Spätestens seit ihrem Bundesliga-Debüt am 10. September 2017 gehört Bibiana Steinhaus zur deutschen Schiedsrichter-Elite.
Steinhaus: "Schnürsenkel sind tabu"
Die 38 Jahre alte Polizeibeamtin aus Bad Lauterberg im Harz ist in aller Munde. Und zwar nicht nur in Deutschland.
Im exklusiven SPORT1-Interview spricht Steinhaus über...
...den Titel "First Lady des deutschen Fußballs": "Ich finde es gar nicht so schön, wenn mein Geschlecht so in den Vordergrund gerückt wird. Die Tatsache, dass wir in Deutschland so viele gute Schiedsrichter haben, sollte im Vordergrund stehen. Ich finde es schön, wenn ich inspirieren kann. Wenn junge Mädchen feststellen, wenn ich durch Leistungen überzeuge, gibt es diese Chance. Ich möchte kein One-Hit-Wonder werden, sondern dauerhaft meine Leistung bringen, die Akzeptanz erfahren. Es soll absolute Normalität werden, dass Frauen in der Schiedsrichterzunft ihren Weg gehen können."
...ihren Lebenstraum als Schiedsrichterin: "Mein Ziel war immer ein Anstoß an einem Samstag um 15:30 Uhr. Nun ist es eine riesen Ehre und ein tolles Gefühl, dabei sein zu dürfen. Ich habe lange darauf hingearbeitet und immer wieder versucht, meine Leistung zu verbessern. Das hat viel Zeit und Energie gekostet. Ich habe zehn Jahre Erfahrung in der Zweiten Bundesliga sammeln dürfen, die Geschwindigkeit und Intensität in der Bundesliga ist eine Spur größer, das ist die Herausforderung und macht es spannend."
…die Widerstände in früheren Jahren: "Es war damals eine neue Situation, als eine Frau im Profifußball auf dem Spielfeld stand. Das ging aber sehr, sehr schnell. Mit Leistung zu überzeugen ist das Kriterium, an dem ich gemessen werde. Daran werden auch alle meine Kollegen gemessen. Wenn die Leistung stimmt, ist das Geschlecht den Trainern und Spielern egal."
...die große Resonanz nach ihrem Bundesliga-Debüt: "Ich habe die weltweite Resonanz unterschätzt. Es ist spannend zu sehen, dass sich nun andere Länder damit auseinandersetzen und sich fragen: Welche Schiedsrichterinnen haben wir? Und wo sind die?"
Das komplette Interview ist am heutigen Donnerstag ab 18.30 Uhr in Bundesliga Aktuell auf SPORT1 zu sehen
…den Schnürsenkel-Streich von Bayern-Star Franck Ribery im DFB-Pokalspiel in Chemnitz: "Uns allen ist Franck Ribery als Joker der Mannschaft nicht unbekannt. Ich fand es gar nicht dramatisch. Aber für jeden anderen ist auch deutlich und klar: Meine Schnürsenkel sind tabu."
…die Diskussionen um den Videobeweis: "Ich finde den Videoschiedsrichter unglaublich wichtig für einen fairen Fußball. Es ist ein zusätzliches Sicherheitsnetz. Ein Kollege, der nochmal draufschaut und mich vor den Schlagzeilen, die wochenlang die Presse bestimmen, ein Stück schützen kann. Die Hand Gottes und diese Dinge wird es nicht mehr geben. Natürlich gibt es wie bei jeder Neuerung am Anfang Sand im Getriebe. Ich würde jeden bitten, etwas Geduld zu haben. Ich bin überzeugt, dass der Videoschiedsrichter alternativlos ist. Wir sind auf einem guten Weg."
…ihre persönliche Spielvorbereitung: "Es geht nicht nur um körperliches Training, sondern auch um die Vorbereitung auf Mannschaften und Schlüsselspieler. Ich sage deutlich vorbereiten, nicht vorbelasten. Es ist immer wieder Gänsehaut in so ein Stadion einzulaufen, mit der Geräuschkulisse umzugehen und den Menschen, die einem anvertraut sind, und zu wissen, 22 Kameras schauen zu."
...die Kommunikation auf dem Platz: "Wir sind angehalten, uns auf dem Platz zu siezen. Es kommt aber immer auf die Situation an, ich bin niemandem böse, wenn ein 'Bibi' rausrutscht. Der Ton macht die Musik."
…ihre Gelassenheit im Umgang mit Fußball: "Ich finde es wichtig, Nähe zum Fußball zu genießen und trotzdem die Distanz wahren zu können. Ich möchte nicht, dass Fußball 24 Stunden mein Leben bestimmt, das lasse ich auch nicht zu. Ich mache das freiwillig."
...ihren Lebenspartner Howard Webb: "Es ist privat ein großer Segen, wir tauschen uns über den Sport aus. Es ist schön, wenn es jemanden zu Hause gibt, der mich unterstützt. Howard ist, das glaube ich sagen zu können, mein größter Fan."