Die Saison in der Handball-Bundesliga wird wegen der Corona-Pandemie abgebrochen, der THW Kiel ist Deutscher Meister.
HBL bricht ab: Kommt's noch dicker?
Das ist das Ergebnis einer virtuellen Mitgliederversammlung am Dienstagvormittag. Die notwendige Dreiviertelmehrheit der 36 Erst- und Zweitligisten, die es für ein vorzeitiges Ende der Spielzeit bedurfte, wurde laut HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann "deutlich überschritten". Es habe "eine Gegenstimme" gegeben.
"Aus sportlicher Sicht wäre es natürlich das Beste gewesen, die Saison fortzusetzen. Der Rahmen hat gesundheitlich, organisatorisch und wirtschaftlich aber nicht gepasst. Von den ungerechten Lösungen haben wir diese für die Beste gehalten", sagte Bohmann.
"Es ist ein echter Schlag ins Kontor. Es ist ein hoher wirtschaftlicher Verlust." Der finanzielle Schaden wird auf rund 25 Millionen Euro geschätzt.
HBL-Chef Bohmann: Geisterspiele keine Option
"Der Abbruch der Saison unterstreicht die große Bedrohung, in der wir uns mehr denn je befinden", ergänzte Bohmann: "Existenziell entscheidend wird es nun sein, wann wir wieder in unseren Arenen vor Zuschauern spielen können."
Auch Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann unterstrich die Alternativlosigkeit des Saisonabbruchs. "In Anbetracht der aktuellen Situation ist ein Abbruch der Saison leider das einzig reelle Szenario."
Liga-Präsident Uwe Schwenker betonte, dass "ein Wiedereinstieg zu einem noch späteren Zeitpunkt nicht mehr machbar" gewesen wäre, "da das Zeitfenster, das uns bis zum 30. Juni bleiben würde, zu klein wäre, um den Spielern auch nur annähernd die Chance zu geben, sich im Trainingsbetrieb auf den harten Wettbewerb vorzubereiten". Der Abbruch sei daher zwar "sehr bitter, aber alternativlos".
Hanning wollte Geisterspiele
Zuletzt hatten die Füchse Berlin um Geschäftsführer Bob Hanning noch angeregt, auch über Geisterspiel-Szenarien zu grübeln, etwa die Versammlung aller Teams an einem Ort und ein Nachholen der verbliebener Partien in kurzer Zeit.
"Ich unterstütze es, wenn kreative Ideen im Handball eingebracht werden, aber man muss sie auch zu Ende denken", sagte Liga-Präsident Uwe Schwenker dem SID: "Es ist einfach nicht umzusetzen, daher hat der Vorschlag auch keine Zustimmung gefunden." Bohmann ergänzte: "Geisterspiele sind schwer zu organisieren für Mannschaften außerhalb des Fußballs. Das blöde Virus einzudämmen, wäre bei jedem Fortsetzungsszenario schwierig geworden."
Hanning war deshalb womöglich der, der die Gegenstimme abgegeben hat - betont nun aber bei SPORT1, dass auch sein Klub den Beschluss akzeptiert: "Man muss es einfach so nehmen, wie es ist."
THW Kiel ist Meister
Im Gegensatz zum Eishockey und Volleyball wertet die HBL ihre Saison, das Präsidium entschied sich gegen eine Annullierung und für die Anwendung der Quotientenregel, die Tabellenführer Kiel als bestes Team der Saison 2019/20 ausweist.
Die Quotienten-Regelung besagt, dass die Pluspunkte durch die Anzahl der absolvierten Spiele am Stichtag 12. März 2020 dividiert werden. Der ermittelte Wert ist mit 100 zu multiplizieren und auf eine Stelle nach dem Komma zu runden.
"Wir hätten gerne die Saison zu Ende gespielt. Das ist aber aus den bekannten Gründen nicht möglich. Deswegen ist die Entscheidung, die Saison abzubrechen, alternativlos", sagte Kiels Geschäftsführer Viktor Szilágyi.
Zum Feiern sei in Kiel zwar "keinem zumute", Szilágyi legte jedoch auch Wert auf die Feststellung, "dass es verdient ist, dass wir zum deutschen Meister gekürt worden sind." Für Rekordmeister Kiel mit Trainer Filip Jicha ist es nach vier erfolglosen Anläufen der erste Meistertitel seit 2015 und der 21. insgesamt. Zum Vizemeister wurde die SG Flensburg-Handewitt erklärt.
Der Meister der beiden Vorjahre, der in der seit Anfang März eingefroreren Tabelle den zweiten Platz belegte, ist damit wie der THW für die Champions League der kommenden Saison qualifiziert. Der SC Magdeburg, die TSV Hannover-Burgdorf und die Rhein-Neckar Löwen spielen in der Euro League (ehemals EHF-Cup), während die Füchse aus den Europa-Platzen fallen.
Keine Absteiger, Coburg und Essen steigen auf
Absteiger wird es nicht geben, Aufsteiger sind HSC 200 Coburg und TuSEM Essen. Die HBL startet mit 20 Klubs in die neue Saison, in der es vier Absteiger geben wird.
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"Ich finde das überaus gerecht. Ich freue mich darauf, nächstes Jahr gegen Coburg und Essen anzutreten", erklärte Martin Schwalb, Trainer der Rhein-Neckar Löwen, im Gespräch mit SPORT1: "Dann haben wir ein paar Spiele, auch Heimspiele mehr. Das hilft uns auch weiter, weil wir jetzt viele Heimspiele abgeben mussten. Wir werden viele Spiele und viele Herausforderungen haben. Wenn wir dann unsere Fans in der Halle haben, freuen wir uns alle darauf."
Viele wichtige Entscheidungen sind allerdings noch nicht gefällt.
"Wer wird Champions-League-Sieger, wer gewinnt den EHF-Pokal, wo wir Chancen auf das Final-Four hatten", erklärte Schwalb: "Da sind so viele unterschiedliche Gemengelagen, Europameisterschaften, Weltmeisterschaften (in Ägypten, Anm. d Red.). Kann man die jetzt einfach im Januar machen? Wäre es nicht wichtiger, erstmal Bundesliga zu spielen, wenn man wieder vor Fans spielen darf?"
Auch Fragezeichen hinter Saison 2020/21
Auch Bohmann lenkt den Blick auf viele noch vorhandene Ungewissheiten: Auch der Start der neuen Saison im September ist wegen der Pandemie nicht sicher. Großveranstaltungen sind mindestens bis zum 31. August verboten. Ob es danach wieder Spiele mit Zuschauern geben wird, ist völlig offen.
Man müsse sich "auch auf andere Szenarien vorbereiten", sagte Bohmann und prophezeite schwere Zeiten: "Die Krisenmanagement-Qualitäten müssen nach vorne gestellt werden. Jeder muss den Kopf über Wasser halten und die nächste Saison überleben. Existenziell entscheidend wird es nun sein, wann wir wieder in unseren Arenen vor Zuschauern spielen können."
Der Dauerkartenverkauf gestaltet sich schwierig, ebenso die Sponsorensuche.Man werde befolgen, "was uns die Behörden vorgeben", so Bohmann, dem die Planungen für die neue Spielzeit "Kopfzerbrechen" bereitet.
Daher wünscht sich der HBL-Geschäftsführer Unterstützung aus der Politik. Es wäre schön, wenn sich die Politik den Sport hinter dem Fußball "vornehmen würde". Man brauche "vielleicht irgendwo die staatliche Unterstützung".