Eigentlich wäre dieser Graziano Pelle ja auch einer für den FC Bayern gewesen.
Pelle-Irrsinn: Chinas nächste Stufe
Ein treffsicherer Stürmer, groß, im besten Fußballeralter, Italiener - ein Typ, wie es vor zehn Jahren Luca Toni war. Und durchaus auch mit dem Potenzial, auf ähnliche Weise umschwärmt zu werden von den Münchnerinnen und Münchnern.
Gut, ist jetzt nicht das entscheidende Kriterium im Scouting-System von Bayerns Transferguru Michael Reschke. Aber gepasst hätte es schon, Bayern sucht ja auch gerade einen tauglichen Backup-Angreifer für Robert Lewandowski.
Die Frage "Warum nicht Pelle?", sie wäre wohl irgendwann aufgekommen in diesen nachrichtenarmen Wochen nach dieser EM. Wenn Italiens Überraschungs-Star des Turniers sich jetzt nicht für einen ganz anderen Karriere-Weg entschieden hätte.
40 Millionen in zweieinhalb Jahren für Pelle?
Den 30-Jährigen zieht es vom FC Southampton zu Shandong Luneng in die chinesische Metropole Jinan. Und auch wenn diese Augsburg als Partnerstadt und ihr Klub Felix Magath als Trainer hat: Auf die Toni-Tradition kann Graziano Pelle sich mit diesem Wechsel nicht mehr berufen.
Wieso zieht es einen Fußballer, der gerade europaweit auf sich aufmerksam gemacht hat, jetzt an den östlichen Rand Chinas, 19 Flugstunden von der apulischen Heimat entfernt? Zu einem Klub, über den sein künftiger Nationaltrainer Giampiero Ventura sagt, dass es für Pelle dort um einiges schwieriger werden wird, sich für das Nationalteam zu empfehlen?
Die Antwort: Liegt recht klar auf der Hand, wenn man den Gerüchten über den Transfer Glauben schenkt. 40 Millionen Euro sollen in Jinan für Pelle zu verdienen sein. In zweieinhalb Jahren. Damit avanciert er nach Berechnungen der Daily Mail zum am fünftbesten bezahlten Kicker auf dem Globus.
Durchaus nachvollziehbar, dass Pelle bei so einem Angebot die Fußballromantik Fußballromantik sein lässt. So wie es immer mehr prominente Fußballer im vergleichsweise jungen Alter tun.
Immer mehr Stars nach China
Im vergangenen Winter wechselten Jackson Martinez von Atletico Madrid und Ramires vom FC Chelsea in die Chinese Super League, in diesem Sommer Hulk und der frühere Freiburger Papiss Demba Cisse, der künftig an Pelles Seite für Magaths Klub stürmen wird. Anthony Ujah verließ Bremen für Liaoning FC.
Und immer häufiger stehen in Transfergerüchten Vereinsnamen wie Shanghai SIPG, Guangzhou Evergrande und Jiangsu Suning als potenzielle Interessenten.
Es ist ein Trend zu beobachten, kein ganz neuer: Es ist bekannt, dass Staatspräsident Xi Jinping Chinas Fußball auf Weltklasse-Niveau gehoben sehen will. Und dass die Mächtigen im Land in diesem Sinne viel Geld locker machen - für Spieler, Trainer und Know-how, aber auch für Investments in europäische Topklubs wie Manchester City und Inter Mailand.
Hinter Pelles neuem Klub etwa steht die Luneng Group, ein Subunternehmen des weltgrößten Stromkonzerns SGCC (State Grid Corporation of China).
Mehr als nur ein Alterssitz
Das neue Faible von Chinas Mächtigen für den Fußball führt dazu, dass ihre Super League schon jetzt mehr ist als die Major League Soccer in den USA oder die diversen Ligen am Golf, in denen sich die Pirlos, Gerrards und Xavis dieser Fußballwelt ihren nahenden Ruhestand vergolden lassen.
In China ist so viel Geld zu verdienen, dass auch jüngere Größen schwach werden. Nicht die Messis und Ronaldos, sehr wohl nun aber auch mal ein Graziano Pelle.
Ein EM-Star, der zwar eigentlich noch eine gute Rolle bei einem ambitionierten Champions-League-Klub spielen könnte.
Der aber vielleicht doch nur einmal im Leben das Angebot bekommt, 40 Millionen Euro in zweieinhalb Jahren zu verdienen.