Profifußballer beim FC Bayern zu werden, ist der Traum unzähliger junger Kicker.
"Müller hat sich fast vergiftet"
Für die allermeisten von ihnen bleibt es beim Wunschdenken. Daniel Sikorski war geradezu schmerzhaft nahe dran, wenigstens einmal mit den Superstars um Punkte zu kämpfen. Der heute 33-Jährige war mit 17 Jahren zum FC Bayern gekommen und hatte fünf Jahre lang um sein Debüt in einem Pflichtspiel gekämpft.
Geklappt hat es leider nie, erlebt hat er aber dennoch eine ganze Menge.
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So ging der Österreicher, der bei der zweiten Mannschaft des FCB häufig lieferte, einst mit der Reserve auf Indien-Reise. 2009 war das. Mit von der Partie war auch ein gewisser Thomas Müller, der wenig später zum Weltstar reifen sollte.
Sikorski erinnert sich noch bestens: Bei einem Stopp nahe dem Himalaya habe man in einem Hotel gewohnt, "in dem es keine Matratzen gab. Stattdessen haben wir auf Brettern geschlafen. Die Duschen waren Eimer mit Wasser und zum Abendessen gab es Chips und Cola von gefühlt 1953", sagte der Stürmer im Interview mit spox und goal.
Als die Spieler anderswo "mal ein richtiges Essen bekommen haben, hat sich Thomas fast vergiftet. Bei unserer Speise stand 'nicht scharf', aber sie war trotzdem scharf ohne Ende. Thomas ist das nicht so bekommen." Der spätere Weltmeister sei am nächsten Tag "statt zum Training nur aufs Klo gegangen."
Mit Tränen in den Augen auf der Tribüne
Mit Müller steht Sikorski nach wie vor in Kontakt: "Er war schon immer ein Spaßvogel und das hat sich nicht geändert. Er ist noch heute der Thomas, den ich damals kennengelernt habe." Auch mit Lukas Podolski verband ihn wegen "unserer polnischen Wurzeln" einiges.
Podolski war es auch, der neben ihm saß, als er einen seiner bittersten Momente in München erleben musste. 2007 war er seinem Profidebüt ganz nah, als sich eben jener Podolski und auch Miroslav Klose verletzt hatten. "Ich wurde zum Abschlusstraining eingeladen, habe da überragend gespielt und ein paar Tore geschossen. Danach kam Hitzfeld zu mir und meinte, dass ich im Aufgebot stehe. Ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind und gedacht: 'Wow, jetzt ist mein Moment gekommen.'"
Kurz vor dem Spiel habe ihm der damalige Trainer Ottmar Hitzfeld dann aber eine schmerzhafte Nachricht überbracht: "Er hat traurig geschaut und mir mitgeteilt, dass ich für die Bundesliga nicht spielberechtigt sei und deshalb nicht im Kader stehen dürfe. Der Klub hatte verplant, mich vorher zu einem medizinischen Test zu schicken. Während Hitzfeld das sagte, habe ich innerlich gezittert."
Das Spiel musste er statt von der Ersatzbank aus von der Tribüne verfolgen, neben Podolski. "Bayern hat früh das 1:0 geschossen, noch in der ersten Halbzeit verletzte sich Toni und Sandro (Wagner, d. Red.) wurde eingewechselt. Poldi hat sich zu mir gedreht und gesagt: 'Das wäre deine Chance gewesen.' In diesem Moment hatte ich Tränen in den Augen. Das hat unfassbar wehgetan."
Vereins-Odyssee statt ganz große Bühne
Hitzfeld griff danach nicht mehr auf ihn zurück, auch unter Jürgen Klinsmann und Louis van Gaal kam er nicht zum Zug. Schließlich entschied sich der leidenschaftliche Bayern-Fan, der sich einst sogar per Brief beim FCB beworben hatte, für den Abschied.
"Damals hat mich das schon geärgert und in den Jahren danach habe ich mich unterbewusst oft mit Spielern verglichen, mit denen ich früher zusammengespielt habe. Sandro kam in der Reserve beispielsweise nicht an mir vorbei und wurde später Nationalspieler", sagte Sikorski und ergänzte: "Da denkt man sich schon: Warum war ich damals viel besser und jetzt ist er auf einmal so viel weiter als ich?"
Mittlerweile sei er aber mit sich im Reinen. Nach den Bayern verschlug es ihn nach Gornik Zabrze in Polen, eine Odyssee mit über zehn weiteren Wechseln sollte folgen. Heute spielt er in Zypern bei Aris Limassol.
"Ich schaue gerne zurück, ohne traurig oder sauer zu sein. Ich versuche, an das zu denken, was ich erlebt habe, und nicht an das, was ich verpasst habe", erklärte Sikorski. Und erlebt hat er ja einiges.