Am Samstagnachmittag hat der FC Bayern die Meisterschaft mit dem 4:1-Sieg in Augsburg perfekt gemacht. Eigentlich ein Grund für eine ausschweifende Party, sollte man meinen.
So wird die Liga wieder spannend
Doch was bei jedem anderen Bundesligisten Begeisterungsstürme ausgelöst hätte, war in München nur noch Business as Usual. Kein Wunder: Die sechste Meisterschaft in Folge stumpft ab - bei Spielern, wie bei Fans.
Feierlichkeiten liefen entsprechend im Sparmodus. Während Trainer Jupp Heynckes mit einem Gläschen Champagner in der Kabine anstoßen ließ, versammelten sich gleichzeitig an der Säbener Straße rund 20 Anhänger, um dem Ereignis doch noch ansatzweise gerecht zu werden. (Bayern schwört sich aufs Triple ein)
Der FC Bayern gilt mittlerweile als Synonym für Überlegenheit und Langeweile. Kinder, die im Sommer eingeschult werden, haben noch keinen anderen Meister erlebt als den Alleinunterhalter der Bundesliga.
Es ist offenkundig: Die Dominanz des Rekordmeisters erdrückt die Liga - und es scheint keinen Ausweg zu geben. Oder doch?
SPORT1 fordert die DFL auf, an einem Runden Tisch nach Strategien gegen die Eintönigkeit der Liga zu suchen - und liefert erste Lösungsansätze.
1. Spielmodus hinterfragen
Jahrzehntelang hat sich der Spielmodus der Bundesliga bewährt. Jeder gegen jeden, am Ende wird abgerechnet. Wer die meisten Punkte gesammelt hat, ist ein verdienter Meister.
Noch vor einigen Jahren wäre wohl niemand ernsthaft auf die Idee gekommen, von einer regulären Saison abzurücken und über Alternativen nachzudenken. Die Dominanz der Bayern erfordert jedoch Veränderungen, damit die Meisterschaft nicht dauerhaft Wochen vor dem Saisonende entschieden ist.
Stefan Effenberg hatte bereits vor einigen Wochen einen neuen Austragungs-Modus vorgestellt, bei dem die Bundesliga in zwei Gruppen mit jeweils neun Vereinen eingeteilt würde. Von Januar bis Mai würden die neun besten Vereine den Deutschen Meister sowie die Europapokalteilnehmer ausspielen.
In anderen Sportarten, wie im Eishockey oder Basketball, hat sich der Playoff-Modus längst bewährt. Nach der regulären Spielzeit wird abgerechnet - anschließend spielen die besten acht Klubs den Meister ab dem Viertelfinale im direkten Duell aus.
Der Vorteil liegt auf der Hand: Die Spannung bliebe bis zum Schluss erhalten, eine vorzeitige Meisterschaft wäre unmöglich. Für einen derartigen Denkansatz müsste allerdings noch Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Bayern-Präsident Uli Hoeneß sträubt sich jedenfalls mit aller Macht gegen den Playoff-Modus: "Jetzt einfach die Regeln ändern, nur weil die anderen nicht so leicht mitkommen, und damit sie wieder wettbewerbsfähig sind? Das kann es ja wohl nicht sein", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Das wäre einfach total unfair."
Dagegen zeigte sich Gladbachs Sportdirektor Max Eberl als erster Klub-Verantwortlicher der Liga dafür offen. "Wir sollten uns über alles Gedanken machen, was den Fußball betrifft“, sagte der frühere Münchner im ZDF. "Andere Länder haben das. Und wenn das eine Möglichkeit wäre, dann sollte man darüber diskutieren."
2. 50+1-Regel abschaffen
Die 50+1-Regel spaltet schon seit geraumer Zeit Vereine und Fans. Während die meisten Anhänger an der jetzigen Regel festhalten wollen, herrscht innerhalb der Bundesligaklubs große Uneinigkeit.
