Der Weltmeister wackelte bedenklich, aber er fiel nicht: Deutschland ist trotz einer durchwachsenen Abwehrleistung mit einem Sieg in die EM in Frankreich gestartet.
Schweinsteiger vollendet Auftaktsieg
Shkodran Mustafi mit seinem Treffer in der 19. Minute, Torhüter Manuel Neuer mit Glanzparaden und Jerome Boateng mit einer spektakulären Rettungstat verhalfen der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw zu einem schmeichelhaften 2:0 (1:0) gegen die Ukraine.
Den Sieg sicherte der kurz zuvor eingewechselte Bastian Schweinsteiger in der dritten Minute der Nachspielzeit. Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) blieb damit auch im zwölften Auftaktspiel bei einer EM-Endrunde ungeschlagen. (EM-Torjäger)
Löw wahrt Weiße Weste in Auftaktspielen
Für Löw war es bei seinem fünften Turnier als Cheftrainer auch der fünfte Sieg im ersten Spiel. Am Donnerstag geht es im Stade de France in St. Denis gegen Polen bereits um den Sieg in der Gruppe C. Die Polen hatten zuvor EM-Neuling Nordirland 1:0 (0:0) besiegt. (Ergebnisse und Spielplan der EM)
Der Weltmeister muss sich allerdings gewaltig steigern, vor allem in der Abwehr. Gegen die Ukraine wirkte die deutsche Elf mit ihrer neuformierten Hintermannschaft bisweilen völlig unsortiert. Die flinken Ukrainer brachten Boateng und seine Nebenleute Benedikt Höwedes, Mustafi und Jonas Hector mehrfach gehörig ins Schwitzen.
Neuer, einer artistischen Einlage des starken Boateng und der Abschlussschwäche der Ukrainer war es zu verdanken, dass das Gegentor ausblieb. In der zweiten Halbzeit war die Hintermannschaft stabiler, aber auch im Spiel nach vorne sah Deutschland selten weltmeisterlich aus. (Das Spiel im TICKER zum Nachlesen)
Götze als einzige Spitze blass
Mario Götze, der den Vorzug vor Mario Gomez erhalten hatte, fehlte die Bindung zum Spiel. Thomas Müller konnte sich nicht in Szene und Mesut Özil nicht die erhofften Akzente setzen - bis zur 86. Minute, als er alleine vor Pjatow scheiterte.
Einzig Toni Kroos gelang es hin und wieder, für Ordnung und Gefahr im Spielaufbau zu sorgen. Sein Fernschuss touchierte die Querlatte (52.).
Die größte Baustelle war die Abwehr. Löw hatte die letzte freie Stelle in seiner Anfangself mit Höwedes besetzt. Bei der WM 2014 hatte der Bundestrainer den Schalker als Linksverteidiger aus dem Hut gezaubert, nun spielte er rechts. Mustafi übernahm dafür nach dem Ausfall von Antonio Rüdiger die Position von Mats Hummels neben Boateng.
Schnell war offensichtlich: Die Abstimmung stimmte nicht, das galt allerdings auch für Angriff und Mittelfeld.
Neuer rettet mit zwei Glanzparaden
Höwedes kam gleich mal zu spät, als Jewgeni Konopljanka in der vierten Minute abzog und Neuer, der als Kapitän auflief, eine Glanzparade gegen den Schuss aus rund 16 Metern zeigen musste.
Sein weltmeisterliches Können musste Neuer noch ein weiteres Mal unter Beweis stellen: Bei einem harten Schuss von Jewgeni Chatscheridi aus kurzer Distanz riss er gerade noch die rechte Faust hoch und lenkte den Ball über die Latte (27.).
Im Spiel nach vorne war die deutsche Mannschaft zunächst uninspiriert, die beste Chance hatte nach Vorarbeit von Julian Draxler und Thomas Müller noch Hector (13.), der Kölner traf den Ball nicht richtig.
Mustafi feiert Tor-Premiere
Dafür gelang Mustafi ein wunderbarer Kopfball nach einem Freistoß von Toni Kroos - das Resultat war sein erster Treffer im elften Länderspiel. Sami Khedira hätte die Führung ausbauen können (29.), scheiterte nach Vorlage von Kroos aber am aufmerksamen Torhüter Andrej Pjatow.
Noch eine Spur artistischer als die Paraden von Neuer war die Rettungstat von Boateng, der in der 37. Minute sein eigenes Eigentor verhinderte - im Rückwärtsfallen schlug er den Ball von der Torlinie.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar: Mit diesen Ukrainern war nicht zu spaßen - und nur zwei Minuten später hatte Deutschland noch einmal Glück, ein Treffer der Ukraine wurde wegen Abseits aberkannt.
Deutsche Hooligans greifen Ukrainer an
Vor dem Spiel hatten deutsche Hooligans ein schlechtes Licht auf die Bundesrepublik geworfen. Mehr als 50 Krawallmacher griffen gegen 17.30 Uhr in Lille in der Nähe des Bahnhofs ukrainische Fans an.
Und das ausgerechnet an dem Tag, an dem auf Einladung des DFB Daniel Nivel im Stadion saß, jener Polizist, den 18 Jahre zuvor deutsche Hooligans fast zu Tode geprügelt hatten - im 30 Kilometer entfernten Lens.