Der Transferwahnsinn im europäischen Fußball nimmt kein Ende. Hauptverantwortlich und gleichzeitig hauptbetroffen: die Top-Ligen aus England, Spanien, Frankreich, Italien und Deutschland.
Financial Fairplay 2.0: Die Ideen
Während Klubs wie Paris Saint-Germain oder Manchester City mit Hilfe von externen Geldgebern immer astronomischere Ablösesummen und Gehälter für Spieler bezahlen können, kämpfen andere um ihre wirtschaftliche Existenz.
Durch die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich leidet auch der Wettbewerb. Der finanziellen und sportlichen Ungleichheit ist sich mittlerweile auch die Europäische Fußball-Union (UEFA) bewusst.
"Wir müssen verhindern, dass sich die reichsten Klubs alle Topspieler kaufen", sagt UEFA-Präsident Aleksander Ceferin in der englischen Tageszeitung Telegraph: "Wir müssen den Status quo aufrechterhalten, in dem jedes Team die internationalen Wettbewerbe erreichen kann. Dieser Traum muss am Leben bleiben."
Laut Medienberichten aus Frankreich plant das Exekutivkomitee der UEFA deshalb sogar, noch zur neuen Saison eine Art "Financial Fairplay 2.0" einzuführen. Am 24. Mai soll in der UEFA-Zentrale in Nyon (Schweiz) über die neuen Strategien abgestimmt werden.
Ceferin tritt nach eigenen Angaben aber schon jetzt in den Dialog mit Klubs und Ligen. SPORT1 nennt die ersten Ideen, die ihm vorschweben:
- Luxussteuer
Die Einführung einer Luxussteuer hat für Ceferin schon seit seinem Amtsantritt im September 2016 Priorität.
Diese besagt: "Wenn ein Verein mehr ausgibt als nötig, muss er eine Steuer auf die Differenz bezahlen." Die Einkünfte aus dieser Steuer sollen dann wieder verteilt werden. "Wie, das müssen wir noch entscheiden", sagt der UEFA-Boss.
Eine ähnliche Abgabe gibt es bereits in den USA. Die Luxury Tax ist eine finanzielle Sonderabgabe für Teams in der NBA, welche die Gehaltsobergrenze, den sogenannten Salary Cap, überschreiten. Die Gehaltsobergrenze pro Team soll verhindern, dass eine Mannschaft sich alle Stars der Liga holen kann.
Das ist in der NBA zwar theoretisch möglich, durch die Luxussteuer aber irgendwann einfach unrentabel.
- Begrenzte Beraterprovisionen
Dass Spielerberater einen immer höheren Einfluss im Fußballgeschäft haben, zeigt aktuell der Transfer von Alexis Sanchez zu Manchester United.
Der chilenische Superstar wurde von seinem Berater Fernando Felichevic in ganz Europa angeboten, bis seine Wahl schließlich auf den Klub fiel, der ihm die beste Gage bot. Mit einem Wochengehalt von 500.000 Pfund verdient Sanchez fortan so viel wie kein anderer Fußballer in England.
"Die Situation ist jetzt am schlimmsten", sagt Ceferin und prangert das oberflächliche Lizenzierungssystem an: "Man kann - übertrieben gesagt - gleichzeitig Auftragskiller und Spielerberater sein. Es gibt keine Ausbildung dafür." Die Deregulierung des Beratermarktes sei "absolut falsch" gewesen.
"Die Berater kommen und sagen: 'Du wirst mir 50 Prozent Provision bezahlen, oder der Spieler wechselt zu einem anderen Verein'", meint Ceferin: "Oder sie sagen: 'Okay, du kaufst den Spieler - aber dann den und den und den auch noch, auch wenn du die nicht willst, und du wirst dafür die Provision bezahlen.'"
Der Lösungsvorschlag des 50-Jährigen: "Wir sollten eine Begrenzung festlegen, wie viel ein Verein einem Berater zahlen kann. Wenn ein Spieler dann so dumm ist, die Beraterprovision selbst zu zahlen, können wir nichts machen."
- Weniger Leihgeschäfte
Die UEFA spielt auch mit dem Gedanken, die Lizenzspieleranzahl eines Klubs auf 25 zu begrenzen.
Dies würde verhindern, dass mehrere Profis quer auf Leihbasis herumgereicht werden. Der FC Chelsea setzt beispielsweise seit Jahren auf diese Strategie. Aktuell hat der englische Meister 17 Akteure in verschiedenen europäischen Ligen geparkt.
"Wir müssen hier eine Balance finden", betont Ceferin und äußert sich in diesem Zusammenhang auch zu dem Trick von Paris Saint-Germain beim Transfer von Kylian Mbappe: "Als Anwalt kann ich ihnen sagen, dass es keine Rolle spielt, ob ein Spieler gekauft oder mit einer Kaufpflicht geliehen wird. Es handelt sich um einen Kauf."
PSG hatte den 19 Jahre alten Stürmer im vergangenen Sommer für eine Saison vom AS Monaco ausgeliehen. Dadurch musste der Klub die feste Verpflichtung in Höhe von 180 Millionen Euro nicht in seinem Finanzbericht für das Geschäftsjahr 2017 angeben. Die UEFA ermittelt deshalb noch gegen PSG.
- Schärfere Transferregeln
Die französische Tageszeitung Le Parisien berichtete bereits am vergangenen Samstag, dass die UEFA über eine Regel diskutiere, wonach ein Verein pro Saison nur noch 100 Millionen Euro mehr in Spielertransfers investieren darf als er einnimmt.
Zum Beispiel: Sollte Real Madrid Neymar für 400 Millionen Euro verpflichten wollen, müsste der Champions-League-Sieger im Umkehrschluss 300 Millionen Euro durch Spielerverkäufe einnehmen, um nicht gegen die FFP-Statuten zu verstoßen.
Dies dürfte den massiven Anstieg der Transfersummen zwar kaum eindämmen, den Vereinen aber die Möglichkeit nehmen, sich ein Dream-Team aus millionenschweren Stars zusammenzustellen. Sprich: Wer für viel Geld einkauft, muss auch für viel Geld verkaufen.
"Die UEFA ist tatsächlich darum bemüht, die FFP-Regularien anzupassen", sagt ein UEFA-Sprecher zu SPORT1. "Wir befinden uns aber noch im Anfangsstadium der Diskussionen mit den Stakeholdern und deshalb ist es zu früh, um über spezifische Veränderungen zu spekulieren."