Sie nennt sich "Queen" - und alle anderen Bäuerinnen und Bauern.
Exklusiv: Hier spricht die WWE-Queen
Charlotte Flair, Tochter von Wrestling-Legende Ric Flair, ist die derzeit erfolgreichste Showkämpferin der Welt. Bei WWE ist sie die Anführerin der "Women's Revolution", in der die weiblichen Stars in den Vordergrund gerückt worden sind und mittlerweile auch Hauptkämpfe bei Großveranstaltungen bestreiten.
Eben erst beschloss Flair ihre große, fast ein Jahr lange Fehde mit Sasha Banks, sicherte sich zum vierten Mal den Damentitel. Im SPORT1-Interview spricht die 30-Jährige über ihre weiteren Ziele, ihre Vorbilder und das Vermächtnis ihres berühmten Vaters.
SPORT1: Charlotte Flair, Sie haben ein enorm erfolgreiches Jahr hinter sich, generell stand das Frauenwrestling bei WWE nie so im Fokus wie 2016. Was steckt hinter dieser bemerkenswerten Entwicklung?
Charlotte Flair: Tolle Charaktere, das ist der entscheidende Punkt. Becky Lynch, Alexa Bliss, Nikki Bella, Carmella, Natalya, Sasha Banks, Nia Jax, Bayley, Emmalina: alles hervorragende Athletinnen, aber vor allem Charaktere mit Geschichte - das ist es ja letztlich, was das Publikum bewegt. Man hat in diese Charaktere investiert, ihnen Zeit gegeben sich zu entwickeln, darum funktioniert das Ganze.
SPORT1: Wie wollen Sie das bisher Erreichte 2017 noch toppen?
Flair: So möchte ich nicht unbedingt an das Jahr herangehen. Ich will noch besser werden, noch bessere Geschichten erzählen, das Beste aus den kommenden Rivalitäten machen, wer auch immer meine Gegnerinnen sein werden.
SPORT1: Es zeichnet sich ab, dass Bayley ihre nächste Gegnerin sein wird, der aufstrebende Publikumsliebling.
Flair: Ich glaube, das wird toll. Bayley ist die leidenschaftliche Heldin, die vom Fan zur Wrestlerin wurde, ich die Böse, die in das Geschäft hineingeboren wurde. Das ist ein perfekter Gegensatz, ich freue mich darauf. Wir haben ja auch eine Vorgeschichte: Bayley war vor dreieinhalb Jahren meine Gegnerin in meinem ersten Fernseh-Match bei NXT, als wir beide Nachwuchskämpferinnen waren. Seitdem hat sich viel entwickelt.
SPORT1: Ihr Vater Ric - dessen Nachnamen Sie nun auch übernommen haben - hat sie bis vor einigen Monaten zum Ring begleitet, jetzt nicht mehr. Ein entscheidender Schritt für Sie?
Flair: Dass ich nun auch seinen Namen trage, soll ausdrücken, dass ich sein Vermächtnis weiterführe - und keine Angst vor dem Druck habe, der damit verbunden ist. Dass ich aus dem Schatten meines Vaters herauswachse, jetzt auf eigenen Füßen stehe: eine tolle Sache.
SPORT1: Ihr Vater hat Sie offensichtlich beeinflusst. Gibt es andere, weniger offensichtliche Vorbilder und Einflüsse auf ihre Karriere?
Flair: Ich habe im vergangenen Jahr viel mit Fit Finlay gearbeitet, der irischen Legende, die nun Trainer bei WWE ist. Ich habe mit ihm viel daran gearbeitet, härter und glaubwürdiger zu wrestlen. Lita, eine der größten Wrestlerinnen aller Zeiten, hat mir beigebracht, Bühnenpräsenz und Selbstbewusstsein auszustrahlen. Auch Arn Anderson, der große Weggefährte meines Vaters und ein völlig anderer Charakter, ist ein wichtiger Einfluss auf mein athletisches Verständnis. Auch von Kurt Angle und Shawn Michaels habe ich viele Matches studiert.
SPORT1: Ihr Vater Ric Flair hatte eine bewegte Karriere, hat aber auch dunkle Momente erlebt wie den frühen Tod Ihres jüngeren Bruders Reid wegen einer Überdosis Medikamente. Haben Sie auch aus den Fehlern Lehren gezogen, die in Ihrer Familie gemacht wurden?
Flair: Meine Einstellung ist die: Es gibt keine Fehler im Leben außer dem, nicht aus seinen Fehlern zu lernen. Ich könnte nicht stolzer auf meinen Vater sein, er ist jetzt fast 70 und hat eine Karriere hingelegt, auf die kaum ein anderer verweisen kann. Und meine Karriere ist auch ein Tribut an Reid, ohne den ich jetzt nicht dort stehen würde, wo ich bin. Das Leben ist voller Lektionen - es geht darum, aus ihnen zu lernen.
SPORT1: Ric Flair stand vier Jahrzehnte lang im Ring, bis über sein 60. Lebensjahr hinaus. Ist das auch Ihr Plan?
Flair: Ich habe mir grundsätzlich keine Grenze nach oben gesetzt. Warum sollte ich nicht auch bis zu meinem 70. Lebensjahr im Ring stehen?