Nach dem wieder einmal großen Auftritt seines Vaters gehörte die Bühne am Samstagabend in Cardiff dem Sohnemann.
Passmaschine Kroos auf dem Olymp
Leon Kroos war der heimliche Star, als Papa Toni im ZDF strahlend über den nächsten Meilenstein seiner Karriere berichtete.
Kroos senior analysierte die Leistung beim 4:1 (1:1)-Triumph gegen Juventus Turin, erklärte die Bedeutung von Trainer Ziendine Zidane und von Superstar Cristiano Ronaldo - Kroos junior überzeugte als Ton-Mann und hielt stolz das blaue Mikro.
Kurz darauf klammerte sich der kleine Kroos in den Katakomben fest an die Hand seines Vaters, um nicht im Stehen einzuschlafen. Es ging stramm auf Mitternacht zu, und der Knirps mit der Rückennummer 8 auf dem Trikot kämpfte tapfer gegen die Müdigkeit. Doch Papa Toni ließ sich überreden, kurz vor der Rückreise nach Madrid ein letztes Mal den historischen Triumph in Worte zu fassen.
Ronaldo schwärmt von sich selbst
"Wir haben als Mannschaft eine unfassbare Saison gespielt, auch in der Champions League gegen Bayern, Atletico und heute", sagte Kroos, Taktgeber der königlichen Auswahl von Real Madrid: "Aber wenn du das Ding gewinnen willst, brauchst du einen, der die Tore schießt. Und das hat Cristiano unglaublich gemacht."
Zweimal traf Ronaldo gegen Juve, kein anderer Spieler - nicht einmal der überragende Kroos - prägte das Finale so sehr wie der Portugiese. Reals zwölfter Titel in der Königsklasse, der den "Fluch des Titelverteidigers" beendete, war vor allem sein Verdienst.
Ronaldo sprach anschließend von "einem der besten Momente" seiner Karriere. "Ich darf das zwar jedes Jahr sagen, aber es stimmt einfach", sagte er und schickte eine Botschaft an seine Kritiker, die er im Millennium Stadium zu Neidern degradierte: "Sie werden keine Worte finden, denn Zahlen lügen nicht."
Für Toni Kroos steht jetzt bereits fest, dass sein Teamkollege Weltfußballer 2017 wird. "Dieser eine Titel, den er so gerne hat, ist definitiv wieder vergeben", sagte der Weltmeister.
Leistungswerte von Toni Kroos wieder überragend
Juves Weltmeister Sami Khedira hatte das Stadion als Erster verlassen. Wortlos. Tief enttäuscht. Da halfen auch die tröstenden Worte seines Kollegen Kroos nicht. "Ich habe ihm zu seiner Saison mit Juve gratuliert und ihm gesagt, er soll den Kopf hochnehmen", berichtete Kroos.
Reals Regisseur weiß, wie es sich anfühlt, ein Endspiel in der Champions League zu verlieren. 2012 unterlag er mit den Bayern im "Finale dahoam", im Elfmeterschießen gegen Chelsea kniff er. Längst hat Kroos gelernt, in wichtigen Spielen Verantwortung zu übernehmen, mit 27 Jahren ist er auf dem Höhepunkt seiner Karriere angekommen und bereits einer der ganz Großen der deutschen Fußballgeschichte.
89 Ballkontakte, 67 Pässe, davon 92 Prozent zum Mitspieler, und 62 Prozent erfolgreiche Zweikämpfe. Es sind herausragende Werte für einen zentralen Mittelfeldspieler, die Kroos einmal mehr hingelegt hat. Aber das gehört bei ihm ja schon fast zur Normalität.
Das wissen auch die Real-Fans. Als Kroos kurz vor Schluss ausgewechselt wurde, wurde er von den Anhängern frenetisch gefeiert. Auch Coach Zidane hat offenbar dazugelernt. Vor einem Jahr nahm er Kroos in der 72. Minute vom Platz - kurz darauf kassierte Real gegen Atletico den Ausgleich und gewann den Titel erst in der Lotterie im Elfmeterschießen.
Auf einer Stufe mit Hoeneß und Beckenbauer
Wie die Bayern-Stars vergangener Tage um Franz Beckenbauer und Uli Hoeneß hat Kroos nun dreimal den wichtigsten Vereinspokal gewonnen. Weltmeister ist er ohnehin, die nächste erfolgreiche Titelverteidigung soll 2018 in Russland folgen.
Dann wird auch Sohn Leon wieder dabei sein, Tonis größter Fan, auch wenn er noch nicht ganz versteht, was da vor sich geht. Irgendwann werde er schon mitbekommen, "was Papa erreicht hat", sagte Kroos: "Mir reicht es aber völlig aus, wenn er mit mir als Papa zufrieden ist, alles andere ist zweitrangig."