Niko Kovac winkte genervt ab, ließ sich auf die Bank fallen und schaute fassungslos aufs Spielfeld. In allerletzter Minute war Kingsley Coman ganz alleine auf das Tor zugelaufen - und hatte doch die Vorentscheidung für den FC Bayern im Titelkampf verpasst.
FCB patzt beim Club und hat Glück
"Es ist total ärgerlich. Wir hätten uns einen Matchball erspielen können", sagte der Münchner Trainer nach dem enttäuschenden 1:1 (0:0) beim 1. FC Nürnberg bei Sky, nahm aber wie auch die Spieler Coman in Schutz.
"Alle haben ihm zugesprochen. Niemand ist ihm nur ansatzweise böse", sagte Mats Hummels auf SPORT1-Nachfrage: "Wir haben definitiv nicht gut gespielt. Da sind wir uns alle einig. Es wäre wichtig, dass wir das alle so sehen. Das war heute kein guter Auftritt von uns."
Bayern nutzt BVB-Patzer nicht
Der schwache Tabellenführer konnte die Steilvorlage von Schalke 04 nicht nutzen und baute seinen Vorsprung auf Verfolger Borussia Dortmund drei Spieltage vor Saisonende nur auf zwei Punkte aus. (Das Spiel zum Nachlesen im LIVETICKER)
"Unsere Situation hat sich verbessert und wir haben einen kleinen Tritt in den Ar*** bekommen, sodass wir nächste Woche noch angestachelter in die Partie gehen", sagte Thomas Müller trotzig.
Die Bayern "werden jetzt sicherlich nicht komplett die Köpfe herunternehmen, da gibt es keinen Grund für."
Bei den Nürnbergern war die Gemütslage eine andere. Erschöpft und traurig standen die Spieler am Mittelkreis. Dem Club droht trotz des überraschenden Punktgewinns im 191. bayerisch-fränkischen Derby der neunte Abstieg - weil Tim Leibold einen Foulelfmeter in der Nachspielzeit an den Pfosten setzte (90.+1). Es war der dritte verschossene Nürnberger Strafstoß in Folge.
So wuchs der Rückstand auf den am Samstag siegreichen VfB Stuttgart auf dem Relegationsplatz auf fünf Zähler.
Mathenia: "Nicht aufgeben"
"Nach wie vor sind wir im Rennen", meinte allerdings Torhüter Christian Mathenia, "jeder rennt für den anderen. Wir werden bis zum allerletzten Spieltag nicht aufgeben." In allerletzter Sekunde hatte er mit seiner Parade gegen Coman noch eine Niederlage verhindert (90.+5).
"Es ist Wahnsinn, was innerhalb von fünf Minuten passiert", sagte Kovac: "Die Bundesliga ist einfach verrückt."
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Nach dem Nürnberger Führungstreffer von Matheus Pereira (48.) hatte "Joker" Serge Gnabry (75.) die erschreckend schwachen Gäste vor einer Blamage bewahrt. Bei einem Sieg hätten sich die Münchner schon am nächsten Wochenende die Schale sichern können.
Bayern-Fans mit Pyro-Einsatz
Peinlich für den FC Bayern: Weil seine Anhänger Feuerwerksraketen auf das Spielfeld schossen, pfiff Schiedsrichter Tobias Stieler (Hamburg) die zweite Halbzeit erst mit einigen Minuten Verspätung an. (SERVICE: Der Spielplan der Bundesliga)
Sportdirektor Hasan Salihamidzic überraschte mit seiner Beurteilung der Aktionen: "Ich fand das jetzt nicht so schlimm. Es waren ein paar Sachen, aber nicht so schlimm. Meiner Einschätzung nach war der verzögerte Anpfiff nicht nötig. Das ist einer Strafe nicht würdig."
Vor 50.000 Zuschauern im ausverkauften Max-Morlock-Stadion dominierte München nach einer kurzen Aufwärmphase zunächst das Spiel, schnürte die wacker verteidigenden Gastgeber zunehmend ein, zeigte bei seinen Angriffen allerdings erschreckend wenig Einfallsreichtum. Seine lange Zeit beste Chance entsprang fast folgerichtig einem Freistoß: Club-Torhüter Mathenia lenkte den von David Alaba getretenen Ball mit den Fingerspitzen gerade noch an die Latte (23.).
Erst nach einer Stunde war er beim Schuss von Leon Goretzka wieder gefordert (60.), kurz darauf lenkte er auch einen Freistoß des eingewechselten James an die Latte (69.).
Ulreich unsicher
Die Nürnberger kamen zunächst nur selten in die Nähe des Münchner Strafraums, ihre Offensivbemühungen waren zu zaghaft. Erst in der 35. Minute brachte der gute Pereira ein Schüsschen in die Richtung des Münchner Tores zustande, Sekunden später bügelte Sven Ulreich gegen Eduard Löwen gerade noch einen eigenen Patzer aus: Der Torhüter hatte einen Rückpass falsch eingeschätzt. (SERVICE: Die Tabelle der Bundesliga)
Nach dem Treffer von Pereira war Nürnberg für kurze Zeit am Drücker, die Bayern wankten, fingen sich aber wieder. Ideenreicher wurden sie nicht.
Kovac hatte ein wenig überraschend Gnabry zunächst auf der Bank gelassen. Neben dem Nationalspieler nahm Arjen Robben Platz, der Niederländer stand erstmals seit dem 27. November vergangenen Jahres wieder im Kader. Ohne Gnabry fehlte den Bayern Tempo auf dem rechten Flügel, auch der von Beginn an spielende Goretzka entfaltete in zentraler Position nur wenig Wucht und Ideen.
Kovac korrigierte seinen Fehler, brachte Gnabry (46.) für den schwachen Thomas Müller und James für Javi Martinez (57.). Mit Erfolg. Allerdings: James musste verletzt wieder ausgewechselt werden.