Jerome Boateng hätte auch einfach weitergehen und sich in den Mannschaftsbus setzen können. Wie viele seiner Teamkollegen war auch er nach dem 0:1 bei Atletico Madrid enttäuscht.
Boateng zählt Bayerns Angreifer an
Doch die Art und Weise, wie der FC Bayern die erste Niederlage unter Trainer Carlo Ancelotti kassiert hatte, ging dem Abwehrchef so richtig gegen den Strich. Sie wurmte ihn richtig.
Und deshalb ließ er seinem Ärger doch noch freien Lauf und deckte die Schwächen des deutschen Rekordmeisters schonungslos auf.
"Es war heute einfach insgesamt zu wenig. Wir schenken den Ball zu leicht her und machen viel zu einfache Fehler", kritisierte Boateng im Gespräch mit SPORT1.
"Müssen uns ein Beispiel an Atletico nehmen"
"Wir haben zu viele Zweikämpfe verloren, vorne keinen Ball gehalten", ergänzte Boateng und ging besonders mit der Leistung der Bayern-Offensive hart ins Gericht.
"Wir haben vorn nicht viel Bewegung gehabt, dann ist es auch schwer, Anspielpunkte zu finden. Wenn man gesehen hat, wie die Stürmer von Atletico heute gearbeitet haben, dann ist das ein Unterschied gewesen. So kann man bei einer Topmannschaft nicht gewinnen."
So wie Atleticos Angreifer gegen den Ball arbeiten, "daran müssen wir uns ein Beispiel nehmen", meinte Boateng. Angesprochen kann sich wohl besonders Franck Ribery fühlen.
Fehler im Spielaufbau
Doch nicht nur in vorderster Reihe wurden Fehler gemacht. "Wir hatten im Spielaufbau viel zu viele Spieler hinter dem Ball, die wir dort gar nicht gebraucht haben", analysierte der Weltmeister.
"Zum Spielaufbau brauchen wir drei, vier Leute, nicht sechs und die anderen fehlen dann vorn. Da ist es schwer, in den Zweikampf zu kommen, wenn wir den Ball verlieren, weil wir zu weit hinten stehen."
Durch diese Fehler hätten die Münchner keinen Zugriff bekommen und den Spaniern ihre gefürchteten Tempo-Angriffe ermöglicht. "Atletico ist darauf trainiert und ist darin eine der besten Mannschaften der Welt. Das haben wir zu leicht hergeschenkt", meinte Boateng.
Die Folge: Yannick Carrascos Siegtor für Atletico (35.), bei dem auch Boateng selbst keine gute Figur abgab und von Ancelotti getadelt wurde (STIMMEN: "Boateng hat den Zugriff verloren"), und das den Bayern nach dem 0:1 im Halbfinal-Hinspiel der Champions League im Frühjahr die vierte Pleite in Spanien in Folge zufügte.
Thiago und Vidal schwach
"Insgesamt war das Zentrum auch zu weit offen, da haben wir Atletico zu viel Zeit gelassen. Wenn man nicht draufgeht, kann jede Mannschaft der Welt schnelle Gegenstöße fahren, nicht nur Atletico."
Diesen Schuh können sich vor allem Thiago Alcantara, der zwar einige schöne Pässe spielte, aber dem Mittelfeldspiel keine Ordnung gab und gelb-rot-gefährdet ausgewechselt wurde, sowie Arturo Vidal anziehen. Der Chilene fiel vor allem durch ungestüme Zweikämpfe auf und verursachte einen Elfmeter, den Antoine Griezmann jedoch vergab.
Ehrliche Analyse jetzt wichtig
Den ersten echten Härtetest der Saison haben die Bayern verloren. Es sei "wichtig, das Spiel jetzt ehrlich zu analysieren", betonte Boateng: "Vielleicht ist es ganz gut für den einen oder anderen zu sehen, dass es auch ein anderes Level und ein anderes Tempo gibt. Da geht es nicht von alleine."
Dass er selbst in der zweiten Halbzeit für Mats Hummels ausgewechselt wurde, "war so geplant, weil ich noch nicht Kraft für 90 Minuten habe", verriet er.
Seinen Abwehrkollegen Javi Martinez, der besonders in der ersten Halbzeit wirkte und sich einen dicken Schnitzer leistete, nahm Boateng in Schutz. "Das passiert jedem Spieler, er hat seinen Fehler wieder ausgebügelt. Es ist nicht einfach, wenn die Stürmer auf einen zulaufen. Das hat er gut gemacht."