Die Personalie ist hochsensibel. Hätte es noch eines Belegs bedurft, so erfolgte er am Mittwochmittag.
WM: Neuer spricht von Ersatzbank
Da nämlich sah sich der FC Bayern gezwungen, per Pressemitteilung eine Meldung des kicker wieder einzufangen, nach der Trainer Jupp Heynckes einen Einsatz von Manuel Neuer beim Bundesligafinale gegen Stuttgart und im DFB-Pokalfinale gegen Eintracht Frankfurt am 19. Mai ausschließe.
"Das habe ich so nicht gesagt", wird Heynckes nun in der Klubmitteilung zitiert. "Tatsache ist, dass Manuel am Samstag beim letzten Heimspiel gegen den VfB Stuttgart noch nicht im Kader stehen wird. Für das Pokalfinale ist die Entscheidung hingegen noch offen."
Ob Neuer im Pokalfinale zum Einsatz komme, sei "eine Entscheidung, die Manuel mit dem Trainer zu fällen hat", erklärte Karl-Heinz Rummenigge am Mittwoch: "Wenn er der Meinung ist, er kann spielen und der Trainer gibt ihm das Vertrauen, dann wird es noch der Fall sein."
Die Debatte um den Fitnesszustand und die WM-Chancen des lange verletzten DFB-Kapitäns hatten am Dienstagabend unerwartet Fahrt aufgenommen.
Denn da stand Neuer als Testimonial der adidas-Kampagne bei der Präsentation des neuen Trikots des FC Bayern auf der Bühne.
Und weil der seit September fehlende Nationaltorwart vermutlich wusste, dass ein Abgang durch die Hintertür die Spekulationen über seinen Gesundheitszustand nur noch weiter angefeuert hätten, stellte er sich auch erstmals seit seiner Verletzung den zahlreichen Journalisten.
Doch Entwarnung mit Blick auf die nahende Weltmeisterschaft in Russland konnte Neuer nicht geben – im Gegenteil.
WM-Teilnahme? "Das kann ich nicht sagen"
"Das kann ich jetzt nicht sagen", antwortete der 32-Jährige auf die Frage, ob er zu 100 Prozent bei der Fußballl-WM dabei sein werde.
Und der Bayern-Kapitän machte deutlich, dass er sich beim bisher so komplizierten Heilungsverlauf nach seinem Mittelfußbruch zur Geduld zwingen wird.
"Ich muss für mich, die Mannschaft und die Fußballrepublik Deutschland die richtige Entscheidung treffen. Da hilft es nicht, sich aus der Ruhe bringen zu lassen", sagte Neuer.
Wann also ist mit einem Comeback des Welttorhüters zu rechnen? SPORT1 beantwortet die wichtigsten Fragen.
Spielt Neuer nochmal in der Bundesliga?
Nein. Neuer wich der Frage am Dienstag noch aus. Auch an das Pokalfinale denke er "jetzt überhaupt nicht. Ich denke von Trainingseinheit zu Trainingseinheit, von Therapie zu Therapie".
Doch am Mittwoch sprach sein Trainer – endlich – Klartext. Zumindest bezüglich des letzten Ligaspiels.
Eine Schwellung im operierten linken Fuß vor einer Woche hatte Neuer zu einer mehrtägigen Trainingspause auf dem Rasen gezwungen. Dadurch wurde der ursprüngliche Comeback-Plan, dem Keeper gegen Köln und/oder Stuttgart Spielpraxis zu geben, über den Haufen geworfen.
Stattdessen wird Neuer am Samstag auch das letzte Bundesligaspiel als Zuschauer von der Tribüne der Allianz Arena verfolgen und nur für die Übergabe der Meisterschale auf den Rasen zurückkehren.
"Ich habe schon gehört, dass die Doppelspitze Neuer/Müller da zur Tat schreiten wird", kündigte Ersatz-Kapitän Thomas Müller an.
Wie realistisch ist ein baldiges Comeback?
Geht man nach den aktuellen Eindrücken und den Aussagen von Fachleuten, kann sich die Rückkehr noch einige Zeit hinziehen.
Zwar konnte Neuer am Dienstag das öffentliche Training der Münchner bestreiten, absolvierte aber nicht das gesamte Programm und nahm auch nicht am Torwarttraining teil.
