Tim Wiese kommt im Mittelklasse-Wagen von Toyota zum WWE Performance Center in Orlando. In Deutschland ist der frühere Fußball-Nationaltorwart normalerweise weitaus imposanter motorisiert unterwegs.
Auf die harte Tour: Wieses WWE-Einstand
Doch im Trainingszentrum der größten Showkampf-Liga der Welt ist Wiese einer von vielen.
Hier arbeiten zahlreiche Wrestling-Talente für ihren Traum: WWE-Superstar zu werden.
Wiese im November im Ring?
Und arbeiten ist wörtlich zu nehmen: Unter den wachsamen Augen von Headcoach Matt Bloom schuften die Wrestler fünf bis sechs Stunden am Tag, sie bolzen Kondition und feilen an ihrer Technik im Ring. Auch Wiese, der nach dem Ende seiner Bundesligakarriere das Bodybuilding für sich entdeckte, muss da durch.
Im November gastiert WWE in Deutschland. Dann könnte Wiese im Ring stehen. SPORT1 hat den 34-Jährigen bei seinen Einheiten in Florida begleitet. (Die Reportage am Dienstag ab 18.30 im TV in der SPORT1 VIP Loge)
Trainer spricht Deutsch
Wiese nimmt das Training äußerst ernst. Das Performance Center hat die Ausmaße einer großen Fabrikhalle, insgesamt sieben Westling-Ringe finden darin Platz.
Trainiert wird dort in mehreren Gruppen. Zudem gibt es ein Gym, das das Herz jedes Hobby-Kraftsportlers höher schlagen lassen würde: Auf der Größe eines Handballfeldes gibt es alle Geräte, die die Athleten zum Muskelaufbau brauchen. Inklusive riesigem LKW-Reifen, der mit einem Vorschlaghammer bearbeitet werden kann.
Wenn Wiese die Halle betritt, spricht er nur das Nötigste. Er konzentriert sich auf die Ansagen des Trainers Robbie Brookside. Der Engländer spricht auch passabel Deutsch, er hat einige Zeit in Deutschland gearbeitet.
Ist Wiese mit den Übungen an der Reihe, schallt es durch die Halle: "Nochmal, Tim!", "Mehr Spannung!", "Jawoll!". Wieses amerikanische Trainingspartner haben sich schnell daran gewöhnt. Ab und zu ruft einer lachend "Guten Tag!" oder "Auf Wiedersehen!" in den Ring.
Kollegen geben Tipps
Von den Mitstreitern in seiner Trainingsgruppe wird Wiese äußerst kollegial behandelt. Nach seinen Einsätzen im Ring wird er immer wieder von einem oder zwei der anderen Wrestler zur Seite genommen und bekommt kleine Tipps, etwa über die richtige Ausführung von Griffen.
Man merkt: Die anderen Talente betreiben Wrestling schon seit ihrer frühen Jugend oder Kindheit. Wer technisch mehr drauf hat als Wiese, versucht dem Deutschen noch etwas beizubringen.
Es ist aber auch zu spüren: Der frühere Bundesliga-Star wird dafür respektiert, dass er praktisch von Null anfängt und trotz der schweißtreibenden Einheiten niemals aufgibt.
Schinderei im Kraftraum
Die WWE-Verantwortlichen sind zufrieden mit seinen Fortschritten. Coach Bloom sagte SPORT1: "Tim hat einen guten Job gemacht. Er ist in Form."
Körperlich muss sich Wiese vor den anderen Männern in der Gruppe sicher nicht verstecken. Es gibt allerdings auch einen Athleten, der nicht minder muskulös und fast noch einen Kopf größer ist als Wiese - und der misst schon 1,93 Meter!
Später geht es in den Kraftraum. Auch dort ist alles überdimensional. 130-Kilo-Kolosse hören gar nicht mehr auf, noch mehr Gewichte auf die Hantelstangen zu packen.
Als deutscher Sportjournalist, der eher im Weltergewicht angesiedelt ist, kommt man sich etwas mickrig vor, wenn man mit der Kamera durch das Gym läuft.
"Schon als Kind Wrestling-Fan"
Wenn Wiese in Deutschland ins Fitnessstudio kommt, ist davon auszugehen, dass er gleich zu den Platzhirschen gehört. In der WWE-Muckibude kommt auch er ganz schön ins Schwitzen. Mit schon mehreren Stunden In-Ring-Training in den Knochen geht es jetzt an die Substanz.
Warum sich Wiese diese Schinderei antut? "Ich war schon als Kind großer Wrestling-Fan und habe schon immer Spaß daran gehabt. Dann kam die Gelegenheit und ich habe sie wahrgenommen", erklärte Wiese im SPORT1-Interview.
Wiese zu Gast bei WWE-Show
Wrestling-Fan Wiese bekommt dann nach hartem Trainingstag noch etwas geboten.
WWE lädt ein: In Orlando wird das Cruiserweight Classic aufgezeichnet, ein neuer Gürtel wird vergeben. Die Athleten wiegen "nur" bis zu 97,5 Kilogramm - und bieten eine spektakuläre Show.
Aber auch die Organisation zieht in Sachen Show alle Register: Heavy Metal dröhnt durch die Boxen. Dazu Lightshow und Konfetti-Kanone. Die Fans auf den Rängen flippen aus und schreien im Chor: "This! Is! Awesome!" Wiese beobachtet still aus dem Hintergrund, sieht sich alles ganz genau an.
Im November steht er dann möglicherweise selbst im WWE-Rampenlicht.