Das Warten geht weiter: Die FIFA-Ethikkommission hat auch bis zum zweiten Morgen nach Bekanntwerden des Strafverfahrens gegen Joseph S. Blatter (79) keine Sanktionen gegen den Präsidenten des Weltverbands oder UEFA-Boss Michel Platini (60) ausgesprochen.
Ethikkommission ermittelt gegen Blatter
Eine "Schutzsperre", wie sie durch den "Fall Beckenbauer" in Deutschland bekannt geworden war, wird damit unwahrscheinlicher.
Nach Informationen des Sport-Informations-Dientses SID hat die Untersuchungskammer der Kommission ihre Ermittlungen unmittelbar nach dem "Blatter-Beben" am Freitag aufgenommen.
Blatter als Beschuldigter vernommen
Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte das Verfahren gegen den FIFA-Boss wegen des "Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie - eventualiter - wegen Veruntreuung" am Donnerstag eröffnet, Blatter wurde als Beschuldigter vernommen. Platini, Chef der Europäischen Fußball-Union (UEFA), soll von Blatter eine "treuwidrige Zahlung" in Höhe von zwei Millionen Schweizer Franken erhalten haben soll. Beide wiesen die Vorwürfe zurück. (Pressestimmen zum Fall Blatter)
Offiziell äußern kann sich die Ethikkommission kurioserweise auch wegen einer Entscheidung von Freitag erst zu endgültigen Entscheidungen: Das FIFA-Exekutivkomitee mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hatte die Lockerung des "Schweigeparagraphen" 36 im Ethikcode verschoben.
Zu laufenden Verfahren kann deshalb keine Auskunft erteilt werden. Federführend bei den Ermittlern der Ethikkommission ist wahrscheinlich Djimrabaye Bourngar aus dem Tschad, weil der Vorsitzende der Untersuchungskammer, Cornel Borbely, wie Blatter Schweizer ist.
Der im Fall führende Ermittler der Ethikkommission kann bei einem hinreichenden Verdacht unmittelbar eine Sperre gegen den Untersuchten beantragen.
Sperre gegen Beckenbauer 2014
Franz Beckenbauer wurde vor der WM 2014 zunächst provisorisch für 90 Tage für alle Aktivitäten im Fußball gesperrt, weil er auf Fragen der Kommission nicht geantwortet hatte. Später wurde die Sperre aufgehoben.
Fehlen ausreichende Beweise, folgen Anhörungen und Verhandlungen, die möglichen Sanktionen werden durch den Chef der rechtsprechenden Kammer, den deutschen Richter Hans-Joachim Eckert (München), ausgesprochen.
Als Ende Mai in Zürich sieben FIFA-Funktionäre verhaftet worden waren und die US-Anklage gegen insgesamt 14 Personen bekannt wurde, hatte die Ethikkommission noch am gleichen Tag reagiert und elf davon provisorisch für alle fußballrelevanten Tätigkeiten gesperrt.