Die Geister, die ich rief... Borussia Dortmund muss sich aktuell sogar mit zwei von ihnen herumschlagen.
Kommentar: Darf Sammer das?
Der erste Geist heißt Erfolg – und zeigt dem BVB gerade seine Kehrseite. Er kann ein verdammt wankelmütiger Geselle sein. Erst will man ihn unbedingt, doch wenn man ihn hat und nicht permanent mit sportlichen Leistungen umschmeichelt, zeigt er sein anderes Gesicht, seine krisenverzerrte Fratze.
Verschrecken lassen braucht sich der BVB davon nicht. Zu Saisonbeginn hatte noch niemand davon geträumt, dass die Worte Tabellenführung und Krise in einem Atemzug genannt werden.
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Die Frage ist aber, wie die Dortmunder mit der momentanen Schwächephase umgehen. Und da kommt der zweite Geist ins Spiel: Matthias Sammer.
Die Verantwortlichen um Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Manager Michael Zorc haben Sammer vor der Saison bewusst als externen Berater mit ins schwarz-gelbe Boot geholt, um dem BVB wieder eine gehörige Portion Siegermentalität zu implementieren. Nur ist Sammer eben auch weiter parallel als TV-Experte aktiv.
Wie pikant und höchst explosiv diese beiden Funktionen sein können, hat sich am Freitag gezeigt als Sammer nach Dortmunds völlig unnötiger Niederlage in Augsburg in aller Öffentlichkeit schonungslos Tacheles redete und dem BVB die Meisterreife absprach.
Da werden Watzke ordentlich die Ohren geklingelt haben, da wird er sich gefragt haben: Wer ist hier eigentlich der Boss? Darf der Sammer das?
Ich meine: Für womöglich verletzten Stolz der BVB-Verantwortlichen ist kein Platz. Genau wegen dieser unbequemen Art haben sie Sammer doch mit eingebunden.
In Dortmund verkaufen die Granden den Verein gerne als zweite deutsche Kraft hinter dem FC Bayern. Das ist ein Stück weit Realität, aber auch bewusstes Understatement. Es steckt Kalkül dahinter, die Bayern aus der Rolle des Außenseiters anzugreifen. So hat man nichts zu verlieren.
Sammer tickt da anders. Er will sein Siegergen in die DNA des Vereins einbringen. Bewusst hat er die Probleme öffentlich angesprochen, damit sich niemand verstecken kann. Er hat sowohl den Verantwortlichen als auch den Spielern die Kuscheldecke weggerissen.
Die Macher sollen darüber nachdenken, ob die mit vielen jungen Spielern besetzte Mannschaft (vor allem in der Abwehr) titeltauglich ist – und in Zukunft nachbessern. Zum Teil hat ein Umdenken, auch auf Sammers Rat hin, schon vor der Saison stattgefunden. Doch Sammer ist das nicht genug Erfahrung und Gewinner-Mentalität.
Für den restlichen Kampf um die Meisterschaft nimmt er die Führungsspieler um Marco Reus und Axel Witsel in die Pflicht, die Mannschaft zurück in die Erfolgspur zu führen. Sammer weiß: Sollten die Dortmunder scheitern, wird ihnen niemand den Kopf abreißen. Aber versuchen sollen sie es mit aller Macht. Das ist seine Botschaft.