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VfLBochum: Sebastian Schindzielorz über Reis, Zoller, Kehl und Aufstiegstraum

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VfLBochum: Sebastian Schindzielorz über Reis, Zoller, Kehl und Aufstiegstraum

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"Will nicht Bochums Kehl werden"

Der VfL Bochum rockt die 2. Liga und darf vom Aufstieg träumen. Vor dem Heimspiel gegen den Hamburger SV spricht Geschäfstführer Sebastian Schindzielorz bei SPORT1.
Sebastian Schindzielorz spricht über entscheidenden Feinheiten bei der Zusammenstellung des Kaders und gibt einen Ausblick auf das Spitzenspiel gegen den HSV.
Der VfL Bochum rockt die 2. Liga und darf vom Aufstieg träumen. Vor dem Heimspiel gegen den Hamburger SV spricht Geschäfstführer Sebastian Schindzielorz bei SPORT1.

Für die Verantwortlichen ist es ein Jammer. Da spielt der VfL Bochum seine beste Saison seit vielen Jahren und kein Fan darf wegen der Corona-Pandemie ins Stadion.

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Das Team von der Castroper Straße steht auf Platz 1 und darf zehn Spieltage vor Saisonende vom Aufstieg in die Bundesliga träumen. Einer der Baumeister des Erfolgs ist Geschäftsführer Sport Sebastian Schindzielorz.

Vor dem Heimspiel gegen den Hamburger SV am Freitag (Zweite Liga: VfL Bochum - Hamburger SV, ab 18.30 Uhr im LIVETICKER) spricht der 42-Jährige, der einst seine Profikarriere in Bochum begann, im SPORT1-Interview über die positive Entwicklung.

SPORT1: Herr Schindzielorz, ist das eine Traumehe zwischen Ihnen und dem VfL?

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Sebastian Schindzielorz: Es ist eine besondere Verbindung. Ich bin 1988 mit meiner Familie nach Bochum gekommen und spielte vom ersten Tag an mit meinen Brüdern in den Jugendmannschaften des VfL. Auch als ich in Köln und in Wolfsburg war, habe ich den Kontakt nach Bochum und zum Klub nie verloren. Ich kenne heute noch Mitarbeiter aus meiner aktiven Zeit. Logischerweise habe ich auch viele VfL-Fans in meinem Freundeskreis, hatte auch all die Jahre meinen Wohnsitz weiter in Bochum. Es ist wirklich sehr speziell für mich in der sportlichen Führung des Vereins tätig zu sein. Das ist eine Konstellation, die es so oft im deutschen Fußball nicht gibt.

SPORT1: Das heißt die Hymne "Bochum" von Herbert Grönemeyer können Sie im Schlaf singen.

Schindzielorz: Richtig, meine Kinder mittlerweile auch (lacht). Sie sind auch total vom VfL infiziert. natürlich durch mich. Auch, als ich für andere Klubs unterwegs war, habe ich dennoch das eine oder andere Spiel des VfL angeschaut und meine Kinder mitgenommen.

SPORT1: Ihr Karriereweg beim VfL lief sehr geräuschlos ab.

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Schindzielorz: Für mich war gut und wichtig, dass ich nach dem Ende meiner aktiven Laufbahn von Christian Hochstätter (sein Vorgänger, d. Red.) und Ansgar Schwenken (früherer kaufmännischer Geschäftsführer, d. Red.) die Chance bekommen habe, richtig hinter die Kulissen zu schauen. Ich habe viele Besprechungen mitverfolgen dürfen und die ganzen Prozesse im Hintergrund mitbekommen, auch wenn ich da noch nicht entscheidungsbefugt war. Dieser Einblick in den Maschinenraum hat mir als Ex-Profi, der viele Kabinen gesehen hat, sehr geholfen. Daneben habe mein Fernstudium Fußballmanagement zu Ende gebracht. Da bekam ich einen guten Einblick in Themen wie Controlling und Buchhaltung.

"Das war keine leichte Zeit"

SPORT1: Aber als Sie angefangen haben, lag der Verein am Boden - die Stimmung war nicht gut.

