieben hat, im Speziellen auch dem der Frauen. Und dass sie ihre nächste Mega-Show nun ausgerechnet in Saudi-Arabien steigen lässt.
Wo Frauen Sport in der Öffentlichkeit praktisch vollständig verboten ist - weshalb am Freitagabend beim Greatest Royal Rumble in Dschidda (ab 18 Uhr im LIVETICKER, hier alle Infos zu TV- und Livestream-Übertragung) auch weder Superstar Ronda Rousey noch irgendeine andere WWE-Athletin aktiv werden darf.
Aber WWE-Vorstand Paul Levesque - nebenbei unter dem Kampfnahmen Triple H immer noch im Ring aktiv - ist ein smarter Mann. Und weiß schon, was er auf solche Fragen zu antworten hat.
Triple H: "Jede Kultur ist anders"
"Jede Kultur ist anders", sagt Triple H am Dienstagmorgen deutscher Zeit bei einer internationalen Medien-Telefonkonferenz: "Auch wenn man damit nicht einverstanden ist: Man kann einem anderen Land, einer anderen Religion nicht diktieren, was sie zu tun haben."
Das ändere nichts am Anspruch seiner Firma, "vorn dabei zu sein bei einer weltweiten Evolution der Frauen. Und man kann nirgendwo Veränderung bewirken, wenn man nicht dort ist."
Es habe "Diskussionen" gegeben, ob es möglich sei, die Frauen antreten zu lassen - die bei WWE in den vergangenen Jahren mehr und mehr in den Vordergrund gerückt sind: "Wir hoffen, dass es in den nächsten Jahren möglich sein wird. Es gibt hier große kulturelle Veränderungen. Und wir hoffen, sie mitgestalten zu können."
Thomas Bach hätte es vermutlich nicht groß anders formuliert.
Zehn-Jahres-Deal mit Saudi-Arabien
Tatsächlich hat es in Saudi-Arabien - das auch für islamisch-autoritär regierte Länder als besonders reaktionär gilt - zuletzt einige Reformen zu Gunsten der Frauen gegeben.
Das Autofahren ist ihnen seit kurzem nicht mehr verboten, auch der Besuch von Sportstätten - als Zuschauerinnen, getrennt von den Männern – ist ihnen inzwischen erlaubt.
Die Gesetzesänderungen sind Teil des Reformprogramms "Saudi Vision 2030", in dem der junge Kronprinz Mohammed bin Salman eine groß angelegte wirtschaftliche Modernisierung mit einigen zarten gesellschaftlichen Liberalisierungen verbindet.
WWE macht bei dieser Agenda 2030 mit, hat mit dem Land einen zehn Jahre laufenden Vertrag über eine "strategische Multi-Plattform-Partnerschaft" abgeschlossen, mit der WWE zum Werbeträger für das Land und dessen autoritäres Regime geworden ist.
Abu Dhabi ist weiter
Die Kooperation wird finanziell lohnenswert sein für WWE (die Rede ist von einem 200-Millionen-Dollar-Deal), Triple H rückt das aber natürlich nicht so sehr in den Fokus. Lieber spricht er darüber, dass die WWE-Stars weltweit "wie Superhelden verehrt werden" - und durch ihre Vorbildrolle dazu in der Lage sind, "kulturelle Veränderungen anzustoßen".
Triple H verweist auf die Vereinigten Arabischen Emirate, wo WWE im vergangenen Jahr ihr erstes Frauen-Match auf arabischem Boden veranstalten durften.
Sasha Banks und Alexa Bliss mussten sich damals mit Rücksicht auf die örtlichen Sitten Ganzkörperanzüge anziehen, die nur Gesicht, Hals und Hände offenbarten - auch das war vielen schon ein zu großer moralischer Kompromiss.
WWE-Frauen schweigen zum Thema
In Saudi-Arabien bleiben die WWE-Männer nun unter sich - weswegen die Show trotz großer Matches wie dem WrestleMania-Rückkampf zwischen Brock Lesnar und Roman Reigns doch sehr aus der Zeit gefallen wirkt. Für die Millionen vom Golf müssen die Frauen halt zuschauen: Das ist und bleibt der bittere Kern der Sache - trotz aller Versuche von WWE, dem Ganzen einen anderen Spin zu geben.
Was die WWE-Frauen selbst dazu sagen, dass sie in Saudi-Arabien nur als Zuschauerinnen erwünscht sind?
Es wäre spannend zu wissen, die sonst in den sozialen Medien sehr aktiven Wrestlerinnen ignorieren die kommende Show aber auf auffällige Art und Weise. Gut möglich, dass sie von ihrer Firma entsprechend instruiert worden sind.
Was Finn Balor wohl denkt?
Interessant zu erfahren wäre auch, was gerade im Kopf des irischen WWE-Stars Finn Balor vorgeht, der seit kurzem in Regenbogen-Farben antritt, um seine Solidarität mit der schwul-lesbischen Gemeinschaft zu zeigen.
Bei WrestleMania in New Orleans ließ sich Balor von Mitgliedern der lokalen LGBT-Community zum Ring begleiten. Beim Greatest Rumble - wo Balor in einem Match um Seth Rollins' Intercontinental Title mitmischen wird - ist das undenkbar.
Ausgelebte Homosexualität ist in Saudi-Arabien verboten. Es drohen Gefängnis, Peitschenhiebe, im schlimmsten Fall die Todesstrafe.