Benjamin Pavard nimmt sich am Freitagnachmittag viel Zeit, um über seine bislang sehr erfolgreichen Monate beim FC Bayern zu sprechen.
Pavard: "Berührt mich noch immer"
Im Video-Interview mit SPORT1 wirkt der 24 Jahre alte Franzose entspannt, nimmt während des Gesprächs immer wieder einen kräftigen Schluck aus seiner Wasserflasche und hält sie stolz ins Bild, als er darüber spricht, was ihn zu einem unerwarteten Dauerbrenner der Münchner macht.
Denn der Neuzugang vom VfB Stuttgart ist hinter Manuel Neuer und Joshua Kimmich der FCB-Spieler mit den drittmeisten Einsatzminuten.
SPORT1: Herr Pavard, würden Sie sich als Stammspieler bezeichnen?
Benjamin Pavard: Nein. Wenn ich das behaupten würde, würde das von mangelndem Respekt gegenüber meinen Teamkollegen zeugen. Für mich gibt es keine Stammspieler. Ich kämpfe jeden Tag darum, so viele Spiele wie möglich bestreiten zu dürfen, bei einem großen Verein mit viel Konkurrenz.
SPORT1: Nach Manuel Neuer und Joshua Kimmich waren Sie bis zur Corona-Pause der Bayern-Spieler mit den meisten Pflichtspielminuten. Hand aufs Herz, haben Sie damit gerechnet?
Pavard: Anfangs nicht, das muss ich zugeben. Aber ich bin ein Wettkämpfer und sitze nicht gerne auf der Bank, also gebe ich im Training immer mein Bestes, um am Ende auf dem Rasen zu stehen und mit dem FC Bayern Titel zu gewinnen.
SPORT1: Was ist Ihr Fitnessgeheimnis?
Pavard: Genug Schlaf, viel Wasser trinken, gutes Essen und ein gutes Umfeld. Ich arbeite mit einem Kinesiologen. Für Dehnübungen und solche Sachen, habe ich einen privaten Fitnesstrainer. Mit diesen super Leuten um mich herum will ich mich so professionell wie möglich verhalten. Was die Ernährung angeht, habe ich ebenfalls große Fortschritte gemacht.
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Hoeneß' Lob berührt Pavard "noch immer"
SPORT1: Ex-Präsident Uli Hoeneß lobte Sie im September 2019 in einem Gespräch mit SPORT1 und sagte wortwörtlich: "Er zeigt jetzt schon nach ein paar Wochen, dass er einer der besten Transfers werden wird, die wir je gemacht haben." Haben Sie davon mitbekommen?
Pavard: Klar und es hat mich sehr gefreut. Ein solches Lob von so einer großen Persönlichkeit, das berührt mich noch immer. Seitdem ich bei Bayern unterschrieben habe, fühle ich mich ohnehin sehr wohl. Mir wird von allen Seiten sehr viel Zuneigung entgegengebracht, ich bin hier wirklich glücklich.
SPORT1: Gibt es etwas, was Sie unbedingt verbessern wollen?
Pavard: Für meine erste Saison beim FC Bayern habe ich gute Werte vorzuweisen. Nichtsdestotrotz will ich mich immer verbessern. Ich arbeite hart im Training, zum Beispiel an meinen Flanken. Ich will in Zukunft noch mehr Torvorlagen geben und selbst noch mehr Tore schießen.
SPORT1: In der laufenden Saison waren es bislang zwei Tore. Immer wieder lassen Sie auch ihre besondere Schusstechnik aufblitzen, mit der Sie bei der WM 2018 ein Traumtor erzielt haben.
Pavard: Ich mag diese Schusstechnik einfach sehr gerne. Wenn wir nach dem Training noch ein paar Volley-Abnahmen machen, dann flanke ich zwar meistens für meine Mitspieler. Aber wenn ich die Chance habe, im Spiel mit nach vorne zu gehen und volley zum Abschluss zu kommen, dann nutze ich meine Technik. Ich liebe das und ich hoffe, dass so noch das ein oder andere Tor zustande kommt.
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Corona: Pavard vermisst seine Familie "sehr"
SPORT1: Um das Thema Corona kommen wir nicht drumherum. Sie sind 24 Jahre jung, leben alleine. Fühlen Sie sich manchmal einsam?