Der Routinier sprach danach von "positiven Eindrücken": "Die bisherigen Schritte waren sehr gut und positiv, das versuche ich fortzusetzen. Dann werden wir sehen, ob es reicht."
Trotzdem ist Neuer nach Ansicht des ehemaligen FCB- und DFB-Physiotherapeuten Oliver Schmidtlein noch weit von einem Einsatz in einem Pflichtspiel entfernt.
Man könne davon ausgehen, "dass er noch nicht auf einer Stufe angelangt ist, bei der man ihn bedenkenlos in den Wettkampf eingliedern kann", sagte Schmidtlein der Sport Bild:
"Manuel wird in dieser Situation trotz des Zeitdrucks nicht einfach mehr trainieren können, sonst riskiert er seine Heilung. Ihm fehlt die Wettkampferfahrung. Von daher denke ich, dass er frühestens in den K.o.-Spielen der WM eingreifen könnte."
Spielt Neuer bei der WM?
Sofern Schmidtleins durchaus nachvollziehbare Prognose zutrifft, müsste Neuer von sich aus verzichten.
Denn ohne einen Einsatz in einem der letzten beiden Testspiele der Nationalmannschaft gegen Österreich (2. Juni) oder Saudi-Arabien (8. Juni) ist eine WM-Teilnahme laut eigener Aussage unrealistisch.
"Ich denke nicht, dass es vorstellbar ist, dass ich ohne Spielpraxis in so ein Turnier gehe", erklärte Neuer am Dienstagabend.
Unwahrscheinlich ist zudem, dass Joachim Löw den Neuer-Ersatz Marc-Andre ter Stegen die komplette Vorrunde spielen lässt, um dann ausgerechnet ab dem Achtelfinale (2./3. Juli) den Torhüter zu wechseln.
Die ungewohnte Rolle als Nummer 2 schloss Neuer zumindest nicht aus. "Man kann sich momentan alles vorstellen, weil man nicht weiß, wo das Ende ist bzw. was das Ende mit sich bringt", sagte er auf SPORT1-Nachfrage.
Wie plant Jogi Löw?
Der Bundestrainer hält seinem Weltmeister-Torwart so lange wie möglich die Tür offen. Letztlich entscheidet Neuer selber, ob er mit ins Trainingslager ab dem 23. Mai in Südtirol geht.
Allerdings steht bereits fest, dass der erweiterte WM-Kader aus vier Torhütern bestehen wird, um nach einem Ausfall Neuers keinen Ersatzmann mehr aus dem Urlaub zurückholen zu müssen.
Daher werden neben ter Stegen auch Bernd Leno und Kevin Trapp nominiert werden, die schon beim erfolgreichen Confed Cup das DFB-Trio im Tor stellten.
Rummenigge erwartet einen "seriösen" Umgang von Löw mit Neuer, betonte allerdings, dass er seinem Keeper eine WM-Teilnahme wünsche: "Das wäre auch schön und durchaus im Interesse von Bayern München. Aber ich glaube, man muss die Zeit geduldig abwarten, bis die finale Entscheidung fällt."
Was bedeutet das für Sven Ulreich?
Der Neuer-Ersatz darf nach dem letzten Ligaspiel gegen Stuttgart trotz Heynckes' zurückhaltender Äußerung darauf hoffen, auch im Pokalfinale das Bayern-Tor zu hüten.
Neuer lobte Ulreichs Leistung in den vergangenen siebeneinhalb Monaten: "Ich bin wirklich stolz auf Ulle und er kann stolz auf sich sein. Er hat es perfekt gemacht."
Die eigentlich logische Konsequenz, eine Berufung ins WM-Aufgebot, wird dem 29-Jährigen aber verwehrt bleiben. Dabei spricht sportlich fast alles für Ulreich, zumal Trapp bei Paris St. Germain fast durchgängig zweite Wahl war.
Doch nur in einer Konstellation käme der FCB-Torwart nochmal ins Spiel: Wenn Neuer von sich aus schon vor der Nominierung seinen WM-Verzicht erklären würde.
Unwahrscheinlich, aber nach Neuers Aussagen vom Dienstag auch nicht komplett ausgeschlossen.