Diesen Abend wird niemand mehr vergessen.
Eine Nacht im Ausnahmezustand
Der 13. November geht als der Tag des Terrors in die französische Geschichte ein. Mehr als 120 Tote sind die furchtbare Zwischenbilanz dieses schwarzen Freitags.
Explosionen und Tote neben dem Stadion
Als gegen 21.20 Uhr hinter der Gegentribüne ein lauter Knall zu hören war, schreckten viele der mehr als 70.000 Zuschauer im Stade de France in Saint Denis vor den Toren von Paris auf.
Als es wenige Minuten später ein zweites Mal krachte, wurde bereits vielen im Stadion mulmig. Dennoch schwappte noch "La Ola" durch die Ränge. Auf dem Rasen spielte die französische Nationalmannschaft gegen die deutsche, doch der Fußball war an diesem Abend unwichtig.
Es folgte ein dritter Knall, und die schlimmsten Befürchtungen sollten sich als schreckliche Gewissheit herausstellen: Es waren Explosionen. Es waren Terror-Anschläge. Und es gab nicht nur Verletzte.
Von vier Toten außerhalb des Stadions berichteten französische Medien, drei von ihnen sollen angeblich Selbstmord-Attentäter gewesen sein.
Erschütterung und Schock beim DFB-Team
"Wir sind alle erschüttert und schockiert. Für mich treten der Sport, das Spiel und die Gegentore völlig den Hintergrund. Darüber gibt es nichts zu sagen", erklärte Bundestrainer Joachim Löw nach der Partie, die übrigens mit einem 2:0 für die Gastgeber geendet hatte.
"Die Explosion hat man auch im Fernsehen gut hören können. Das war mehr als ein Böller. Kurz danach ist die Ehrentribüne mit dem Ministerpräsidenten geräumt worden", schilderte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff die Situation.
"Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier saß neben mir. Die Nachrichten, die er bekommen hat, waren von Minute zu Minute tragischer", sagte Delegationschef Reinhard Rauball.
Keine Durchsagen im Stadion
"Es wurde uns relativ schnell über die Sicherheitsleute versichert, dass im Stadion viele Sicherheitsmaßnahmen gemacht wurden. Aber die Spieler sitzen in der Kabine und haben große Sorge und Angst", sagte Bierhoff.
Durchsagen über die Stadionlautsprecher gab es während des Spiels nicht, wohl um eine Massenpanik zu vermeiden. Die Stadiontore wurden nach den Explosionen geschlossen, kurz vor Spielende aber wieder geöffnet.
Kurze Panik nach dem Spiel
Hubschrauber kreisten in der Luft, die Zuschauer verließen das Innere ohne große Eile. Doch plötzlich brach Panik aus. Ein paar hundert Menschen rannten, aufgeschreckt durch ein lautes Geräusch, um ihr Leben und liefen zurück ins Stadion. Von den Rängen stürmten Menschen auf den Rasen, einige fielen, anderen schrien. Zum Glück war es falscher Alarm und die Sicherheitskräfte beruhigten die Lage schnell wieder.
Doch sicher fühlte sich an diesem Abend niemand. Nicht im Stadion, nicht davor und erst recht nicht in Paris. Nach den insgesamt sieben Attentaten waren Frankreichs Hauptstadt und das ganze Land längst im Ausnahmezustand.
Die meisten der deutschen Spieler hätten von alldem noch nichts gewusst, erklärte Bierhoff, "ich habe dann die Spieler informiert. Man hat gemerkt, wie geschockt sie waren. Es war eine große Besorgnis auch nach den Ereignissen von heute Morgen."
Am Vormittag hatte die Mannschaft ihr Hotel im südwestlich gelegenen Boulogne nach einer Bombendrohung räumen müssen. Der gesamte deutsche Tross hielt sich für etwa zwei Stunden auf dem benachbarten Tennisgelände Roland Garros auf. Nachdem Spürhunde nichts gefunden hatten, konnten die Spieler wieder auf ihre Zimmer.
Heimreise wohl vorverlegt
Nach dem Spiel blieb die deutsche Mannschaft offenbar die ganze Nacht im Stadion und versuchte, in der Kabine zu schlafen. Eigentlich hatte man geplant, erst am Sonntag aus Paris zum Spiel gegen die Niederlande (Dienstag) nach Hannover zu fliegen, nun wird das DFB-Team schon am Samstag die Heimreise antreten - offenbar direkt nach Frankfurt. Um 8.15 Uhr sollte der Flieger starten.
Frankreich führt nach den Anschlägen strenge Grenzkontrollen durch, die Flughäfen sind aber geöffnet. Ministerpräsident Francois Hollande berief noch in der Nacht eine Krisensitzung ein. Die Anschläge seien vom Freitag werden nicht nur das Land, sondern die gesamte Welt noch lange beschäftigen.