Lionel Messi will den FC Barcelona verlassen - und den spektakulärsten Fußball-Transfer seit langem erzwingen.
Der schmutzige Messi-Krimi
Die Nachricht, die am Dienstag öffentlich geworden ist, sorgt für Erstaunen und bei der großen Mehrzahl der Barca-Fans für blankes Entsetzen.
Wie konnte es so weit kommen? SPORT1 wirft einen Blick auf die Hintergründe des Messi-Krimis und seine Darsteller.
Josep Maria Bartomeu (57), der Präsident:
Seit Anfang 2014 Präsident des FC Barcelona, rückte auf für Sandro Rosell, der über die obskuren Details des Neymar-Kaufs gestolpert war.
Steht nach der verspielten Meisterschaft und dem blamablen 2:8 gegen den FC Bayern in der Champions League schwer in der Kritik, trägt die persönliche Verantwortung für das Scheitern des erst im Winter verpflichteten Trainers Quique Setien und Sportdirektor Eric Abidal, beide von Bartomeu installiert und beide nun entlassen. Auch sonst gab es im Klub zuletzt jede Menge Unruhe und dreckige Machtkämpfe - Stichwort: Barcagate.
Bartomeu darf bei der nächsten Wahl 2021 gemäß der Klubsatzung nicht mehr kandidieren, kämpft also nicht mehr um seine Wiederwahl, sondern um sein Vermächtnis. Der neue Coach Ronald Koeman sollte das bis dahin noch etwas aufhübschen. Stattdessen droht nun die ultimative Trübung seiner persönlichen Bilanz: Bartomeu könnte als der Präsident in Erinnerung bleiben, der die Überfigur Lionel Messi vergrault hat.
Einerseits logisch, dass Bartomeu nun alles daran setzt, dieses Szenario zu verhindern. Andererseits macht ein unwürdiges Gezerre um Klauseln und Kleingedrucktes den Schaden womöglich nur größer.
Ronald Koeman (57), der Trainer:
Der ehemalige niederländische Meister- und Bondscoach hat die größte Herausforderung seiner Trainerlaufbahn angenommen – und dabei offenbar gleich viel Porzellan zerschlagen.
In einem Treffen mit Messi soll er dem Superstar laut argentinischen Medienberichten mitgeteilt haben, dass die "Zeit der Privilegien" vorbei sei. Es gibt unterschiedliche Darstellungen, ob Koeman sogar explizit "die Zeit DEINER Privilegien" gesagt hätte, so oder so scheint die Botschaft angekommen zu sein und Messis Entfremdungsgefühle verstärkt zu haben.
Hinzu kommt: Koeman soll unter anderem Messis langjährigen Offensivpartner Luis Suarez intern auf die Abschussliste gesetzt haben - auf eine Art und Weise, die offensichtlich weder Suarez noch Messi gefallen hat. Vielsagend, wie Suarez bei Twitter reagierte, als Klublegende Carles Puyol Messi die "volle Unterstützung" bei seinen aktuellen Plänen zusicherte: mit zwei Applaus-Emojis.
Der 33 Jahre alte Suarez hätte eigentlich bleiben wollen und hatte öffentlich auch angekündigt, auch die Rolle als Ersatzspieler zu akzeptieren.
Koeman - als Spieler einst Finalheld und Siegtorschütze bei Barcas Europapokalsieg der Landesmeister 1992 - hält einen großen Umbau der Mannschaft und einen Bruch festgefahrener Strukturen offensichtlich für notwendig. Hat er nun allerdings mehr kaputt gemacht, als ihm lieb sein kann?
Victor Font (48) und Joan Laporta (58), die Präsidentschaftsbewerber:
Der Geschäftsmann Font und der schon von 2003 bis 2010 amtierende Anwalt und Politiker Laporta sind die umtriebigsten Kandidaten, die Bartomeu im kommenden Jahr (oder früher) ablösen wollen - und der Krach um Messi ist für beide ein gefundenes Fressen.
Laporta unterstellt Bartomeu, es auf Messis Abgang angelegt zu haben, um mit der Ablösesumme und der Einsparung seines Gehalts die angeschlagenen Klubfinanzen zu sanieren. Genüsslich breitete er via Twitter auch die Verstimmungen um Suarez aus, berichtete, dass dieser per Telefon ausgebootet worden sei und warf der aktuellen Führung "Feigheit" und "einen Mangel an Respekt" vor: "Armes Barca, in den Händen von so inkompetenten Leuten."
Font, der mit dem Slogan "Si al Futur" (Ja zur Zukunft) antritt, bezeichnete den sich andeutenden Weggang als "Albtraum" und warf Bartomeu schon vor der Eskalation vor, dafür die Verantwortung zu tragen, weil er nicht zurückgetreten sei: "Die Messi-Barca-Verbindung muss weitergehen, auch wenn er nicht mehr spielt." Font hat versprochen, Koeman zu entlassen, sollte er Präsident werden, egal wie dieser sich bis dahin schlägt.
Nach eigenen Angaben hat Font Barca-Legende Xavi im Boot, den er als Trainer der Zukunft installieren will und kündiogte bereits Koemans Entlassung an, sollte er gewinnen - während Laporta damit kokettiert, seinen einstigen Schützling Pep Guardiola zurück zu alter Wirkungsstätte führen zu können.
Messi dürfte ein großes Thema in dem traditionell mit harten Bandagen und vollmundigen Versprechungen geführten Wahlkampf um das begehrte Amt werden.
Lionel Messi (33):
Weltfußballer, Rekordtorjäger, Genie, Außerirdischer: Spielt seit dem Jahr 2000 bei Barca, gewann mit dem Klub alles, was es zu gewinnen gibt, wurde zu dessen Verkörperung. Wie konnte es nach 20 Jahren zu einem so folgenschweren Knall kommen?
Ganz reibungslos ist das Verhältnis von Messi zu seinem Klub schon seit vielen Jahren nicht mehr, im Lauf der Jahre ist der einst verhuscht wirkende Wunderjunge machtbewusster geworden und hat sich in dabei auch in die Querelen hinter den Kulissen verstrickt.
In der jüngsten sportlichen Krise ließ er deutlich durchblicken, dass er mit dem geschassten Coach Setien unzufrieden war, dass er nun auch mit Koeman keine gemeinsame Basis fand, war dann wohl der Tropfen, der das Fass überschwappen ließ.
Über Messis Hintergedanken sind viele Mutmaßungen im Umlauf: Will er vielleicht gar nicht wirklich weg, baut er womöglich nur eine Drohkulisse auf, um die Klubführung bei Streitfragen zum Umdenken zu bewegen, womöglich gar um sie zu stürzen?
Aus Messis Umfeld soll verlauten, dass das Fehlinterpretationen seien, Messis Wechselwunsch sei kein Spielchen, er stehe fest und sei unumkehrbar.
Allerdings hat sein Rücktritt aus dem argentinischen Nationalteam 2016 und die Kehrtwende im selben Jahr gezeigt, dass er im Zweifel doch bekehrbar ist. Und mit Blick auf den Streit um Messis Vertragsklausel und die unklare und umkämpfte Zukunft bei Barca können verschiedenste Konstellationen entstehen, die Messi zum Umdenken bewegen, vielleicht sogar zwingen könnten.
Der Messi-Krimi kann noch viele Wendungen nehmen.