Dass die Handball-Weltmeisterschaft nicht im deutschen Fernsehen zu sehen ist, schlug hohe Wellen und sorgte für Verstimmung bei vielen Handball-Fans. Erste Folgen werden nun zum Ende der Vorrunde langsam messbar: So gibt es eine Zielgruppe von im Schnitt 3,5 Millionen Zuschauern, die die Spiele des DHB-Teams nicht verfolgt.
TV-Blackout: Fans wenden sich ab
Die nackten Zahlen: Das Auftaktspiel gegen Ungarn verfolgten 600.000 Zuschauer in der Spitze, während gegen Außenseiter Chile nur 486.000 Zuschauer in der Spitze mitfieberten. Einen leichten Anstieg gab es wieder gegen Saudi-Arabien mit 529.000 Zuschauern. Den bisherigen Bestwert stellte jedoch die Partie gegen Weißrussland am Mittwochabend mit 610.000 Zuschauern in der Spitze auf.
Doch die Zahlen der Vorrunde entsprechen nur einem Bruchteil dessen, was man im Free-TV erreichen hätte können. Zum Vergleich: Bei der EM 2016 hatte alleine das schwächste deutsche Vorrunden-Spiel 3,8 Millionen Zuschauer - im Schnitt.
DKB zieht positives Fazit
Die DKB zieht nach den ersten vier Vorrundenspielen des DHB-Teams dennoch ein positives Fazit. "Sehr zufrieden" sei man mit den Abrufzahlen der Streams, teilte das Unternehmen auf SPORT1-Nachfrage mit.
Auch DHB-Vizepräsident Bob Hanning äußerte sich bei SPORT1 zufrieden: "Wir alle hätten das Turnier gerne im frei empfangbaren Fernsehen gesehen. Aber wir sind mit den Abrufen der Livestreams sehr zufrieden. Und ich gehe davon aus, dass sich das jetzt noch einmal deutlich nach oben entwickelt."
Kurt Aimiller, Leiter Medienforschung bei SPORT1, teilt die Meinung von DKB und DHB: "Um die 500.000 Zuschauer ist sehr viel für einen Livestream. Eine Livestreamübertragung ist vergleichbar mit einer Übertragung im Pay-TV."
Vier Millionen Zuschauer seien mit einem Livestream nicht zu erreichen, erst recht nicht bei der Sportart Handball: "Der durchschnittliche Handball-Zuschauer ist um die 50 bis 60 Jahre alt, die tun sich schwer mit dem Internet."
Und so wird es wohl auch bei den kommenden WM-Spielen eine Gruppe von 3,5 Millionen potentiellen Handball-Zuschauern, die die Spiele nicht sehen, geben.
Gefühl der Bedeutung fehlt
Das ist auch durch ein anderes Phänomen erklärbar. Durch eine Übertragung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gewinnt ein Event aus Sicht des TV-Zuschauers viel mehr an Bedeutung.
"Das läuft im Free-TV, das muss wichtig sein", denken laut Aimiller die Leute - und bleiben beim Zappen dran.
So ist es erklärbar, dass zum Beispiel auch bei der WM 2011 die Einschaltquoten im Schnitt um 4 Millionen lagen.
Das Kreditinstitut DKB hatte vor der WM überraschend die Übertragungsrechte für die WM erworben. Deutsche Sender konnten im Vorfeld des Turniers keine Einigung mit Rechteinhaber beIN Sports erzielen. Für SPORT1 bestand zu keinem Zeitpunkt eine Chance auf die Rechte der Handball-WM.