"Es ist sicher keine geringe Last von uns gefallen", offenbarte Gladbachs Coach Marco Rose nach dem Abpfiff auf Schalke: "Es fühlt sich gut an, mal wieder ein Spiel gewonnen zu haben." Zuvor hatte sein Team in sieben Pflichtspielen in Folge den Platz als Verlierer verlassen.
Kramer: "Find's brutalen Quatsch"
Am Samstagabend endlich der Befreiungsschlag: Borussia Mönchengladbach hatte dem FC Schalke 04 den letzten Hoffnungsschimmer genommen und den Königsblauen den endgültigen Todesstoß versetzt.
Im Krisen-Gipfel setzten sich die Fohlen mit 3:0 (1:0) auf Schalke durch und gehen mit einem Erfolgserlebnis in die Länderspielpause. (LIVETICKER zum Nachlesen)
Gladbach kann wieder nach oben blicken
Platz sieben, der möglicherweise zur Teilnahme an der neuen Conference League berechtigt, ist für Gladbach nur noch zwei Punkte entfernt. (SERVICE: Tabelle der Bundesliga)
Rose, mit dessen Bekanntgabe des Wechsels zu Borussia Dortmund die Pleitenserie begonnen hatte, darf erst einmal aufatmen:
"Ich denke, dass die kollektive Identität nie weg war. Wir hatten nur keine Ergebnisse und jetzt haben wir endlich wieder eins. Das fühlt sich für die Jungs so gut an. Wenn wir noch einmal vorne ran wollen, dann müssen wir hart zu uns selbst sein und viele weitere Spiele gewinnen."
Der CHECK24 Doppelpass mit Oliver Mintzlaff am Sonntag ab 11 Uhr im TV auf SPORT1
Für Christoph Kramer war es ein echter Befreiungsschlag. "Wenn man so viel auf die Fresse bekommt in den letzten Wochen, vor allen Dingen auch medial, und alles in Frage gestellt wird, dann ist eine gelöste Stimmung, wenn man mal wieder gewinnt", sagte der Weltmeister von 2014 im ZDF.
Kramer: "Ich find's brutalen Quatsch"
Auf die Frage, warum die Negativserie nichts mit dem angekündigten Weggang von Rose zu tun hatte, antwortete Kramer ZDF-Reporter Boris Büchler mit einem schelmischen Grinsen: "Wenn jetzt dein Chef kündigt und du weißt das, dann sagst du dir ja nicht 'Okay, ab heute ist egal, ich stell nur noch scheiß Fragen', sondern du machst weiter und stellst einfach gute Fragen. (...) Wenn der Chef kündigt, ist dir ja nicht auf einmal alles egal. Und dem Chef, der kündigt, ist ja auch nicht alles egal."
Kramers Fazit: "Wenn wir ganz ehrlich sind: Ich find's brutalen Quatsch, diese Diskussion um Trainer, ob wir noch alles für den geben."
Kapitän Lars Stindl hatte den wichtigen Erfolg für die Gladbacher nach einem kapitalen Doppelfehler von William, der sich zunächst überlaufen ließ und dann den Ball im Strafraum den Gladbachern vor die Füße schoss, mit seinem elften Saisontor (15.) eingeleitet. Als Stefan Lainer im zweiten Durchgang völlig unbedrängt nach einem Eckball einnickte (53.), war das Ende der Fohlen-Serie von sieben Pflichtspielniederlagen schon fast sicher.
Beim 3:0 in der 72. Minute schließlich bugsierte Schalke-Schlussmann Frederik Rönnow den Ball nach einer zunächst erfolgreichen Abwehr ins eigene Tor.
William wurde nach seinem Bock in der 20. Spielminute ausgewechselt - die Höchststrafe.
Rangnick sagt Schalke ab
Auch sonst blickt Schalke einmal mehr auf einen desaströsen Tag zurück.
Unter dem neuen Coach Dimitrios Grammozis sind die Schalker noch ohne eigenen Treffer. Auch ein weiterer Lichtblick ist zudem verschwunden: Der gewünschte Wiederaufbauhelfer Ralf Rangnick sagte rund fünf Stunden vor der Partie ab. (SERVICE: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Er stehe "aufgrund der zahlreichen Unwägbarkeiten innerhalb des Vereins" nicht zur Verfügung, teilte der 62-Jährige mit. Die Schlammschlacht zwischen der Klubführung und einer Interessengruppe um Eurofighter Ingo Anderbrügge ging prompt weiter - mit gegenseitigen Schuldzuweisungen für die Absage.
