Drückend überlegen, doch vor dem Tor katastrophal: RB Leipzig hat sich durch eine miserable Chancenverwertung um einen Erfolg gebracht und mit einer Enttäuschung aus dem Konzert der Großen verabschiedet.
RB nach Pleite in Europa League
Im letzten Gruppenspiel seiner Premieren-Saison in der Champions League unterlag der deutsche Vizemeister trotz deutlicher Überlegenheit Besiktas Istanbul 1:2 (0:1), Leipzig zog im Fernduell mit dem FC Porto um den Einzug ins Achtelfinale den Kürzeren.
"Ich kann mich an kein Spiel erinnern, wo wir so oft in der Box waren und aus nächster Nähe geschossen haben, ohne ein Tor zu machen. Die Mannschaft hat nie aufgegeben, auch mit einem Mann weniger. Es gibt so Tage, wo man einfach nicht belohnt wird für den Aufwand. Ein Sieg wäre noch wichtig gewesen, weil wir dann als bester Gruppendritter gesetzt gewesen wären für die nächste Europa-League-Runde", haderte Ralph Hasenhüttl nach der Partie im ZDF (SPORT1 zeigt die UEFA Europa League LIVE im TV).
Der Österreicher weiter: "Wir haben in unserer ersten Saison in Europa Lehrgeld gezahlt. Wenn wir die Gruppe nochmal spielen dürften würden wir uns wahrscheinlich besser schlagen. Wäre und hätte zählt nicht. Trotzdem war es eine sehr wichtige Saison für uns."
Die zuvor punktgleichen Portugiesen gewannen das Parallelspiel gegen die AS Monaco (5:2) und sicherten sich Rang zwei. Istanbul hatte bereits vor der Begegnung als Sieger der Gruppe G festgestanden.
"Haben alles reingepackt"
"Die Zuschauer haben gesehen, dass wir alles reingepackt haben. Schade, dass nicht früher mal ein Ball reingegangen ist. Wir haben uns gut aus der Champions League verabschiedet. Der Weg in Europa geht jetzt weiter in der Europa League. Jetzt werden wir versuchen, so weit wie möglich zu kommen", sagte Kevin Kampl nach der Partie im ZDF.
Die frühe Führung der Gäste durch Alvaro Negredo (10., Foulelfmeter) glich Naby Keita kurz vor dem Spielende aus (87.). Kurz zuvor hatte Stefan Ilsanker wegen wiederholten Foulspiels Gelb-Rot gesehen (82.). Für den Sieg der Türken sorgte Anderson Talisca (90.).
"Heute hatten wir so viele Chancen, aber es hat nicht sein sollen. Der Besiktas-Torwart hat gefühlt das Spiel seines Lebens gemacht. In der Halbzeit haben wir das Ergebnis aus Porto mitbekommen, das war dann schon ein Rückschlag. Heute war es wie verhext. Dass wir in der Europa League weiterspielen können, das freut die Fans", erklärte RB-Kapitän Willi Orban im ZDF. (Die Ergebnisse des Spieltags)
RB war zum Siegen verdammt
Die Ausgangslage war angesichts der Tabellenkonstellation klar, für das Team von Trainer Ralph Hasenhüttl galt vor Anpfiff: Verlieren verboten, der Sieg war im Grunde Pflicht.(Der TICKER zum Nachlesen)
Entsprechend schwer wirkte der Rückschlag, als Istanbuls Alvaro Negredo nach nur zehn Minuten für das Leipziger Worst-Case-Szenario sorgte: Besiktas einzige nominelle Spitze brachte die Gäste per Foulelfmeter in Führung, nachdem Kapitän Willi Orban zuvor Gegenspieler Jeremain Lens im Strafraum ungestüm von den Beinen geholt hatte.(Diese Teams stehen im CL-Achtelfinale)
Wütende Angriffe nach Rückstand
Dabei waren die mit einer Dreierspitze offensiv eingestellten Leipziger in den ersten Minuten engagiert aufgetreten, auch wenn sich das Fehlen der Stammkräfte Emil Forsberg (Bauchmuskelprobleme) und Marcel Sabitzer (Schulterverletzung) in anfänglichen Abstimmungsfehlern bemerkbar machte.
An der Einstellung der Leipziger änderte der Rückstand nichts, im Gegenteil: RB reagierte mit wütenden Angriffen. Fünf Minuten nach seinem Patzer traf Orban freistehend nur den Außenpfosten (15.), als der enorm spielfreudige Nationalspieler Timo Werner kurz darauf den Ball ins Tor spitzelte, entschied der erfahrene Schiedsrichter Viktor Kassai (Ungarn) zurecht auf Abseits (21.).
In einer vor 42.558 Zuschauern immer emotionaler werdenden Begegnung spielten sich die Sachsen am gegnerischen Strafraum fest. Forsberg-Ersatz Bruma, Jean-Kevin Augustin und Werner kreierten Chancen im Minutentakt, fanden im starken Besiktas-Torhüter Tolga Zengin aber immer wieder ihren Meister. Auf der Gegenseite war Leipzigs Peter Gulacsi bei den wenigen Kontern der Gäste zur Stelle.
Hasenhüttl mit großer Geste
Den Schwung aus der ersten Halbzeit übertrug RB nahtlos in den zweiten Durchgang, mit ihm setzten sich jedoch auch die Nachlässigkeiten vor dem Tor fort. Werner (47./52.), Naby Keita (53.) und Kevin Kampl (57.) ließen beste Möglichkeiten teils kläglich ungenutzt, Augustins Tor zählte wegen einer erneuten Abseitsstellung nicht (64.).
Eine große Geste von RB-Trainer Hasenhüttl gegenüber dem früheren Kapitän Dominik Kaiser, als er ihn in der 74. Minute einwechselte. Kaiser ist damit der einzige Spieler im Leipziger Kader, der von der vierten Liga bis in die Champions League in allen Wettbewerben für die Sachsen aufgelaufen ist. "Dieser Rekord macht mich sehr, sehr stolz. Es war immer mein Traum, für RB Leipzig in der Champions League zu spielen. Ich spüre hier schon seit vielen Jahren eine unglaubliche Unterstützung der Fans. Der Applaus bei meiner Einwechselung war Gänsehaut", sagte Kaiser nach der Partie.
Der Ausgleich war eine Frage der Zeit, Keita traf kurz vor dem Spielende. Zum Punktgewinn reichte es dennoch nicht, Istanbul schlug durch Talisca schnell zurück.