Danny Latza blickt schon jetzt auf eine turbulente und einzigartige Saison zurück.
Latza spricht über Schalke-Wechsel
Nach der Hinrunde hatte der Kapitän des FSV Mainz 05 mit seinem Team nur sieben Punkte gesammelt. Drei Spieltage vor Saisonende sind die 05er nun fast schon aus allen Abstiegsnöten befreit. Eine erstaunliche Entwicklung. (Service: Tabelle der Bundesliga)
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Im Interview mit SPORT1 verrät der 31-Jährige die Hintergründe des Mainzer Comebacks und erklärt, dass auch die Abgänge einiger Spieler zum Aufschwung beigetragen hätten. Im Winter hatten unter anderem Stürmer Jean-Philippe Mateta und Linksverteidiger Aarón Martín den Klub verlassen.
Außerdem spricht Latza über seinen bevorstehenden Wechsel zum künftigen Zweitligisten FC Schalke 04.
SPORT1: Herr Latza, nach 30 Spielen hat der FSV Mainz 05 fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz - und ein Spiel weniger absolviert. Da kann nichts mehr schiefgehen, oder?
Latza: Wir wissen, dass wir noch nicht durch sind. Wir haben eine super Ausgangslage, die wir zu Beginn der Rückrunde niemals erwartet hätten. Wir wollen den Lauf, den wir haben, aber weiter fortsetzen und den Klassenerhalt so schnell wie möglich klarzumachen. Alle Sinne sind geschärft.
SPORT1: Der nächste Gegner ist am Montag der Tabellenvorletzte Hertha BSC. Die Berliner waren jetzt zwei Wochen im eigenen Wohnzimmer. Wie gefährlich ist es zu sagen, dass sie jetzt nicht im Saft sind?
Latza: Das ist sehr gefährlich, wir dürfen sie nicht unterschätzen. Wenn ich zwei Wochen in Quarantäne gewesen wäre, dann wäre ich sehr heiß aufs Spiel.
Latza: "War wohl wichtig, dass Spieler den Verein verlassen haben"
SPORT1: Mit einem Sieg gegen Hertha sind Sie so gut wie durch. Herrscht daher Endspiel-Stimmung?
Latza: Bei uns herrscht seit Beginn der Rückrunde Endspiel-Stimmung. Wir müssen jedes Spiel so angehen, als ob es das letzte Spiele der Saison wäre und es um den Klassenerhalt geht.
SPORT1: Wie ist der Aufschwung in der Rückrunde zu erklären und was hat die entscheidenden Impulse gegeben?
Latza: Ich glaube, dass einiges eine Rolle gespielt hat. Der Streik hat den Zusammenhalt gestärkt, es war aber auch eine schwierige Zeit. Mit Bo (Svensson - Trainer von Mainz, d. Red.), mit Christian Heidel (Vorstandsmitglied, d. Red) und mit Martin (Schmidt - Sportdirektor, d. Red.) ist noch einmal eine Euphorie entstanden, auch bei den Fans. Eine Aufbruchstimmung. Außerdem sind Personalien gewechselt, was auch ein wichtiger Punkt war. Wir haben Externe hinzubekommen, die neuen Input gegeben haben. Wir haben gemerkt, dass sie alles geben und der Spirit wurde insgesamt besser. Ich will nichts gegen andere sagen, die nicht mehr im Verein sind. Es war aber wohl wichtig, dass Spieler den Verein verlassen haben, die das Gefüge ein bisschen heruntergezogen haben. Man merkt auf dem Trainingsplatz, wie positiv jetzt alles ist und die Stimmung verbreitet sich auch im Spiel. Jeder gibt für den anderen noch mehr Gas. Bo und das Trainerteam haben ihren Teil dazu beigetragen. Wir sind auch im Training immer am Limit und er merkt es sofort, wenn wir nur ein paar Prozent weniger geben. Dann gibt es eine Standpauke, was dann auch dazugehört.
SPORT1: Wenn Ihnen einer in der Winterpause diesen Saisonverlauf vorausgesagt hätte, was hätten Sie ihm entgegnet?
Latza: Das wäre schön (lacht). Ich hätte ihn für verrückt erklärt. Wir haben mitbekommen, dass so etwas noch nie geschafft wurde. Wir konnten aber in gewissem Sinne auch befreit aufspielen, denn keiner hatte uns mehr auf der Rechnung. Das macht uns glücklich, froh und stolz, so etwas geschafft zu haben. Wir sind aber noch nicht fertig.
Wechsel zum FC Schalke 04 eine "Herzensangelegenheit"
SPORT1: Am Saisonende wechseln Sie ablösefrei zum FC Schalke 04 in die 2. Bundesliga. Bereuen Sie diese Entscheidung?