Schindzielorz: Das hat es für mich natürlich nicht leicht gemacht. Der Verein war immer ein Klub, der über dieses familiäre Gemeinschaftsgefühl kam. Zum Zeitpunkt des Wechsels hinter den Schreibtisch ging es alles andere als familiär zu. Das war keine leichte Zeit. Da ging es richtig drunter und drüber. Die sportliche Situation war damals sehr herausfordernd mit nur wenig Punkten vom Abstiegsplatz entfernt. Die größere Baustelle war eine andere.

SPORT1: Nämlich welche?

Schindzielorz: Die Wahrnehmung und die Wirkung auf die Leute. Wir hatten da ein kommunikatives Problem. Das war das größte Identitätsproblem, das der VfL in seiner Geschichte je hatte. Die große Herausforderung war, die Menschen wieder näher an den Verein heran zu bringen. Einerseits mussten Punkte gegen den Abstieg her, andererseits mussten wir die Spannungen, die sich seit Jahren aufgebaut hatten, wieder entzerren. Das war alles andere als einfach.

SPORT1: Und was kam dann auf Sie zu?

Schindzielorz: Wir hatten versucht, es strukturiert anzugehen. Einige Monate später kam Ilja Kaenzig (als Geschäftsführer Finanzen und Sprecher der Geschäftsführung, d. Red.) dazu, wir haben uns auf Anhieb super verstanden und hatten die gleiche Sichtweise auf die Dinge. Wir sind beides Typen, die traditionell unterwegs sind und teamorientiert arbeiten. Wir haben nichts Extremes in unserer Persönlichkeit. Für uns war das Thema Kommunikation ganz entscheidend. Wir wollten da alle aus der VfL-Familie ins Boot holen inklusive der ehemaligen Spieler. Wir wollten das Verständnis für die damals schwierige Situation schaffen und die Mannschaft sportlich weiterbringen, so dass man über andere Dinge sprechen kann als über den Abstiegskampf. Dadurch hat sich alles Schritt für Schritt entwickelt. Unaufgeregt zurück zum Erfolg. Wir wollten die einfachen Dinge gut machen und nichts Wildes fabrizieren.

SPORT1: Und zweieinhalb Jahre später steht der VfL auf Platz 1 der 2. Liga.

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Schindzielorz: Verrückt, oder? Die Dinge, die wir eingeleitet haben, waren nicht ganz so falsch. Wir haben jetzt eine sehr angenehme Situation und tabellarisch eine schöne Momentaufnahme, Und da wollen wir mit dem nötigen Biss auch dran bleiben und alles weiter vorantreiben.

SPORT1: Das Ziel Aufstieg können Sie nicht mehr wegreden, oder?.

Schindzielorz: Das stimmt. Aber diese Diskussion hatten wir in den vergangenen Tagen ganz extrem. Natürlich wehren wir uns nicht gegen den Aufstieg, aber fragt man andere Zweitligaspieler, dann sagen sie auch, dass sie gerne aufsteigen würden. Das hat für mich wenig Substanz. ich halte mich lieber an die sachliche Ebene. Wir befinden uns in einer extrem harten und ausgeglichenen Liga und die Spiele haben alle eine gewisse Brisanz. Es ist eine gute Situation, in der wir uns befinden und wir freuen uns darüber, aber wir müssen noch zehn Mal sehr nah an unsere 100 Prozent der Leistungsgrenze kommen.

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SPORT1: Ein Mosaikstein des Erfolgs ist sicher auch Trainer Thomas Reis. Waren Sie auch etwas überrascht, dass es so gut klappt mit ihm?

Schindzielorz: Der Cheftrainer nimmt immer eine ganz wichtige Rolle ein, weil er den meisten Einfluss auf die Jungs hat. Thomas hat das vom ersten Tag an sehr gut gemacht, auch, als von außen viel Kritik kam. Aber wir waren absolut überzeugt von ihm. Wir wollten damals keinen haben, der in einer schwierigen Phase komplett neu in den Klub kommt, sondern wollten einen Trainer mit einem kleinen Vorsprung. Der VfL hat immer schon viel Wert auf die Nachwuchsförderung gelegt und Thomas hat bei seiner vorherigen Station, beim VfL Wolfsburg, die Entwicklung von jungen Spielern begleitet, so dass viel für ihn gesprochen hat.

