Kopfschüttelnd standen die Spieler des FC Schalke 04 auf dem Rasen ihrer Arena.
Bitteres Aus: S04 wirft Wunder weg
20 Jahre nach dem UEFA-Cup-Sieg fehlten am Ende neun Minuten, um den Traum von einem erneuten Triumph in der UEFA Europa League am Leben zu erhalten. Trotz einer beherzten Aufholjagd verabschiedeten sich die Schalker mit einem 3:2 (2:0, 0:0)-Sieg nach Verlängerung im Viertelfinal-Rückspiel gegen Ajax Amsterdam von der europäischen Bühne.
Selbst eine insgesamt vierzigminütige Überzahl half dem Team von Trainer Markus Weinzierl nicht.
Höwedes hadert mit "Eier-Tor"
"Wir haben uns in der Halbzeit noch mal Mut gemacht, machen dann die zwei Tore, in der Verlängerung sogar das dritte. Und dann kriegen wir gefühlt mit der ersten Chance von Ajax so ein Eier-Tor", haderte Kapitän Benedikt Höwedes bei SPORT1. "Wir haben gekämpft und alles probiert, aber es sollte nicht sein. Schade, dass der liebe Fußballgott nicht immer gerecht ist." (Die Stimmen zum Spiel)
Trainer Weinzierl ärgerte sich über die Schlussphase der Verlängerung. "Wenn du 3:0 führst, ein tolles Spiel ablieferst und noch zehn Minuten zu spielen sind, dann musst du es über die Zeit bringen", sagte der Schalker Coach am SPORT1-Mikrofon. "Die Verlängerung ist sinnbildlich für die Saison. Es läuft nicht für uns, wir haben das Glück nicht auf unserer Seite."
Bezeichnend, dass beim entscheidenden Treffer von Nick Viergever (111.) Schalkes Matija Nastasic den Ajax-Profi anschoss.
Ein Doppelschlag von Leon Goretzka (53.) und Guido Burgstaller (56.), sowie Tor Nummer drei durch Daniel Caligiuri in der Verlängerung (101.) hatte Schalke zuvor träumen lassen. (Die Torjäger in der UEFA Europa League)
Schalke verspielt in Überzahl das Halbfinale
Spät in der Verlängerung warfen die Schalker, die zudem seit einer Gelb-Roten Karte gegen Joel Veltman (80.) in Überzahl agierte, das mögliche Wunder dann doch noch weg.
Viergever und schließlich Amin Younes (120.) zerstörten mit ihren Treffern in Unterzahl die Hoffnungen der Königsblauen und führte den niederländischen Rekordmeister zum ersten Mal seit 20 Jahren in die Runde der letzten Vier. (Die Torjäger in der UEFA Europa League)
"Das ist unglaublich und schwer zu beschreiben", sagte Torschütze Younes bei SPORT1. "Ich bin einfach stolz auf die Jungs. Wir haben zwar heut nicht unser bestes Spiel gemacht, aber den Charakter zu beweisen, ist noch viel mehr wert."
Goretzka ins Krankenhaus eingeliefert
Gegenüber der katastrophalen Leistung im Hinspiel steigerten sich die Gelsenkirchener deutlich, doch zum fünften Einzug in die Runde der letzten Vier reichte es nicht. Dem Bundesliga-Elften droht damit auch das Ende seines Europa-Abos: Nach sieben Jahren steht Schalke erstmals vor einer Saison ohne internationalen Fußball. (Alle Ergebnisse im Überblick)
Fighter Goretzka, der kurz vor der Halbzeit mit Ajax-Keeper Onana zusammengeprallt war, musste in der 84. Minute verletzt ausgewechselt werden und mit Verdacht auf Gehirnerschütterung sogar ins Krankenhaus.
"Er ist mit dem Torwart zusammengeprallt und hat sich dabei den Kiefer ausgerenkt", berichtete Trainer Markus Weinzierl. "In der Halbzeit hat er sich etliche Male übergeben, wollte aber weiterspielen", erklärte der Schalker Coach weiter.
Team schwört sich auf Aufholjagd ein
Beim Aufwärmen hatten sich die Schalker Spieler demonstrativ abgeklatscht und gegenseitig motiviert. Es sollte die Antwort auf die Kritik von Kapitän Benedikt Höwedes sein, der nach dem völlig missratenen Hinspiel die Körpersprache schon vor dem Anpfiff bemängelt hatte. Auch die Fans, die nach der 1:2-Blamage beim Tabellenletzten Darmstadt 98 die Profis als "Scheiß Millionäre" beschimpft hatten, wurden mit einem Video über die Aufholjagd im Achtelfinale in Mönchengladbach eingestimmt: "Nur gemeinsam geht es."
Trainer Markus Weinzierl konnte Höwedes (Wadenprobleme) ebenso einsetzen wie Linksverteidiger Sead Kolasinac (Adduktorenprobleme). Als rechten Außenverteidiger bot er etwas überraschend Sascha Riether auf, der erstmals seit dem 24. November (2:0 gegen Nizza) wieder in der Startelf stand.
Meyer scheitert am Pfosten
Schalke begann tatsächlich ganz anders als vor einer Woche - aggressiv, mutig, offensiv. Schon nach 43 Sekunden hatte Leon Goretzka das 1:0 auf dem Fuß und verfehlte nur knapp das Tor. Eine Minute später traf Max Meyer den Pfosten. Das junge Ajax-Team war durchaus beeindruckt und musste sich erst einmal neu sortieren.
Doch den hohen Anfangsdruck konnten die Königsblauen nicht aufrechterhalten. Der niederländische Rekordmeister befreite sich immer wieder mit spielerischen Mitteln und stellte sich zusehends besser auf die aggressiveren Schalker ein. Nick Viergever bereitete Torhüter Ralf Fährmann mit einem Fallrückzieher erstmals Arbeit (24.).
Goretzka leitet Aufholjagd ein
Die Schalker bekamen immer größere Probleme mit dem Tempo der Gäste. Nach der Pause wendete sich zunächst das Blatt innerhalb von drei Minuten: Zunächst spielte Goretzka mit Burgstaller Doppelpass und überwand Torhüter Andre Onana, dann traf der Österreicher nach einer Flanke von Kolasinac selbst. Es war das neunte Pflichtspieltor für den Wintereinkauf. Torjäger Klaas-Jan Huntelaar, zuletzt nur Edelreservist, verstärkte schon nach 54 Minuten die Schalker Offensive.
In der Schlussphase und in der Verlängerung mussten die Gastgeber allerdings ohne Goretzka auskommen, der verletzt vom Platz geführt wurde (80.).