Seite an Seite haben Joachim Löw und Fritz Keller am Tag nach dem 0:6-Debakel in Spanien im Auto nebeneinandergesessen, um sich von München auf den Weg in ihre Freiburger Heimat zu machen. Bislang galt die Annahme, dass der Bundestrainer und der DFB-Präsident eine enge Freundschaft pflegen, doch diese Annahme ist falsch.
So tobt der DFB-Machtkampf um Löw
Das Verhältnis von Keller und Löw ist beschädigt!
Präsidiumsmitglieder bestätigen SPORT1 diesen Status quo. Das Verhältnis zwischen Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff und Löw ist indes weiterhin intakt und von gegenseitigem Vertrauen geprägt.
Keller wollte Löw von Rücktritt überzeugen
Am Mittwoch berichtete die Bild, dass Keller zuletzt mehrfach erfolglos versucht haben soll, Löw von einem Rücktritt nach der EM 2021 zu überzeugen.
Nach SPORT1-Informationen hatte Keller bereits unmittelbar nach dem 0:6-Debakel in Spanien diese Idee, mit Löw soll er darüber auch gesprochen und es auch intern kundgetan haben. Konkret wurde dieses Gedankenspiel jedoch nie, wenngleich die Keller-Idee beim Löw-Gipfel am Montag in Frankfurt kurz angesprochen wurde. Keller erfuhr jedoch mächtig Gegenwind, da das Präsidium hinter Löw steht.
Ein Mitglied des Präsidialausschusses, welchem Keller, Rainer Koch (1. Vizepräsident Amateure), Peter Peters, nach SPORT1-Informationen einer der Löw-Unterstützer und 1. Vizepräsident der Profis, Stephan Osnabrügge (Schatzmeister) und DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius (fehlte krankheitsbedingt) angehören, soll Keller am Montagvormittag in die Schranken gewiesen haben, indem er dem Präsidenten sinngemäß mitteilte, dass Löw im Falle der Verkündung seines vorzeitigen Endes nach der EM öffentlich geschwächt werde - und diese Idee keinen Sinn ergebe, wenn man ihm zeitgleich bis zum Turnier das Vertrauen ausspreche.
Keller indes wollte mit Löws Rücktrittserklärung ein öffentliches Zeichen setzen.
Löw denkt nicht ans Aufgeben
Sinngemäß soll Löw daher am Montag impulsiv gefragt haben: "Wie geht man hier mit Führungskräften um? Hält man mich aus Überzeugung?"
Die Antwort hat ihm das Präsidium in Form der Pressemitteilung schriftlich und zuvor verbal gegeben: Löw bleibt Bundestrainer! Kellers Vorstoß war hingegen ein klassisches Eigentor des Präsidenten.
Was Löw nach SPORT1-Informationen umso rasender macht, ist nicht die Kritik an seiner Person, sondern die Tatsache, dass abermals Interna aus vertraulichen DFB-Sitzungen an die Öffentlichkeit gelangt sind.
Aufgeben kommt für den verdienten Weltmeister-Trainer von 2014 noch nicht infrage, wenngleich der Bundestrainer seinen Posten nach SPORT1-Informationen zum Wohle der Nationalmannschaft sogar aufgeben würde - wann auch immer.
Löw gibt vor allem der aktuelle illoyale Zustand an der DFB-Spitze zu denken. Er weiß wie kein Zweiter: Es braucht Zusammenhalt, Loyalität und Vertrauen, um die ehrgeizigen Ziele im nächsten Jahr erreichen zu können.
Machtkampf in der DFB-Führung
Ohnehin tobt in der DFB-Führung ein Machtkampf wie selten zuvor. Keller kämpft um mehr Entscheidungsgewalt, da ihm diese aufgrund zahlreicher Umstrukturierungen zu Beginn seiner Amtszeit genommen wurde. Curtius, Koch und Osnabrügge nehmen dessen Opposition ein. Ein DFB-Mitarbeiter prophezeite SPORT1: "Das wird noch eskalieren."
Explosionsgefahr beim DFB!
Am Freitag wird Bierhoff öffentlich Stellung zum Löw-Gipfel nehmen und sich in digitaler Runde ausgewählten Medienvertretern stellen (SPORT1 berichtete).
Auch der Nationalmannschafts-Direktor weiß: Beim DFB brennt es intern lichterloh, während er in Zusammenarbeit mit Löw parallel dazu alles daran setzt, die richtigen sportlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Keller selbst nahm am Mittwoch an einer Pressekonferenz teil, bei der eine UEFA-Studie zum Amateurfußball vorgestellt wurde. Fragen zu Löw waren nicht gestattet.
Löws Zukunft bleibt nach den jüngsten Zerrüttungen ungewiss. Niemand kann einschätzen, wie der Bundestrainer reagieren wird. Spätestens nach der EM wird er in Zusammenarbeit mit Bierhoff Bilanz ziehen.