Das Testspiel gegen Saudi Arabien sollte für die Nationalmannschaft und ihre Fans zur stimmungsvollen WM-Generalprobe werden.
Pfiffe gegen Gündogan Gefahr für WM
Die lautstarken Pfiffe gegen Ilkay Gündogan und Mesut Özil haben den Freitagabend jedoch zum Stimmungskiller gemacht. Vor allem Gündogan erlebte einen Spießroutenlauf vor eigenem Publikum.
Die Foto-Affäre mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan überschattet die sportliche Vorbereitung auf die WM. Das Dauerthema färbt inzwischen deutlich auf die Leistung der Mannschaft und die Stimmung der DFB-Verantwortlichen ab.
Gündogan schlich nach Spielende niedergeschlagen durch die Katakomben. Löw und Mitspieler bekundeten später, er habe bedröppelt in der Kabine gehockt. Bei Özil herrscht noch immer großes Rätselraten über seinen Fitness-Zustand.
Fünf Tage vor WM-Start drängt sich die Frage auf: Sind die beiden vermeintlichen Hoffnungsträger überhaupt im Stande, bei der WM ihre Top-Leistung zu bringen?
Gomez appelliert an die Kritiker
"Wir wissen jetzt alle, dass das nicht gut ankam in Deutschland. Ab jetzt bitte ich daran zu denken, dass wir Weltmeister werden wollen. Dafür brauchen wir Ilkay und Mesut", appelliert Mario Gomez.
Der Stürmer fasste das Dilemma zusammen, in dem die Nationalmannschaft derzeit steckt: Wie schafft man einen PR-Fauxpas zweier Leistungsträger aus der Welt und bringt sie gleichzeitig in Form für das bedeutendste Turnier der Fußball-Welt? Von beidem ist der DFB derzeit meilenweit entfernt.
Gündogan setzen die Pfiffe mächtig zu. "Jetzt so dargestellt zu werden, als seien wir nicht integriert oder würden nicht nach deutschen Werten leben, war für mich ein tiefer Schlag", hatte er in den vergangenen Tagen gesagt."
Gegen die Saudis verstolperte der sonstige Edeltechniker einfache Bälle. Mentale Folgen des Pfeifkonzerts.
Gündogan: "Dankbar für dieses Land zu spielen"
Am Samstag sendete der Star von Manchester City einen Tweet in die Welt. Er sei "immer noch dankbar, für dieses Land zu spielen". Ein weiterer Versuch, die Fans hierzulande zu besänftigen.
Mesut Özil wählte einen anderen Weg. Wortlos ließ er die wartenden Reporter stehen und schritt eilig Richtung Mannschaftsbus. Zum Thema Erdogan hat er bislang noch immer nicht Stellung bezogen.
Er dürfe nichts sagen, ließ er wissen. Weil es seine Berater so wollen? Oder der DFB?
An Spielen war bei ihm am Freitag jedenfalls nicht erst zu denken. Özil hatte gerade erst eine Rücken-Verletzung auskuriert, als er ins Trainingslager kam. Gegen die Saudis verhinderten Kniebeschwerden sein Mitwirken. Im Individualtraining wirkte Özil die vergangenen Tage ausgelaugt.
Fußball-Deutschland sorgt sich um zwei Stars, die bei der WM entweder ganz sicher für die erste Elf eingeplant waren (Özil) oder zumindest ganz dicht dran sind an selbiger (Gündogan). Die Mitspieler haben die Problematik erkannt.
Nach dem Abpfiff in Leverkusen eilten Manuel Neuer und Sebastian Rudy zu Gündogan, um ihn aufzumuntern. "Wir haben ihm gut zugesprochen und ihm gezeigt, dass er wichtig ist für die Mannschaft und seine Fähigkeiten gefragt sind. Er ist ein wichtiger Bestandteil. Wir wissen, dass er 100 Prozent zur Mannschaft steht und alles geben wird", sagte Neuer zu SPORT1.
Hummels schlägt Gespräche vor
Mats Hummels war überrascht von den Pfiffen des Publikums. Er regte dringend Gespräche an. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so kommt. Man kann gegen die Aktion der beiden sein, man muss das auch nicht gut finden", sagte Hummels.
Auch der Verteidiger warb um Verständnis für die Kollegen: "Wir reden aber nicht davon, dass sich zwei Leute über Jahre hinweg irgendwelche Ausfälle erlaubt haben, sondern sie haben eine Aktion gemacht, die bei viele nicht gut ankommt. Es sind zwei Spieler, die schon oft für unser Land gespielt haben und immer alles geben."
In Russland wird sich zeigen, ob Gündogan und Özil tatsächlich ihre Leistung abrufen können. Nach den Erkenntnissen der WM-Generalprobe muss man derzeit Gegenteiliges befürchten.