Die Kritik der deutschen Friseure an "topgestylten Fußballern" während des Lockdowns grenzt für die Spielergewerkschaft VdV an Haarspalterei. "Wenn jemand gegenwärtig mit frisch gestylten Haaren auftritt, bedeutet das nicht, dass dies das Resultat eines Normenverstoßes sein muss", sagte VdV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky am Mittwoch dem SID.
Friseur-Kritik: VdV schießt zurück
Trotz des momentanen Öffnungsverbotes für Friseursalons wegen der Corona-Beschränkungen würden hinreichend Ausweichmöglichkeiten für die modebewussten Kicker existieren: "Es gibt auch innerhalb der Familie sowie innerhalb der Mannschaft und des Betreuerteams Personen, die ein Talent für Haarstyling haben."
Der Zentralverband Friseurhandwerk hatte am Dienstag in einem Offenen Brief an Präsident Fritz Keller vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) mutmaßliche Missachtungen der Corona-Vorschriften durch Bundesliga-Profis und fehlendes Bewusstsein der Spieler für ihre gesellschaftliche Vorbildrolle angeprangert.
Weil die Interessenvertretung der Coiffeure offenbar anders als Baranowsky eine Ballung von Friseurhandwerken in den Umfeldern der Profis für eher unwahrscheinlich zu halten scheint, warf der Verband den Spielern angesichts vermeintlicher Friseur-Termine trotz Lockdowns Unterstützung von Schwarzarbeit vor.
Fußball und Friseur-Affären: Ein neuer Trend?
"Einrasierte Scheitel, auf wenige Millimeter getrimmtes Nacken- und Schläfenhaar, saubere Konturen - Frisuren, die nur professionelle Friseurinnen und Friseure mit Profi-Equipment schneiden können. Frischfrisierte Fußball-Stars setzen eine gesamte Branche unter Druck: Der Unmut gegenüber topgestylten Fußballern, und in der Folge Kundenanrufe, die zu Schwarzarbeit und Regelverstößen wie Hausbesuchen überreden wollen, wächst", hieß es in dem Schreiben.
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) wollte den Brief auf SID-Anfrage nicht kommentieren. Der DFB reagierte bis Mittwochmittag nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.
Die pauschale und nicht belegte Kritik der Haarkünstler-Vereinigung weckt Erinnerungen an die Friseur-Affäre im vergangenen Frühsommer um Jungstar Jadon Sancho von Vizemeister Borussia Dortmund. Der Engländer und einige Teamkollegen hatten sich von einem privat aus Düsseldorf angereisten Starfriseur stylen lassen und dabei offenkundig durch Verzicht auf sämtliche Schutzmaßnahmen gegen das Corona-Konzept der DFL zur Absicherung der Saisonfortsetzung verstoßen.
Auf Grundlage von Fotos des Friseurs in sozialen Netzwerken belegte die DFL Sancho mit einer Geldstrafe in unbekannter Höhe, die der Offensivspieler als "absoluten Witz" bezeichnete. Inzwischen hat die Liga die Sanktionierung von Missachtungen der Verhaltenspflichten aus dem Konzept durch Spieler und andere Arbeitnehmer auf seine Klubs übertragen.