Die bayerische Schnarch-Woche mit nur einem von sechs möglichen Punkten (Unentschieden gegen Bielefeld, Niederlage in Frankfurt) hat den Meisterkampf plötzlich wieder spannend gemacht. Sie hat sogar dafür gesorgt, dass Verfolger RB Leipzig, zuletzt vier Siege in Serie, auf einmal aus eigener Kraft Deutscher Meister werden kann. (Bundesliga-Tabelle)
Warum RB der bessere Meister wäre
Gewinnen sowohl die Bayern als auch RB jedes Spiel bis Saisonschluss, kommt es auf das Duell am 3. April in Leipzig an. Das wird dann vermutlich eine Frage der Tagesform. Rückblickend lässt sich feststellen: Kam der Rekordmeister zuletzt zu Besuch, ging es fast immer unentschieden aus.
Letzter Sieger in der Red Bull Arena, im März 2018, war Leipzig - die seitdem und gerade auch unter Trainer Julian Nagelsmann noch mal große Schritte in dominantem Auftreten gemacht haben.
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Sollten sie Anfang April mit einem Sieg die Bayern wirklich überholen können - der amtierende Meister dürfte sich auf höchstmotivierte Leipziger einstellen. Die ihrem Gegner fußballerisch in dieser Saison sowieso in nichts nachstehen.
Baustellen trüben Bayerns Fokus
Vor allem wirkt die RB-Mannschaft strukturierter und konzentrierter, sie hat mit weniger Baustellen zu tun als die Bayern - vom langwierigen Alaba-Abschied über die schäumende Flughafen-Wut von Berlin bis zu immer wieder unter Corona-Quarantäne gestellten Leistungsträgern.
Vom öffentlichen Trainer-Zwist mit SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach noch ganz zu schweigen. Die Spieler sprechen darüber, mehr vielleicht als über den sportlichen Alltag. Der Fokus aufs Wesentliche fällt den Bayern, gerade seit Jahreswechsel, spürbar schwerer als sonst. Das Pokal-Aus bei Zweitligist Kiel passte ins Bild.
Es wäre eine gute Nachricht für die Bundesliga, wenn Leipzig die Bayern in dieser Saison packen würde. Wenn sie diese Schale, auf die der FC Bayern nämlich kein Abo abgeschlossen hat, in die Höhe recken könnte.
Andere Meister sind erlaubt!
Wenn der Titelgewinn in der höchsten deutschen Spielklasse mal wieder ein emotionales Feuerwerk wäre. Den jüngeren Lesern sei gesagt: Das geht! Richtig geile letzte Spieltage auch, mit Last-Minute-Entscheidungen - gibt es! Andere Deutsche Meister als Bayern - sind erlaubt!
Der Meister Bayern ist für viele Fans und Verfolger der Fußballwelt mittlerweile lange Weile pur. Die Meldung wird zur Kenntnis genommen, auch im Ausland. Mehr nicht.
Es täte gut, wenn sich an der Front mal wieder etwas tut. Holt in diesem Mai, nach einer vor allem die großen Gefühle betreffend zähen bis harten Saison, Leipzig den Titel, wäre es auch ein wunderbarer Weckruf für alle, die sich nicht so richtig Bayern-Jäger nennen lassen wollen und immer wieder mit "einem Platz unter den ersten Vier" zufriedengeben. "Schaut mal", würde es bedeuten, "es geht doch - wenn man es denn richtig gut macht!" So wie die Leipziger.
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Denn gute Möglichkeiten zu haben, muss man den vielen Leipzig-Kritikern vielleicht noch entgegen halten, das ist im modernen Fußball immer nur das eine. Die vermeintliche Power haben viele - der Zauber und die ganz große Aufgabe ist, die Potenziale dann auch auf den Platz zu bringen. Über eine ganze Saison - und speziell in solchen Spielen wie am 3. April ...
Tobias Holtkamp, der Autor dieses Textes, war in der Chefredaktion von Sport Bild und Chefredakteur von transfermarkt.de. Heute berät er Sportler und Marken in ihrer inhaltlichen und strategischen Ausrichtung. Für SPORT1 schreibt Holtkamp als Kolumnist die wöchentliche "Bundesliga-Kolumne".