Hallo Bundesliga-Freunde,
Werner-Coup ist eine Mogelpackung
fußballerisch ragt eine Mannschaft meiner Ansicht nach bisher hervor: RB Leipzig. Der beste Trainer der Liga, für mich jetzt schon Julian Nagelsmann, hat die Mannschaft in den sechs Wochen Saisonvorbereitung noch viel variantenreicher aufgestellt. Er hat die Pressingmaschine umgebaut, sie kann und liebt jetzt auch Ballbesitz. Kurz: Leipzig spielt jetzt Nagelsmann-Fußball - nicht andersherum.
Die Ideen von (und Einheiten unter) Nagelsmann haben auch seinen Superstar Timo Werner (23) beeindruckt. Er spürte, dass in Leipzig die nächste Stufe zündet. Dass die Art und Weise der neuen Führung mit Nagelsmann und Sportdirektor Markus Krösche ihm noch mehr liegt als die Arbeit mit dem autoritären Ralf Rangnick.
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Werners Entscheidung, nach monatelangem Zögern nun doch einen neuen Vertrag bei RB zu unterschreiben, hat das aber nur am Rande beeinflusst. Die als großer Coup pünktlich zum Heimspiel-Auftakt präsentierte Einigung ist ein kluger Schachzug aller Beteiligten, aber sie ist im Grunde genommen auch eine Mogelpackung. Dass sich die Leipziger auch noch zum Hashtag #Werner2023 und der Jahreszahl als Trikotnummer im PR-Video hinreißen ließen, ist auf einer Cleverness-Skala eher im unteren Bereich anzusiedeln und kommt wahrscheinlich bald zurück.
Timo Werner wäre sowieso bis zum nächsten Mai in Leipzig geblieben, die Entscheidung hatte er in Absprache mit seinem Berater Karlheinz Förster bereits getroffen. Aus drei Gründen: zum einen wegen Nagelsmann. Zum anderen, weil er im kommenden Jahr, dann vertragslos, alle Trümpfe in der eigenen Hand gehabt hätte. Und drittens - weil ihn einfach keiner der großen Topklubs in diesem Sommer kaufen wollte.
Werner-Berater Förster, der vor zwei Jahren seinen Kunden Niklas Süle für 25 Millionen Euro Ablöse von Hoffenheim zum FC Bayern vermittelt hatte, war dem monatelangen Leipziger Druck immer wieder gelassen ausgewichen. Das Spiel ging auf, Förster und Werner warteten bis Ende August, bis die für sie relevanten Würfel im Wechsel-Zirkus gefallen waren.
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Als der FC Bayern nach der Verletzung von Transferziel Leroy Sané immer noch nicht auf Timo Werner kam und stattdessen Coutinho verpflichtete, meldete sich Förster bei den RB-Verantwortlichen. Der Verlängerung in Leipzig inklusive sofortiger Gehaltserhöhung - Bild berichtet von sieben Millionen Euro jährlich, zuletzt waren es drei - stand nichts mehr im Wege.
Noch lange in Leipzig bleiben wird Werner dennoch nicht, der "nächste Schritt" bleibt wie bisher für den kommenden Sommer geplant. Eine Ausstiegsklausel über angeblich 30 Millionen Euro, die schon im nächsten Mai greift und Leipzig im späteren Erfolgsfall noch weitere Millionen beschert, soll im Vertrag verankert sein. Damit bliebe Nationalstürmer Werner im internationalen Vergleich ein Schnäppchen - erst Recht, wenn die RB-Saison, mit Champions League und Bundesliga-Titelkampf, so gut wird wie erwartet.
Tobias Holtkamp, der Autor dieses Textes, war in der Chefredaktion von Sport Bild und Chefredakteur von transfermarkt.de. Heute berät er Sportler und Marken in ihrer inhaltlichen und strategischen Ausrichtung. Für SPORT1 schreibt Holtkamp seit Saisonbeginn als Chef-Kolumnist die wöchentliche "Bundesliga-Kolumne".