Hallo liebe F1-Fans,
Das darf so nicht passieren
der Grand Prix in Silverstone geht gut und gerne durch als Jahreshauptversammlung der Glücksritter. (Presse: „Ein Rennen für die Ewigkeit“)
Allen voran Guanyu Zhou. Ein Angst einflößender Abflug, der Schwachstellen aufgezeigt hat in der Streckenabsicherung. Wie kann es sein, dass ein Auto über Reifenstapel hinwegfliegt, die einen Aufprall eigentlich dämpfen sollen? Wie kann ein Auto zwischen Fangzaun und Reifenstapel eingeklemmt werden, so dass der Fahrer sich nicht befreien kann?
Ich möchte nicht daran denken, was im Falle eines Feuers passiert wäre. Nicht alles im Vorfeld ist simulierbar. Der Unfall muss aber Folgen haben in der Verbesserung der Sicherungsmaßnahmen. Vor allem an dieser Stelle. Hinter dem Fangzaun standen sehr dicht auch Fotografen, Streckenpersonal und Zuschauer - herumfliegenden Teilen ausweichend. Wenn die kleiner sind, als das Zaunmuster, dann kommen die wie Schrapnell angeflogen. Das darf so nicht passieren. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Formel 1)
Halo hat sich bewährt
Die Sinnhaftigkeit von Halo muss spätestens nach diesem Wochenende klar sein. Über den Sicherheitsbügel vor dem Kopf der Fahrer darf es keine Diskussionen mehr geben! Roy Nissany würde wohl gar keine Rennen mehr bestreiten, nachdem Dennis Hauger in der Formel 2 unfreiwillig mit seinem Prema auf dem Cockpit von Nissanys DAMS geparkt hat. Dank Halo hat auch Zhou keine Kopfverletzungen davongetragen, was nach Horror-Schlittenfahrt, auf dem Kopf stehend, nahezu ein Wunder ist.
Was die Crashstrukturen der aktuellen Boliden zu leisten im Stande sind, zeigt auch der Unfall von Alex Albon. Der Williams-Kutscher muss sich vorgekommen sein wie eine Kugel in einem Flipper-Automaten. Schläge von allen Seiten, die er nicht kommen sah. Beim ersten Einschlag in die Mauer hat er beide Hände am Lenkrad. Dass da keine schwereren Hand- und Armverletzungen entstanden sind, ist ein purer Glücksfall.
Glückspilz des Wochenendes: Carlos Sainz
Carlos Sainz jr. gewinnt zum ersten Mal - in seinem 150. GP. Heiß ersehntes Ende einer langen Wartezeit - dank zahlreicher „glücklicher“ Umstände.
Schon seine Pole ist ein Lotto-Sechser. Alle, die schneller sind in der Schlussphase von Q3, müssen nach dem Dreher von Leclerc Tempo rausnehmen. Beim Abbruch nach dem ersten Rennstart darf er für den Wiederstart die Pole behalten - dank eigenwilliger Auslegung seitens der Rennleitung, was die eigenen Regeln angeht. Verstappen war schon an ihm vorbeigeflogen. Dazu kommt der angeschlagene Frontflügel des Teamkollegen Leclerc, der trotzdem schnellere Rundenzeiten hinlegen kann in weiten Phasen, gegen Ende des Rennens aber den abgelutschten Schlappen auf seinem Ferrari Tribut zollen muss.
Die Ferrari-Rennleitung hat versemmelt, ihn in Führung liegend, während der Safety-Car-Phase reinzuholen. Die Jäger Hamilton, Perez und Sainz durften reinkommen und haben ihre Trümpfe in der Schlussphase ausgenutzt. Für Sainz war die Safety-Car-Phase der Griff in den goldenen Lostopf. Ohne sie wäre Hamilton mit immer stärker werdenden Reifen der Hard-Variante wohl an beiden Ferrari vorbeigegangen. Die deutlich weicheren Softs funktionieren bei den Silberpfeilen nicht so wirklich.
Verhältnis Sainz - Leclerc in Gefahr?
Beim Restart hat Hamilton deshalb den entscheidenden Boden verloren, während Sainz an Leclerc mühelos vorbei kommt und in Führung geht. Perfekt wird das Glück von Sainz durch die überragende Abwehrarbeit von Leclerc, der sich vehement der Attacken von Hamilton und Perez widersetzt. So kann Sainz an der Spitze die entscheidende Lücke aufreißen. Wie glücklich er damit wird, die Stallorder missachtet zu haben, wird sich noch zeigen. Er hätte Leclerc durchlassen müssen, als der deutlich schneller war, hat da mit seiner Weigerung einen möglichen Ferrari-Doppelsieg gefährdet.
Das Verhältnis zu Leclerc, der gegenüber Verstappen nur sechs Punkte gut machen kann, ist zumindest vorerst mal richtig eingetrübt. Was Sainz im Moment wenig stören wird. Ich bin gespannt, wie Teamchef Mattia Binotto das in den kommenden Rennen moderiert. (DATEN: Die Fahrerwertung der Formel 1)
Auch Schumacher und Vettel vom Glück geküsst
Mick Schumacher gehört ebenfalls zu den Glücksrittern von Silverstone. Ohne Frage hat er wirklich ein gutes Wochenende hingelegt. Ob es unter normalen Umständen für seine ersten WM-Punkte gereicht hätte, sei dahingestellt. (NEWS: Was Mick fast noch zum Verhängnis wurde)
Zum einen hat ihm die extrem hohe Ausfall-Quote geholfen. Ocon und Bottas wären wohl vor ihm gewesen. Die Safety-Car-Phase hat ihn an Vettel vorbeigespült. Dazu hat er beim Start-Chaos unfassbar viel Massel, dass er nicht rausgekegelt wird. Gilt auch für seine Schlussattacken gegen Verstappen. Da finde ich es aber gut, dass er es versucht hat, und nicht auf die Variante „Sicheres-Punkte-Heimbringen“ gegangen ist.
That`s Racing! Das war allerbestes Entertainment, das wollen wir sehen!
Auch Sebastian Vettel darf sich glücklich schätzen. Ein völlig verkorkstes Qualifying bringt Startplatz 18. Im Startgetümmel rauscht er auf das Heck von Albons Williams, ohne dass sein Aston Martin in Mitleidenschaft gezogen wird. Zudem geht der Poker mit einem sehr frühen ersten Boxenstopp fulminant auf. Am Ende darf sich der Heppenheimer über sehr, sehr wichtige Punkte für das Team freuen. (DATEN: Die Teamwertung der Formel 1)
Auf alle Fälle war es ein mitreißender und spannender Grand Prix. Für die Glücklichen bleibt allerdings wenig Zeit, das auszukosten, die Verlierer und Geschlagenen brauchen nicht lange am Frust nagen, denn bereits am kommenden Wochenende geht es in der Steiermark schon weiter. (DATEN: Der Rennkalender der Formel 1)
Bis dahin, bleiben Sie gesund, und Pedal To The Metal!
Ihr Peter Kohl.