Die Bundesliga-Highlights am Sonntag ab 9.30 Uhr in Bundesliga Pur im TV auf SPORT1
Die Analyse von Schalkes Hoffnungsträger Klaas-Jan Huntelaar - der als Joker sein Comeback nach einer Verletzung feierte - fiel schonungslos aus:
"Ich denke, dass Gladbach das Spiel kontrolliert hat. Wir waren weit zurück und wollten Konter spielen. Gladbach hat besser gespielt und verdient gewonnen. Ich erwarte mehr von uns. Wir machen viele entscheidende Fehler. Beim ersten Tor denke ich, dass wir den Ball klären müssen. Das zweite Tor ist eine Ecke, wir bekommen zu viele Ecken. Beim dritten Tor können wir auch klären."
Den Klassenerhalt will Huntelaar aber erst aufgeben, "wenn es noch drei Spiele sind und wir zehn Punkte Rückstand haben".
Grammozis: "Ich gebe niemals auf"
"Gegentore ärgern mich grundsätzlich, egal wie sie zu Stande kommen. Es ist aber natürlich bitter, wenn man zwei begünstigt. Dann ist es schwer, ein Spiel zu gewinnen", ärgerte sich Grammozis bei Sky: "Das Ergebnis ist ernüchternd gegen eine Gladbacher Mannschaft, die zuletzt nicht gut war."
Der Schalker Coach machte aber auch klar: "Ich gebe niemals auf".
Trotzdem: Auf dem Platz diente der einstige Champions-League-Stammgast dem zweiten Krisenklub der Liga als Aufbaugegner.
Schalkes vierter Abstieg wird nach nur einem Sieg aus den letzten 42 Bundesligaspielen immer wahrscheinlicher. Der Rückstand auf den Relegationsplatz beträgt weiter elf Punkte, könnte am Sonntag aber noch anwachsen.
Von Rangnicks Absage hatte Schalkes Aufsichtsratschef Jens Buchta "beim Tanken" erfahren. "Ich war total überrascht", sagte der Rechtsanwalt in einer Presserunde kurz vor dem Anpfiff. Man habe im ersten Gespräch mit Rangnicks Berater Marc Kosicke "sehr transparent" die wirtschaftlichen Möglichkeiten für die zweite Liga erläutert, "es wurde an keiner Stelle erwähnt, dass dieses Budget für Rangnick nicht ausreichend wäre". In der kommenden Woche war das erste Gespräch mit Rangnick persönlich geplant.
Buchta hofft noch auf Rangnick
Den Schwarzen Peter für die Absage schob Buchta der Anderbrügge-Gruppe zu, weil sie "mit Strömungen von außen begründet" worden sei. Die Initiative, die vor einer Woche an den Vereinsgremien vorbei den Kontakt zu Rangnick aufgenommen hatte, bedauerte die Absage. Man sei "traurig und enttäuscht", sagte der Sprecher Frank Haberzettel dem SID: "Wir halten Ralf Rangnick aber weiter für die beste Lösung in dieser schwierigen Lage."
Mit anderen Worten: Der Wunschkandidat, der der Gruppe angeblich eine Zusage gegeben hatte, habe wegen der aktuellen Schalker Vereinsführung abgesagt. Dem widersprach Buchta vehement: Rangnick habe ausrichten lassen, dass der die Gespräche "ausschließlich mit legitimierten Vertretern des Vereins" führen wolle.
Der Aufsichtsratschef will am Montag noch einmal mit Kosicke telefonieren, "um alle Möglichkeiten auszuloten". Er hofft weiterhin auf ein Kommen von Rangnick.
Falls das nicht funktionieren sollte, dann soll schnell ein anderer Sportvorstand gefunden werden. Markus Krösche, Sportdirektor bei RB Leipzig, hatte nach dem Wirbel um Rangnick abgesagt.
---
mit Sport-Informations-Dienst (SID)