Latza: Ich gehe mit einem traurigen Auge, weil ich hier sehr schöne Jahre in Mainz erlebt habe. Ich habe dem Verein viel zu verdanken, sie haben mich aufgenommen, als ich noch zweite Liga gespielt habe. Ich habe mich schnell etabliert und bin seit zwei Jahren Kapitän. Klar ist es für mich schwer, den Klub zu verlassen. Ich gehe aber in die Heimat zurück und das ist mir sehr wichtig. Meine Familie und Freunde sind dort und mein Kleiner wird in seinem gewohnten Umfeld aufwachsen. Außerdem hat das Gesamtpaket Schalke für mich gestimmt. Ich habe eine Verbundenheit mit dem Verein, bin Gelsenkirchener Jung und habe lange in der Jugend gespielt, wo ich auch zwei Jahre bei den Profis dabei sein durfte. Es ist eine Herzensangelegenheit. 2. Liga, das ist jetzt so wie es ist. Das Potenzial des Vereins ist aber in der ersten Liga zu finden und ab dem Sommer kann ich mich darauf fokussieren, den Verein wieder in die 1. Liga zu bringen. Bis dahin will ich mich aber Gebührend mit dem Klassenerhalt aus Mainz verabschieden.
SPORT1: Haben Sie in den letzten Wochen und Monaten mit Schalke mitgelitten?
Latza: Es ist nicht schön zu sehen. Der Verein hat es sich aber auch ein bisschen selbst eingebrockt. Es ist schwierig zu sagen, was nicht gestimmt hat. Ich bin aber dann nicht da, um mit dem Finger auf Leute zu zeigen. Ich will in der nächsten Saison dabei helfen, das aus dem Verein zu holen, was in ihm steckt. Der Abstieg ist nicht schön, und ich habe viele Freunde, die Schalke-Anhänger sind. Vielleicht ist es aber auch der Weg, den der Verein braucht, um sich neu aufzustellen. Einmal auf die Nase fallen und daraus Energie schöpfen. Ich habe Bock drauf und will meinen Beitrag dazu leisten, dem Verein zu neuem und altem Glanz verhelfen.
SPORT1: Kämpferherz und Identifikation mit dem Verein sind wohl die wichtigsten Faktoren auf Schalke. Genau das leben Sie, ist es das, was der Verein jetzt braucht?
Latza: Ich denke schon. Die Fans verzeihen sehr viel, wenn der Kampfgeist und die Leidenschaft stimmt. Auch schlechte Spiele und Niederlagen. Wir Spieler sind dafür zuständig, dass wir Leidenschaft und Siegesspirit auf den Platz bringen. Ich identifiziere mich sehr mit dem Verein und hoffe, dass wir eine gute Mannschaft zusammenkriegen. Da bin ich aber sehr zuversichtlich, dass es Spieler auch nach den letzten Geschehnissen nicht abschreckt, zu Schalke zu kommen. Ich weiß, wie viel Potenzial in dem Verein steckt, vor allem, wenn die Fans wieder ins Stadion dürfen. Was da für eine Atmosphäre herrscht, das macht einfach Spaß, in dieser Arena aufzulaufen.
Latza erwartet emotionalen Abschied aus Mainz
SPORT1: Was nehmen Sie aus Mainz nach Schalke mit?
Latza: Nur positives. Wir hatten viele Ups und Downs und haben uns aus schwierigen Zeiten herausgeklopft. Das familiäre ist etwas, was mich sehr angesprochen hat. Leon Balogun hat immer gesagt, dass es wie ein gallisches Dorf ist, wo jeder für den anderen einsteht und auch die Arbeit außerhalb des Platzes kennt. Ich bin jetzt sechs Jahre hier und froh, ein Teil der Historie von Mainz zu sein. Wie bodenständig das hier ist, das hat mir viel für mein Leben mitgegeben. Ich bewundere das, wie erfolgreich der Verein arbeitet, der finanziell nicht so groß aufgestellt ist.
SPORT1: Sie haben jetzt noch zwei Heimspiele, leider ohne Zuschauer. Mit welchen Erwartungen denken Sie an den Abschied?
Latza: Ich glaube, dass es für mich sehr emotional wird. Ich bin ein emotionaler Mensch und habe dem Verein viel zu verdanken. Ich hatte eine wunderbare Zeit, der Abschied wird schwierig für mich. Es wäre schön, wenn das Stadion voll wäre, aber ich gehe trotzdem mit Freude in das letzte Heimspiel gegen Dortmund in der Opel Arena. Wenn dann am Ende der Saison die ein oder andere Träne kullert, dann ist mir das egal.