Klar, hinterher ist man immer schlauer.
Selbst schuld, Werder
Aber so bitter es auch ist, für alle Bremer Fans genauso wie für die vielen Fußballromantiker, die die Hanseaten gerne weiter in der Bundesliga gesehen hätten: Werder hat sich diesen Abstieg selbst zuzuschreiben. (BERICHT: Chaoten randalieren nach Werder-Abstieg)
Viel zu lange haben die Verantwortlichen an Trainer Florian Kohfeldt festgehalten. Vielleicht sogar ein ganzes Jahr zu lange.
Bremen schon im Vorjahr in der Relegation
Erinnern wir uns zurück: Durch ein spektakuläres 6:1 gegen den 1. FC Köln rettete sich Bremen schon in der Vorsaison erst am letzten Spieltag in die Relegation, zog gerade noch so an Fortuna Düsseldorf vorbei.
Alles andere als spektakulär gelang in den Entscheidungsspielen gegen den 1. FC Heidenheim dann tatsächlich der Klassenerhalt: nach einem 0:0 zu Hause und einem 2:2 beim Zweitliga-Dritten - dank der Auswärtstorregel.
Schon damals mehrten sich die Anzeichen, dass Kohfeldt womöglich nicht der Trainer der Zukunft sein würde. Bei Werder wollte sie offenbar nur keiner wahrhaben.
Dabei gab es für die treuen Fans, die ihre Mannschaft vor Corona-Zeiten des Öfteren über Wasser hielten (letzter Spieltag 2015/16!), in den vergangenen Jahren an der Weser insgesamt wenig Spektakuläres zu sehen.
Auf dem Rasen ließen die einst für ihre begeisternde Spielweise gefeierten Grün-Weißen schon lange jegliche fußballerische Identität und Konstanz vermissen.
Ein Beispiel: Nur zwei Mal gelangen in den vergangenen beiden Spielzeiten zwei Bundesliga-Siege am Stück. Am 3. und 4. Spieltag der Saison 2019/20 sowie am 2. und 3. Spieltag der Abstiegssaison.
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Baumann und Co. halten an Kohfeldt fest
Und trotzdem hielten Sport-Geschäftsführer Frank Baumann und Co. immer weiter an Kohfeldt fest. Nach dem erzitterten Klassenerhalt im Juli 2020. Nach neun sieglosen Spielen im Spätjahr 2020. Und sogar nach sieben Liga-Niederlagen in Folge (!) ab Mitte März 2021.
Dass Werder beim unglücklichen 1:2 nach Verlängerung im Pokal-Halbfinale gegen RB Leipzig einen guten Eindruck hinterließ und anschließend ein 0:0 gegen biedere Leverkusener ergatterte, zögerte die längst überfällige Entscheidung weiter hinaus.
Dabei hatte es die Konkurrenz - die hoffnungslos verlorenen Schalker einmal ausgenommen - längst vorgemacht: Trainerwechsel waren in dieser Saison Trumpf!
Mainz, Bielefeld und Co. punkten mit Trainerwechsel
Mainz, die Hertha, Bielefeld und Köln: Beinahe alle Konkurrenten im Abstiegskampf tauschten erfolgreich ihren Coach.
Und der FC Augsburg reagierte immerhin noch so rechtzeitig auf seine Talfahrt, dass er das Abstiegs-Endspiel gegen Werder unter dem neuen Trainer Markus Weinzierl mit 2:0 gewann - obwohl Augsburgs Ruben Vargas schon in der 13. Minute die Rote Karte sah.
Werder dagegen hoffte (zu) lange auf einen ähnlich glimpflichen Ausgang einer erneuten Katastrophensaison wie im Vorjahr.
Für den letzten Spieltag auf Trainer-Legende Thomas Schaaf zu setzen, wirkte wie eine Verzweiflungstat. Sie wurde nicht belohnt.
Werder Bremen droht Schicksal des HSV
Und nun? Egal, mit welchem Trainer Werder in die kommende Zweitliga-Saison geht, der direkte Wiederaufstieg wird eine Mammutaufgabe.
Die Voraussetzungen in Bremen sind denkbar ungünstig: Der Verein wandelt am Rande der Insolvenz, die Marktwerte potenzieller Verkaufskandidaten sind abgestürzt. Größere Investitionen in den Kader sind so kaum zu stemmen.
Es droht ein noch dramatischeres Schicksal als das des alten Nordrivalen Hamburger SV.
Und auch wenn dem Verein und seinen Fans Besseres zu wünschen ist, bleibt leider festzuhalten: Selbst schuld, Werder.