Pavard: Es ist nicht so leicht, hier alleine zu sein. Ich führe zwar ein privilegiertes Leben, aber meine Familie fehlt mir sehr in dieser schwierigen Zeit. Ich will mich aber nicht beklagen, denn hier in Deutschland ist es nicht so schlimm wie in Frankreich. In meinem Heimatland sind die Ausgangsbeschränkungen viel strikter. Man darf nicht in den Park, überhaupt kaum vor die Tür. Es ist es eine schwierige Situation für alle.
SPORT1: Immerhin ist in München derzeit Training in Kleingruppen möglich.
Pavard: Ja, aber mir fehlt das Mannschaftstraining mit der ganzen Gruppe. Immerhin haben wir jetzt wieder den Ball am Fuß, das ist schon mal besser, als nur zuhause zu sein. Wir sehen uns zwar wieder, müssen aber den Sicherheitsabstand einhalten. Der Fußball fehlt mir generell, auch die Stadien, unser Publikum.
SPORT1: Angenommen, die Saison kann beendet werden. Wird es nicht komisch sein, mögliche Titel ohne jede Emotion von den Rängen feiern zu müssen?
Pavard: Wir würden die Titel lieber vor unseren Fans gewinnen, schließlich spielen wir ja auch für sie, um sie glücklich zu machen. Außerdem sind die Fans unser zwölfter Mann und unglaublich wichtig für uns. Aber es ist auch wichtig, dass es weitergeht. Wir sind alle Wettkampftypen, die am Ende Titel gewinnen wollen. Wir werden also alles dafür tun, so viele Titel wie möglich zu holen. Auch, wenn es vor leeren Rängen natürlich nicht dasselbe wäre.
SPORT1: Sie werden es wissen, aber Ihre Titelsammlung ist schon sehr speziell. Zweitligameister mit dem VfB Stuttgart 2017, Weltmeister mit Frankreich 2018.
Pavard: Stimmt, das ist außergewöhnlich. Aber ich habe wirklich gute Erinnerungen an meine Zeit in Stuttgart. Dass ich bei Bayern bin, habe ich vor allem dem VfB zu verdanken, weil sie mich 2016 aus Lille geholt haben, als man dort nicht unbedingt an mich geglaubt hat. Auch die Zweitliga-Meisterschaft mit Stuttgart war etwas Besonderes. Klar ist es etwas vollkommen anderes, ob man die Weltmeisterschaft oder die Zweitliga-Meisterschaft gewinnt, aber Titel ist Titel und ich bin froh, diesen mit Stuttgart erreicht zu haben. Jetzt hoffe ich, dass der nächste Titel einer mit Bayern sein wird - und dass möglichst viele folgen werden.
Pavard: "Auf einen Schlag kannten viel mehr Menschen meinen Namen"
SPORT1: Ist Ihr Leben als Weltmeister ein anderes als zuvor?
Pavard: Absolut, ich habe den WM-Titel gewonnen und spiele bei Bayern München, einem der größten Vereine der Welt, da beachten einen die Leute noch mehr. Auf einen Schlag kannten nach der WM viel mehr Menschen meinen Namen - und seit ich bei Bayern spiele, hat sich das noch einmal verstärkt. Ich stehe unter größerer Beobachtung, aber das stört mich nicht. Ich habe immer davon geträumt, Titel zu gewinnen. Ich habe die WM gewonnen, den größten Titel überhaupt. Aber darauf ruhe ich mich nicht aus.
SPORT1: Wenn Sie sich einen Titel wünschen würden, welcher wäre das?
Pavard: Für mich persönlich gibt es nichts Schöneres als die Weltmeisterschaft. Aber ich bin zu Bayern gekommen, um die Champions League zu gewinnen. Ich hoffe, dass uns das schon in diesem Jahr gelingt, denn möglich ist es.
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SPORT1: Wie sehen Sie den FC Bayern im internationalen Vergleich?
Pavard: Es ist der beste Verein in Deutschland - und einer der besten der Welt.
SPORT1: Ihr Vertrag läuft bis 2024. Die Bayern sind ihr dritter Profiverein. Wie denken Sie über Langzeitkarrieren wie die von Thomas Müller oder Francesco Totti?
