Friendly fire heißt in der Militärsprache der irrtümliche Beschuss eigener Streitkräfte. Bei Borussia Dortmund wird derzeit verbal geschossen, und es geht ebenfalls gegen einen Mitstreiter aus den eigenen Reihen.
Auch BVB-Spieler greifen Tuchel an
Das Zielobjekt: Thomas Tuchel. Und von einem Versehen kann nicht die Rede sein.
Nachdem Tuchels Konflikt mit Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke über die Folgen des Attentats auf den Teambus vor dem Monaco-Spiel am Wochenende offen ausgebrochen ist, hat sich nun nicht nur Präsident Reinhard Rauball in dem Konflikt hinter Watzke gestellt.
Auch aus der Mannschaft wird trotz des wichtigen Siegs gegen Hoffenheim am Wochenende deutliche Kritik an Tuchel öffentlich: Die Süddeutsche Zeitung zitiert ungenannte Teammitglieder, die mit Tuchels Arbeit nicht ganz einverstanden sind.
Kritik am menschlichen Umgang - und an der Taktik
"Wenn du besonders gelobt wirst vom Trainer, richtest du dich am besten darauf ein, dass du demnächst nicht mal im Kader bist", klagt demnach ein Profi. Ein anderer räumt mit der Vorstellung auf, dass Tuchel und das Team nach dem Attentat zusammengerückt seien. Von einer besonders engen, menschelnden Beziehung seit dem Attentat "kann keine Rede sein, das ist eine reine Mediensache".
Aber auch an Tuchels taktischer Arbeit gibt es Kritikpunkte. Ein weiteres Zitat eines Spielers: "So viele Systemwechsel mitten im Spiel, zwei taktische Wechsel schon zur Halbzeit, das kann eigentlich nicht sein."
Trotz der nun besten Aussichten auf die direkte Champions-League-Qualifikation und trotz des Einzugs ins Pokalfinale durch den Halbfinalsieg gegen den FC Bayern liegt offensichtlich einiges im Argen beim BVB.
Tuchel überkreuz mit Watzke
Am Wochenende deutete Watzke in einem Interview an, dass es im Zusammenhang mit der Terminierung des Champions-League-Nachholspiels gegen AS Monaco nach dem Anschlag auf die Mannschaft einen Vertrauensbruch zwischen den beiden gäbe.
Tuchel und einige Spieler hätten sich von Watzke gedrängt gefühlt, am Tag nach dem Anschlag zu spielen. Watzke wirft Tuchel vor, seine diesbezügliche Ablehnung erst nach dem Spiel artikuliert zu haben - und bekam in dieser Frage inzwischen auch Rückendeckung von Präsident Reinhard Rauball.
Tuchel wiederum ärgerte sich merklich darüber, dass Watzke dies vor dem Spiel zum Thema machte. "Ein großes Thema für einen großen Tag", hatte Tuchel vor dem Anpfiff bei Sky sarkastisch festgehalten: "Ich verbiete mir darauf einzugehen oder auch nur darüber nachzudenken, darauf Energie zu verwenden. Wir dürfen uns nicht ablenken lassen."
Es sieht so aus, als wäre der Coach - der bis 2018 an den Klub gebunden ist - mittlerweile isoliert in Dortmund. Die Folge: Die Spekulationen über eine vorzeitige Trennung von Tuchel im Sommer werden lauter.
Sie werden gestützt durch eine weitere anonyme Stimme aus dem Verein. "Wir sind vorher aus Mainz gewarnt worden, dass es schwierig werden dürfte", sagte eine Person "aus dem inneren Kreis des Klubs" der SZ in Anspielung darauf, dass es auch bei Tuchels Ex-Klub interne Reibereien mit ihm gab: "Wir haben darauf nicht gehört. Ein halbes Jahr ging alles gut. Dann war alles wie aus Mainz vorhergesagt."