Es sollte ein Fußballspiel als "Symbol für Freiheit und Demokratie" werden, doch der Sport musste sich dem Terror beugen: Vier Tage nach den Anschlägen von Paris ist das Fußball-Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande am Dienstag knapp anderthalb Stunden vor dem geplanten Anpfiff aus Sicherheitsgründen wegen einer "konkreten Gefährdungslage" abgesagt worden.
"Die Terrorgefahr ist erheblich"
Im exklusiven SPORT1-Interview spricht DFB-Interimspräsident Rainer Koch über die Gründe für die Absage und äußert sich zu den Folgen für den kommenden Bundesliga-Spieltag.
SPORT1: Herr Dr. Koch, wie fühlen Sie sich kurz nach Mitternacht in Hannover?
Koch: Sehr angestrengt, vor allem aber bin ich tief-traurig über die - allerdings unzweifelhaft zwingende - Spielabsage. Wir sind alle - und nicht nur hier in Hannover - unendlich erleichtert, dass bislang nichts passiert ist, keine Opfer von Terrorakten zu beklagen sind.
SPORT1: Wie haben Sie die Minuten kurz nach der Absage erlebt und welche Gedanken sind Ihnen durch den Kopf gegangen?
Koch: Ich war im Gespräch mit zwei Ministerinnen aus den Niederlanden, als die Nachricht einging. Mit Dr. Reinhard Rauball bin ich dann sofort ins niedersächsische Innenministerium gefahren, wo Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius bereits vor Ort waren, um mit den Spitzen der Polizei die Lage zu sondieren.
SPORT1: Auf der Pressekonferenz hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière die deutsche Bevölkerung um einen Vertrauensvorschuss gebeten, ist nicht konkret auf den Grund der Absage eingegangen. Heißt: Es muss sich um eine neue Dimension handeln?
Koch: Terrorbekämpfung setzt grundsätzlich Vertrauen in die Kompetenz und Handlungsfähigkeit unserer Sicherheitskräfte voraus. Einsatztaktiken und Hinweisquellen dürfen auf keinen Fall bekannt gegeben werden, möchte man auf sie auch in der Zukunft noch zurückgreifen können. Noch einmal: Die heutige Spielabsage war aus meiner Sicht zweifelsfrei berechtigt. Es war unabdingbar die Begegnung abzusagen.
SPORT1: Wie besorgniserregend ist die aktuelle Terror-Entwicklung - nicht nur für den Sport?
Koch:Ich sehe die Terror-Entwicklung als sehr besorgniserregend an. Die Terrorgefahr in Deutschland ist erheblich, wie auch der Bundesinnenminister heute dargelegt hat. Das hat natürlich Auswirkungen auf die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen für Großveranstaltungen. Wir müssen aber alles daran setzen, dass diese weiterhin möglich bleiben.
SPORT1: Welche Schritte werden Sie ab morgen früh, Mittwoch, einleiten?
Koch: Wir werden in Ruhe die anstehenden notwendigen Schritte analysieren. Dazu ist zunächst einmal unser DFB-Sicherheitsbeauftragter Hendrik Große-Lefert mit seinem Team gefragt.
SPORT1: Noch kurz zum kommenden Bundesliga-Spieltag. Dr. Reinhard Rauball hat betont, dieser müsse stattfinden.
Koch: Ich stimme Dr. Rauball zu. Wir müssen alles daran setzen, für die notwendige Sicherheit zu sorgen, um sportliche Großereignisse weiter durchführen zu können.