Es ist ein Tabellenbild, das sich die Fans von Borussia Dortmund nach dem 1. Spieltag der Klub-WM wohl etwas anders gewünscht hätten. Statt ihres BVB steht nach dem 0:0 zum Auftakt gegen Fluminense in Gruppe F der südafrikanische Klub Mamelodi Sundowns ganz oben.
"Dortmund hat mir die Tür nach Europa geöffnet"
Der Stolz eines ganzen Kontinents
Denn das Team von Trainer Miguel Cardoso besiegte in seinem ersten Spiel den südkoreanischen Klub Ulsan HD mit 1:0. Das Spiel sorgte angesichts der Mini-Kulisse von nur etwas mehr als 3.000 Zuschauern weltweit zwar für Negativschlagzeilen. Von derlei Nebengeräuschen ließ sich die Mannschaft aus einem Township in der Nähe von Pretoria ihre Euphorie vor dem Aufeinandertreffen mit dem BVB (Samstag ab 18 Uhr im LIVETICKER) aber nicht vermiesen.
„Es ist einfach wunderbar, Spieler mit dieser Qualität in unseren Reihen zu haben”, lobte Cardoso sein Team überschwänglich. Zu diesen Spielern zählt auch ein Akteur mit BVB-Vergangenheit. Tashreeq Matthews wechselte einst als 18-Jähriger von Ajax Cape Town, der zu Ajax Amsterdam gehörenden Jugendakademie, nach Dortmund und lief dort für die U19 und die zweite Mannschaft des BVB auf.
Nun, sechseinhalb Jahre später, trifft er erstmals auf seinen Ex-Klub, bei dessen Profimannschaft ihm der Durchbruch nicht gelang. Dennoch blickt der linke Flügelspieler alles andere als enttäuscht auf seine Zeit bei Borussia Dortmund zurück, die von zahlreichen Leihen zu niederländischen und schwedischen Klubs geprägt war.
Matthews über BVB: „Ein ganz besonderes Spiel“
„Es ist ein besonderes Spiel für mich – Dortmund hat mir damals die Tür nach Europa geöffnet“, berichtete Matthews vor dem Spiel bei ESPN. „Als ich die Auslosung sah, war ich sofort begeistert. Ich will zeigen, was ich gelernt habe.“
Ob er gegen seinen ehemaligen Klub von Beginn an ran darf, ist jedoch nicht sicher. Gegen Ulsan wurde er erst in der 65. Minute eingewechselt. Trainer Cardoso hat - an afrikanischen Standards gemessen - eine große Auswahl an starken Spielern zur Verfügung.
Einer von ihnen ist Linksverteidiger Divine Lunga, der selbstbewusst ins Spiel gegen den BVB geht. „Wir sind vielleicht der Außenseiter, aber die Leute kennen uns jetzt, sogar die Verantwortlichen und Spieler von Borussia Dortmund“, sagte er: „Ich habe neulich ein Interview gelesen, in dem ihr Trainer über uns gesprochen hat.“
Kobel mehr wert als der gesamte Kader von Mamelodi
Auch wenn die finanziellen Möglichkeiten mit denen der Schwarz-Gelben nicht zu vergleichen sind und allein Dortmunds Torhüter Gregor Kobel laut Transfermarkt.de mehr wert ist als der gesamte Mamelodi-Kader, gehören die Sundowns im afrikanischen Klubfußball zu den großen Kräften.
Die Sundowns sind nicht nur Serienmeister ihres Landes, sondern haben 2016 auch die afrikanische Champions League gewonnen. In diesem Jahr unterlagen sie in der Königsklasse erst in den Finalspielen dem Pyramids FC aus Ägypten mit 1:1 und 1:2.
Die wirtschaftliche und sportliche Kraft hinter dem Klub ist die Familie Motsepe. Vorsitzender Tlhopie Motsepe ist nicht nur der Sohn des Kontinentalverbandspräsidenten Patrice Motsepe. Er verfolgt eine besondere Vision. „Wir wollen nicht nur die Besten in Afrika sein, sondern ein Symbol für die Gemeinschaft, besonders in den Townships, die oft vergessen werden“, sagte er. Das soziale Engagement ist tief in der Klubphilosophie verankert.
Deshalb heißt das Team „The Brazilians”
Dass die Sundowns „The Brazilians“ genannt werden, liegt nicht nur an ihren gelb-grünen Vereinsfarben, die bewusst an die brasilianische Nationalmannschaft angelehnt sind. Ihr Spielstil ist von technisch versiertem, offensivem Fußball geprägt, der sowohl in Südafrika als auch auf dem ganzen afrikanischen Kontinent bewundert wird. Diese Kombination aus Stil und Erfolg ist ein zentrales Element der Identität des Klubs.
Der Portugiese Cardoso, der seit Dezember vergangenes Jahres die Sundowns trainiert, hat den Klub mit einer Mischung aus europäischer Taktik und afrikanischem Flair weiterentwickelt. Er fordert von seiner Mannschaft eine „clevere“ Herangehensweise, die offensive Kreativität mit defensiver Stabilität verbindet. „Disziplin ist die Brücke zwischen Zielen und Erfolgen“, betonte Cardoso in The Athletic. Sein Ziel ist es, die „Elite-Mentalität“ zu fördern, die er in europäischen Topklubs erlebt hat.
Co-Trainer Rhulani Komphela ergänzte bei Baynews: „Wir haben viel gearbeitet, um die Balance zwischen Angriffslust und taktischer Reife zu finden. Diese Klub-WM ist eine Chance, uns auf höchstem Niveau zu präsentieren und zu zeigen, was afrikanischer Fußball leisten kann.“
Dass mit dem BVB aber ein ganz anderes Kaliber als zum Auftakt mit Ulsan wartet, ist dem Trainerteam auch bewusst. „Die große Herausforderung wird sein, das Spiel mit dem Ball zu kontrollieren. Wenn wir das nicht schaffen, wird es sehr schwer für uns”, warnte Cardoso.
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mit Sport-Informations-Dienst (SID)