Paradebeispiel für Bochums Jugendförderung

SPORT1: Gut war die Entwicklung von Simon Zoller oder Armel Bella Kotchap.

Schindzielorz: Bella ist bei der Talentförderung unser Paradebeispiel. Ich erinnere mich noch gut, als ich ihn im Trainingslager im Allgäu als 16-Jährigen abgeholt habe, um ihn zum ersten Mal in die Profi-Mannschaft zu integrieren. Wir konnten dann zwei mal seinen Vertrag in harten Verhandlungen anpassen und heute ist sein Transferwert in die Höhe geschnellt. Selbiges gilt für Maxim Leitsch, dessen Vertrag wir langfristig verlängert haben, als es ihm nicht gut ging. Auch da gab es eine klare Strategie. Und Robert Zulj oder Simon Zoller haben bei uns auch zu alter Stärke gefunden und passt hervorragend in diese junge Truppe. Wir haben eigene Profile entwickelt und das große Ganze zu einem Team zusammengeführt.

SPORT1: Wie würden Sie sich beschreiben?

Schindzielorz: Ich war ein sehr mannschaftsdienlicher Spieler und sehe mich auch jetzt als Teil der Gruppe. Ich bin absolut davon überzeugt, dass du nur aus einer Gemeinschaft Kraft ziehen kannst. Empathie spielt für mich auch eine ganz wichtige Rolle. Und am Ende muss ich auch die fachlichen Skills haben, um zu wissen, wie ich alles umsetzen kann. Ich bin noch frisch in diesem Job und versuche weiter ein Lernender zu sein.

SPORT1: Sebastian Kehl hat bei Borussia Dortmund einen ähnlichen Weg wie Sie hinter sich. Vergleichen Sie sich mit ihm?

Schindzielorz: Nein. Ich kenne Sebastian sehr gut aus meiner aktiven Zeit. Wir haben zusammen in der U21 gespielt und ich habe ihn immer als extrem guten Spieler geschätzt, der eine fantastische Karriere hingelegt hat. Er ist auch ein guter Typ, sehr smart und wissbegierig. Er wird auch auf der Position als neuer Zorc einen richtig guten Weg gehen. Aber jeder muss in seinem Klub individuell mit den Dingen umgehen und seinen Charakter einbringen. Es bringt nichts nach rechts und links zu schauen. Ich will nicht Bochums Kehl werden, sondern meinen eigenen Weg finden. Das ist mir bisher ganz gut gelungen.

SPORT1: Wenn Ex-Profis Stück für Stück in die Chefetage kommen, kann das erfolgreich sein. Da gibt es einige Beispiele in der 1. und 2. Liga.

Schindzielorz: Sicher. Die Erfahrung als Profi bringt einen sicher weiter, aber das alleine reicht nicht. Man muss sich auch mit den Inhalten auskennen. Der aktuelle Fußball ist längst ein wirtschaftlicher Faktor. Der BVB und der FC Bayern sind jeweils Aktiengesellschaften, von daher sind beide Welten wichtig.

SPORT1: Am Freitag kommt der HSV nach Bochum. Die Rothosen haben wieder Probleme und drohen den Aufstieg auch im dritten Versuch zu verspielen. Wie gefährlich wird es?

Schindzielorz: Wirtschaftlich hat der HSV mit dem größten Budget die besten Möglichkeiten in der Liga. Hinzu kommt diese unfassbare Tradition. Das ist schon eine Wucht. Ich halte sie weiter für eine extrem gute Mannschaft. Gerade, wenn ich an ihren Stürmer Simon Terodde denke. Sie werden sehr schwer zu bespielen sein. Das wir nicht einfach, nur, weil sie zuletzt etwas geschwächelt haben. Wir haben ein gutes Selbstvertrauen und sehen uns in der Lage dem HSV absolut Paroli zu bieten. Ich freue mich sehr auf das Spiel.