Pavard: Es ist ein starkes Zeichen, wenn Spieler wie Thomas oder Totti so lange Zeit bei einem Verein bleiben, das ist aber nicht einfach.
SPORT1: Wie lange wollen Sie beim FC Bayern bleiben?
Pavard: Wie das bei mir sein wird, kann ich jetzt noch nicht sagen, aber der FC Bayern ist ein großer Verein. Hier spürt man sehr viel Liebe, alles ist sehr familiär. Im Fußball ist alles möglich. Ich kann nicht vorhersehen, was die Zukunft bringt.
"Flick erklärt mir öfter wie ich mich noch verbessern kann"
SPORT1: Hansi Flick baut auf Sie und schätzt Ihre Flexibilität. Wie ist Ihr Verhältnis zum Trainer?
Pavard: Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Er ist ein Trainer, der sehr nah an seinen Spielern dran ist - egal, ob es diejenigen sind, die in der Startelf stehen, oder die Ersatzspieler. Wir verstehen uns gut und wenn er mir etwas zu sagen hat, dann wird er mir das immer direkt ins Gesicht sagen. Er kommuniziert viel mit uns. Was mich angeht, erklärt er mir öfter mal in Einzelgesprächen wie ich mich noch weiter verbessern kann.
SPORT1: Hat Sie ein Trainer in Ihrer Karriere besonders geprägt?
Pavard: Da gab es mehrere. René Girard, der mir 2015 meine erste Chance im Profifußball gegeben hat. Und unser WM-Trainer Didier Deschamps, der mir das Vertrauen geschenkt hat und auch in Stuttgart immer meine Spiele verfolgt hat.
Pavard: "Spiele lieber in der Innenverteidigung"
SPORT1: Sie haben sich als Rechtsverteidiger etabliert, sind aber gelernter Innenverteidiger. Auf welcher Position fühlen Sie sich am wohlsten?
Pavard: Wenn ich auf dem Platz stehe, bin ich glücklich - egal, ob als Rechts- oder als Innenverteidiger. Aber davon abgesehen spiele ich lieber in der Innenverteidigung. Ich sehe mich insgesamt aber als defensiv denkenden Spieler, der flexibel einsetzbar ist. Ich glaube, dass das für einen Trainer sehr wichtig und hilfreich ist, dass ich in der Abwehr auf allen vier Positionen spielen kann.
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SPORT1: Zur neuen Saison soll ein neuer Rechtsverteidiger kommen.
Pavard: Konkurrenz bringt einen voran. Das ist also nichts, worüber ich mir Sorgen mache. Bayern ist ein großer Klub, da hat man seinen Platz nie sicher.
SPORT1: Wir führen das Interview auf Französisch. Wann geben Sie mal eines auf Deutsch?
Pavard: Deutsch ist wirklich eine schwierige Sprache (lacht). Aber ich verstehe inzwischen vieles und gebe mir wirklich Mühe, noch mehr zu lernen. Gerade jetzt bei all den Ausgangsbeschränkungen. Sie müssten jetzt meinen Deutschlehrer fragen, aber ich würde sagen, dass ich Fortschritte mache und mein Bestes gebe. Gerade am Anfang hatte ich oft Sorge, dass ich etwas nicht ganz richtig ausspreche, und die Leute mich nicht verstehen. Ich muss noch an mir arbeiten, aber ich werde alles dafür tun, bald sogar ein Interview auf Deutsch geben zu können.
Hazard war Pavards härtester Gegenspieler
SPORT1: Schnelle Fragerunde zum Schluss: Ihr bayerisches Lieblings-Wort?
Pavard: Mein erstes Wort war auf jeden Fall 'Servus'.
SPORT1: Ihr Lieblings-Ort in München?
Pavard: Die Säbener Straße. Das stimmt, wirklich.
SPORT1: Ihr bislang stärkster Gegenspieler?
Pavard: Eden Hazard.
SPORT1: Held Ihrer Kindheit?
Pavard: Zinédine Zidane.
SPORT1: Ihr Wunsch für die Zukunft?
Pavard: Für die nähere Zukunft, dass alle gesund bleiben und wir bald wieder zur Normalität zurückkehren können. Ansonsten wünsche ich mir viele Titel mit dem FC Bayern und der Nationalmannschaft.