Die Dominanz des FC Bayern München wird immer augenscheinlicher und erschreckender zugleich. Trotz einer anfänglichen Krise grüßt der Rekordmeister mittlerweile mit 18 Punkten und 21 Toren Vorsprung im berühmten Fernglas-Objektiv von der Bundesliga-Tabellenspitze.
Kommentar: Die Liga belügt sich selbst
Die sechste Meisterschaft in Folge ist sicher, es geht nur noch um die Frage, ob die Münchner schon Mitte März feiern werden, oder doch "erst" rund um Ostern am 1. April.
Für diese grundlegende Entwicklung mache ich weder den FC Bayern verantwortlich, noch werfe ich dem Rest der Bundesliga mangelnden Willen vor. Was mich viel mehr stört, ist die Tatsache, dass die Ursachen dafür nie richtig offen angesprochen werden.
Mögliche Lösungsansätze werden nur oberflächlich und scheinheilig diskutiert. Schlimmer sogar, die Bundesliga belügt sich selbst.
Die Bundesliga hat ab Platz zwei ein Qualitätsproblem, auch abzulesen an den meist ereignis- und tempolosen Bundesligaspielen, geprägt von ergebnisorientiertem Sicherheitsdenken. Die seit Jahren unzureichenden Auftritte in der UEFA Europa League sprechen genauso eine eindeutige Sprache wie das jährliche Abschneiden nicht-bayerischer Klubs in der Champions League.
Der deutsche Fußball ist gut, die Bundesliga ist es aber nicht - diesen offenkundigen Widerspruch gilt es aufzulösen. Aber wird diese Debatte überhaupt offen und ehrlich geführt? Ich sage NEIN.
Warum werden in Deutschland eigentlich nur Trainer und nicht auch Sportdirektoren und sogar Scouts professionell ausgebildet? Warum sind für viele Bundesligamacher Themen wie Internationalisierung und Digitalisierung immer noch mehr Last als Chance?
Wie werden Marke und Identität der Klubs gezielt und nachhaltig entwickelt? Genügt die Öffentlichkeitsarbeit modernsten Ansprüchen einer zunehmend komplexen Medienlandschaft?
Fragen über Fragen, auf die viele keine befriedigende Antwort liefern.
Die Bundesliga muss anpacken, konsequent an den offenkundigen Defiziten arbeiten und sich mehr denn je für neue Wege öffnen.
Ich sehe immer noch zu viel schlechte Manager-Leistungen, veraltete Strukturen und Denkweisen in deutschen Profiklubs. Und das ist eben nicht nur eine Frage des Geldes. Dass Topspieler wie Dembele, Aubameyang oder Sane zu den superreichen Klubs in Spanien und England wechseln, ist eben Teil des Milliardengeschäfts Profifußball. Das ist in Ordnung, so lange das eben nicht zum Alibi für schlechte Leistungen wird.
Verständnis habe ich für alle Bundesligamanager, die zurecht auf fehlende nationale und internationale Chancengleichheit verweisen. An dieser Stelle muss DFL-Boss Christian Seifert seiner berechtigten Kritik auch konkrete Taten folgen lassen.
Die umstrittene "50+1"-Regelung muss genauso dringend reformiert werden wie die unzeitgemäße Verteilung der wachsenden TV-Gelder. DFL und UEFA sind aufgefordert die Rahmenbedingungen zum Wohle des Fußballs aktiv zu verändern.
Ein bestehendes System, das Chancengleichheit verhindert und Machtverhältnisse über Jahre zementiert, ist nicht nur schlecht, sondern fatal für die weitere Entwicklung des Fußballs.