Zuletzt stimmten 18 der 36 Klubs dafür, in der nächsten Zeit keine Mehrheit für Investoren zu schaffen - doch das Thema dürfte dadurch nicht vom Tisch sein.
Einer der größten Gegner von 50+1 ist ausgerechnet Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Dabei ist der Rekordmeister der Klub, der am meisten von der jetzigen Regelung profitiert - zumindest national.
Rummenigge fordert die Konkurrenz aus "Interesse an Wettbewerbsfähigkeit" zum Umdenken - und trifft damit den Punkt. Das Geld von potenziellen Investoren könnte am derzeit zementierten Status rütteln, bisher unterlegene Klubs aufrüsten und eine neue Spannung in die Liga bringen.
Die souveränen Meistertitel seien "angenehm, bequem", sagte Rummenigge dem kicker. "Aber das ist nicht das Ziel. Die emotionalste Meisterschaft, die ich erlebt habe, war 2001 in Hamburg.” Damals sicherte Patrick Andersson den Titel erst in der Nachspielzeit des letzten Spieltags.
3. TV-Gelder umverteilen
Dass die Schere zwischen dem FC Bayern und dem Rest der Liga immer weiter aufgeht, liegt auch an der Verteilung der Fernsehgelder.
Zwar ist das Bestreben der Münchner, sich wie Real Madrid selbst zu vermarkten - und damit noch deutlich größere Einnahmen zu generieren - doch es müsste in die andere Richtung gehen.
Heißt: Im Sinne der Chancengleichheit sollte jeder Bundesligaverein von der DFL den gleichen Betrag erhalten. Ob er nun FC Bayern, Eintracht Frankfurt oder SC Freiburg heißt.
4. Talente bei Ausbildungsklubs halten
Ein großes Ärgernis für viele Vereine ist das Abwerben ihrer besten Talente. Auch hier hat das Recht des Stärkeren zunehmend für ein Ungleichgewicht in der Lige gesorgt.
Sobald ein junger Spieler entsprechende Anlagen zeigt, stehen die finanzstärkeren Vereine vor der Tür, um ihn abzuwerben. Vor allem für den FC Bayern ist das ein gefundenen Fressen, wie der Fall Leon Goretzka wieder zeigt. Ohne einen einzigen Cent nach Gelsenkirchen überweisen zu müssen, darf sich der neue Trainer auf einen ausgebildeten Nationalspieler freuen.
Um dies zu verhindern, sollte die DFL über Wege nachdenken, wie man die Talente länger bei ihren Ausbildungsklubs halten kann - etwa ein befristetes Wechselverbot.
Größtes Hindernis dabei ist allerdings die Wahl des freien Arbeitsrechtes in der EU. Genau aus diesem Grund ist auch das amerikanische Draft-Model in Deutschland undenkbar.
5. Mehr Mut der Bayern-Konkurrenz
Letzlich hat es aber auch jeder Verein selbst in der Hand, die Liga wieder spannender zu machen. Statt die weiße Flagge zu hissen, sobald es gegen die Münchner geht, wäre mehr Mut angebracht. Wie es gehen kann, zeigte vor der Münchner Dauerserie ein gewisser Jürgen Klopp mit seinem BVB. Zuletzt schaffte es RB Leipzig die Münchner zumindest punktuell mit einem 2:1-Sieg zu ärgern.
Dass die Dauerschleife in den kommenden Jahren durchbrochen werden kann, daran glaubt Max Eberl. "Bayern hat eine Mannschaft, die - gerade wenn man Robben und Ribery nimmt - etwas älter ist. Bei einem Manuel Neuer weiß man mit seinem Fuß nicht, was passiert. Und Jupp Heynckes hört jetzt auf. Ich weiß nicht, ob das die nächsten zwei, drei Jahre so unangetastet bleibt."
Ganz von alleine wird das aber nicht funktionieren.