Der Brite Andy Murray hat zum zweiten Mal sein Wimbledon-Heimspiel gewonnen und seine Landsleute nach Brexit-Schock und EM-K.o. wieder aufgemuntert.
Murrays Triumph erlöst die Briten
Der Wahl-Londoner besiegte im Rasen-Mekka den Kanadier Milos Raonic (Nr. 6) mit 6:4, 7:6 (7:3), 7:6 (7:2) und holte sich seinen dritten Grand-Slam-Titel nach 2012 (US Open) und 2013 (Wimbledon).
Tränen bei Murray
Nach 2:48 Stunden verwandelte der Schotte auf dem bedeutendsten Centre Court der Welt seinen zweiten Matchball und riss erleichtert die Faust in den Himmel - danach flossen Tränen. In der Royal Box spendeten Prinz William und Herzogin Kate.
"Dank Dir hatten wir einen tollen Tag, Du hast klasse gespielt. Das war ein tolles Match zum Zuschauen", sagte die Herzogin zu ihrem "Untertan" in kurzen Hosen
Auch der mehrere Reihen darüber sitzende Boris Becker klatschte dem Lokalmatadoren anerkennend Beifall.
Der dreimalige Wimbledonsieger konnte das Finale der 130. Championships entspannt verfolgen, da sein Schützling Novak Djokovic (Serbien/Nr. 1) völlig überraschend bereits in der dritten Runde ausgeschieden war.
Murray dankt Lendl
Der 29-jährige Murray (Nr. 2) sendete nach dem Triumph auch ein Dankeschön an Ivan Lendl in seiner Box. Die ehemalige Nummer eins hatte der "Highlander" erst Mitte Juni wieder zurück in sein Team geholt. Und der Schachzug mit Lendl ging ausgerechnet beim Prestige-Turnier an der Church Road perfekt auf.
Lendl (56) hatte Murray bereits zu seinen vorherigen beiden Major-Titeln geführt. Pikant, dass neben Lendl in John McEnroe ein weiterer ehemaliger Becker-Rivale unmittelbar am Finale beteiligt war.
Der Amerikaner ist seit ein paar Wochen der "Rasen-Berater" von Raonic, der als erster kanadischer Tennisspieler in einem Grand-Slam-Finale stand. Allerdings saß "Big Mac" nicht in der Raonic-Box, sondern kommentierte den Turnier-Höhepunkt wie gewohnt für den US-Fernsehsender ESPN aus einer Kabine am Centre Court.
Raonic gelingt kein Break
Murray startete in sein drittes Grand-Slam-Finale 2016 stark und nutzte gleich seinen zweiten Breakball zur 5:3-Führung. Nach 41 Minuten holte sich der Olympiasieger von 2012 den ersten Durchgang mit einem erfolgreichen Volley. Seine Erleichterung brüllte er danach heraus.
Auch in der Folge returnierte Murray die ersten Aufschläge des 1,96-m-Hünen Raonic im Stile eines Champions und ließ selbst nur zwei Breakbälle zu, die er aber abwehrte.
Erstmals spielte Murray in einem Major-Endspiel nicht gegen Djokovic oder Roger Federer (Schweiz/Nr. 3), der im Halbfinale an Raonic gescheitert war.
"Andy, munter uns auf"
Murray, der als Kind einen Amoklauf an seiner Schule in Dunblane überlebte, hatte sich bereits 2013 zum britischen Volkshelden gemausert.
Damals hatte er die 77-jährige Wartezeit der stolzen Briten auf einen Titel bei ihrem Heim-Grand-Slam beendet, Olympiagold in London und den Davis Cup gewonnen.
Die Tageszeitung The Obsever hatte am Tag des Finals gefleht: "Bitte Andy, munter uns auf! Das Wetter ist schrecklich, das Pfund stürzt ab, die EURO ist gefloppt (nicht Wales), die Politik ist jämmerlich, der Brexit kommt, die Rezession bahnt sich an".
Sogar Cameron lächelt wieder
Der scheidende Premierminister David Cameron konnte in der Royal Box dank Murray zumindest ab und an ein wenig lächeln.
Der berühmte Henman Hill, der Stimmungshügel des Volkes in Wimbledon, war schon drei Stunden vor dem Matchgewinn fast vollständig mit Fans besetzt.
Raonic wehrte sich in seinem ersten Grand-Slam-Finale tapfer, die Krönung blieb dem 25-Jährigen aber versagt, aber er versprach: "Ich werde alles dafür geben, dass ich noch eine Chance bekomme, hierhin zurückzukehren."