Das mit der Krawattenfabrik hat Christian Hochstätter seinerzeit gut hingekriegt, heißt es.
Der umstrittene HSV-Hoffnungsträger
Es war die Zeit, bevor er als Sportchef beim VfL Bochum anheuerte, Hochstätter verließ damals zwischenzeitlich den Fußball, arbeitete in der Finanz- und Beratungsbranche - und half unter anderem dabei, eine in Not geratene Firma für Herren-Accessoires zu sanieren.
Nun deutet sich an, dass Hochstätter erneut bei einem Traditionsunternehmen mit Sanierungsbedarf einsteigt. Der 53-Jährige ist sich der Bild zufolge mit dem Hamburger SV einig, soll die Manager-Aufgaben von Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer übernehmen - wenngleich Bochums Aufsichtsratschef Hans-Peter Villis bei der dpa am späten Dienstagnachmittag relativierte: "Christian Hochstätter hat bis jetzt noch nicht gekündigt."
Sollte sich das ändern, käme Hochstätter zu einem Job, der noch etwas komplizierter werden dürfte als die Arbeit an einer Krawattenfabrik. Wobei sich der HSV auch keinen ganz unkomplizierten Mann für diese Aufgabe ausgeguckt hat.
Hochstätter? Die Geister scheiden sich
Seit mittlerweile 17 Jahren ist der langjährige Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach im Manager-Geschäft, seine Erfolgsbilanz ist gemischt - wie auch die Meinungen derer, die es mit ihm zu tun hatten.
"Es gibt einige Menschen, über die ich nichts mehr sagen will, weil sich das nicht lohnt", sagt etwa Bochums früherer Trainer, der SPORT1-Experte Peter Neururer: "Christian Hochstätter gehört dazu."
Auch andere prominente Kollegen hat Bochums Sportchef gegen sich aufgebracht, wiederum andere schätzen den Sachverstand Hochstätters, der nicht nur den VfL auf einen guten Weg gebracht hat.
Erfolg und Ärger in Gladbach
In Gladbach etwa korrigierte Hochstätter den Abstieg von 1999 und etablierte die Fohlen wieder in der Bundesliga, Hannover 96 führte er 2008 erstmals nach fast drei Jahrzehnten wieder unter die besten Zehn.
Die Kehrseite: Beide Engagements endeten vorzeitig, vor allem in Gladbach zog Hochstätter am Ende Kritik auf sich.
Ihn verließ sowohl bei den Transfers als auch bei den Trainer-Entscheidungen das Glück: Ewald Lienen, Holger Fach und Dick Advocaat setzten sich nicht durch, Hochstätter nahm seinen Hut, war am Ende eine Hassfigur, wurde selbst beim Abschiedsspiel seines langjährigen Weggefährten Uwe Kamps ausgepfiffen.
Lienen und Pletsch schimpften
Menschliche Verwerfungen trugen zu Hochstätters Negativ-Image bei: Lienen warf Hochstätter vor, intern gegen ihn gearbeitet zu haben, weil er eigentlich lieber gleich Fach als Trainer haben wollte.
Hochstätter habe ihm "hinter meinem Rücken peu a peu das Vertrauen und die Unterstützung" entzogen und "mit fadenscheinigen Begründungen meine Arbeit und meinen Ruf als Trainer beschädigt", wetterte Lienen nach seiner Entlassung.
Der frühere Gladbacher Spieler Marcelo Pletsch ging noch weiter und beschimpfte Hochstätter als "linke Bazille". Der Sportchef hatte Pletsch suspendiert, angeblich hatte er laut ausgesprochen, dass er Hochstätters und Advocaats Entlassung herbeisehnte.
Krach auch mit Neururer
Mit Lienen hat Hochstätter sich inzwischen vertragen, Pletsch ist mittlerweile aus ganz anderen Gründen in den Schlagzeilen, der Ruf als streitbarer Charakter aber blieb Hochstätter erhalten - in Hannover, wo er 2009 einen Schlussstrich zog, als die Gespräche über eine Vertragsverlängerung nicht in Gang kamen, und eben auch in Bochum.
Dort verkrachte er sich 2014 mit Neururer, als der sich in einem öffentlichen Konflikt zwischen Kapitän Andreas Luthe und Aufsichtsratsboss Villis hinter Luthe stellte.
Der Trainer musste daraufhin gehen, Hochstätter warf ihm "vereinsschädigendes Verhalten" vor. Neururer hat es ihm nicht verziehen.
Ein harter Verhandler
In Bochum halten sie trotzdem große Stücke auf Hochstätter: Der VfL hat sich unter ihm und Neururers Nachfolger Gertjan Verbeek sportlich und gerade auch wirtschaftlich gut entwickelt.
Dem Sportchef wird ein klares Konzept, Mut zu unpopulären Entscheidungen und auch sein Geschick bei Ablöseverhandlungen attestiert: Für Angreifer Michael Gregoritsch etwa schlug der frühere Spielerberater drei Millionen Euro heraus - aus der Kasse des Hamburger SV.
Nun wird um Hochstätter selbst gepokert, es geht um die Ablöse aus Hochstätters eben erst bis 2020 verlängertem Vertrag, der keine Ausstiegsklausel hat. Gefordert sind angeblich 1,6 Millionen Euro.
Skepsis bei HSV-Fans
Ob die Investition sich lohnt?
Bei den Fans des Tabellenschlusslichts sind Zweifel herauszuhören. Als Heilsbringer werden sie den Bochumer Sportchef eher nicht empfangen, während andere die naheliegende Frage stellen, warum um alles in der Welt Hochstätter sich diesen HSV antun will.
Die Erwartungshaltung ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht allzu groß - was aber auch einen Vorteil hat: Hochstätter kann all die Skeptiker nur positiv überraschen.