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Wolles Welt: Die erste Schwimm-WM mit einem gesamtdeutschen Team

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Wolles Welt: Die erste Schwimm-WM mit einem gesamtdeutschen Team

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Kolumne: Ein deutscher Meilenstein

Vor 25 Jahren startete bei der Schwimm-WM erstmals ein gesamtdeutsches Team - und Michael Groß zum letzten Mal. SPORT1-Kolumnist Wolfgang Kleine war dabei.
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© SPORT1/Getty Images
Wolfgang Kleine
Vor 25 Jahren startete bei der Schwimm-WM erstmals ein gesamtdeutsches Team - und Michael Groß zum letzten Mal. SPORT1-Kolumnist Wolfgang Kleine war dabei.

Die Stimmung in der Münchner Olympia-Schwimmhalle war angeheizt. Eigentlich hätten diese Deutschen Meisterschaften vom 8. bis 11. November 1990 ein Jubelfest werden sollen. Es waren die ersten gesamtdeutschen Titelkämpfe nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten wenige Wochen zuvor.

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Doch die Fans aus Westdeutschland sahen eher rot, wenn vor allem die Schwimmerinnen der ehemaligen DDR ins Wasser sprangen. Sie pfiffen sie aus, weil sie in deren Augen als "Doping-Monster" gesehen wurden und möglicherweise den westdeutschen Athletinnen das Ticket zur WM 1991 in Perth "raubten".

Pfiffe in München, dafür aber dann viel Jubel wenige Wochen später in Australien. Heute vor 25 Jahren endete ein Meilenstein des deutschen Sports: Erstmals seit dem Feiertag am 3. Oktober 1990 präsentierte sich "Down under" eine gesamtdeutsche Mannschaft bei großen Welttitelkämpfen.

Ein besonderes Feeling

Den Schwimmern war es vorbehalten, ein besonderes Feeling auch in der Heimat zu erzeugen. In der Redaktion wuchs ab dem 3. Januar die Spannung schon am frühen Morgen wegen der Zeitverschiebung von sieben Stunden.

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Zuvor aber die Anrufe nach Perth: Damals technisch nicht ganz so selbstverständlich wie heute. Am anderen Ende der Telefonleitung hatte ich Gerhard Hetz. Der frühere Meisterschwimmer betreute als Trainer dort die Kölner Brustschwimmerin Alexandra Hänel. Hetz hatte als Insider ständig die neuesten News von der deutschen Mannschaft parat.

Die Fragen: Wer kann Gold holen? Wie sind die Topfavoriten Jörg Hoffmann und Michael Groß in Form? Wie ist das Verhältnis zwischen den Athleten und Trainern aus Ost und West nach den Vorkommnissen bei der DM in München und den WM-Trainingslagern? Ist es eher ein Miteinander oder ein Gegeneinander?

WM auch ein Politikum

Die WM war aus deutscher Sicht auch ein Politikum - eine Nagelprobe. Hetz damals: "Wir raufen uns zusammen." Michael Groß sagte später: "Bei dieser WM empfanden wir doch eine Euphorie."

Und die sorgte für eine Leistungsexplosion der Sportler und auch für Begeisterung bei den Fans daheim vor den TV-Geräten.

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Dafür waren zwei Athleten - einer aus Ost, einer aus West - die Stimmungsmacher: Jörg Hoffmann und Michael Groß.

Hoffmann zündet den Turbo gegen Perkins

Denkwürdig wurde Hoffmanns Duell mit dem Australier Kieren Perkins im Finale über 1500-m-Freistil.

Die beiden trieben sich von Bahn zu Bahn zu sensationellen Zwischenzeiten. Kopf an Kopf wurde gewendet. Deutsche Teamkollegen und mitgereiste Fans schrien sich die Kehle wund.

"Eine unglaubliche Atmosphäre", berichtete Hetz: "Der Vater von Perkins brüllte auf der Tribüne immer wieder seinen Sohn nach vorn: 'Go, son, go, son!' Die australischen Fans drehten fast durch.

Nur noch 100 Meter, da schaltete Hoffmann den Turbo ein. Neben den Armzügen erhöhte er die Beinschlag-Frequenz. Zentimeter um Zentimeter setzte sich der Deutsche von Perkins ab und schlug knapp vor dem Lokalmatadoren im Ziel an: Weltrekord! 14:50,36 Minuten für Hoffmann, 14:50,58 Minuten für Perkins.

Bronze holte sich der Hamburger Stefan Pfeiffer in 14:59,34 Minuten.

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Neben den 1500 Metern hatte Hofmann vor Pfeiffer auch die 400 m Freistil in 3:48,04 Minuten gewonnen.

Der letzte Auftritt des "Albatros"

Der "Albatros", wie Groß wegen seiner Reichweite genannt wurde, hatte nach seinem letzten Einzelrennen einen denkwürdigen Auftritt in der Pressekonferenz. Das Rennen über 200-m-Schmetterling hatte der Offenbacher gegen den US-Amerikaner Melvin Stewart (Weltrekord in 1:55,69) in 1:56,78 Minuten verloren.

Groß saß neben Stewart. Aber keiner fragte den neuen Weltmeister. Nur der Deutsche musste nach seinem zweiten Platz antworten. Als er dann noch erklärte, das sei das letzte Einzelrennen seiner Karriere gewesen, brachen bei den Journalisten alle Dämme.

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Über eine Stunde musste er den Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt in diesem historischen Moment Rede und Antwort stehen - auf Deutsch, Englisch und Französisch. Mit Groß verließ ein ganz Großer die Schwimm-Bühne.

Michael Groß gewann noch Silber über 100-m-Schmetterling, die DSV-Staffel führte er über 4x200-m-Freistil zu Gold und die Lagen-Staffel über 4x100-Meter zum Abschluss zur Bronzemedaille. Es war insgesamt eine großartige WM für das gesamtdeutsche Team: Platz 3 in der Nationenwertung mit vier Gold-, neun Silber- und sieben Bronzemedaillen!

Rückblickend auf die damalige Situation sagt Groß heute: "Ich wusste, dass ich eventuell noch zwei, drei Jahre hätte mitschwimmen können. Aber eine Verbesserung war für mich nicht mehr möglich. So machte ich Schluss. Ich bin dankbar, dass ich meinen letzten Auftritt noch in einem gesamtdeutschen Team erleben durfte."

Wolfgang Kleine hatte als Journalist seine Feuertaufe bei der Fußball-WM 1974 in Deutschland. Danach wurden für ihn zahlreiche Handball-Spiele, die Berichterstattung vom Leichtathletik-Europacup 1979 und die Begleitung der Tour de France 1996, 1997 sowie 1998 unvergessliche Erlebnisse. Aber eines bleibt besonders in Erinnerung: Das Wintermärchen der Olympischen Spiele 1994 in Lillehammer.