Der 2:1-Sieg des BVB bei Sporting Lissabon hatte viele Geschichten. Etwa die des Teenager-Trios Christian Pulisic, Felix Passlack und Dzenis Burnic, das in der hitzigen Schlussphase kühlen Kopf behielt. Oder die unfassbare Verletzungsmisere, die schon fast biblische Ausmaße annimmt.
Die neue Facette des Dortmunder Juwels
Überstrahlt wurden diese Geschichten durch einen Akteur, der ausgerechnet im Hexenkessel des Estadio Jose Alvalade XXI eine völlig neue Komponente in seinem Spiel erwarb: Julian Weigl, ansonsten "nur" als Passmaschine und Mittelfeldstratege bekannt, verdingte sich nun auch noch als Torschütze.
62 Pflichtspiele hatte er gebraucht, um diesen besonderen Moment auskosten zu dürfen. "Ich weiß gar nicht, was ich genau gemacht habe", sprudelte es aus ihm heraus. "Es war dann einfach instinktiv. Mein letztes Tor war irgendwann in der U19."
Bestwerte in (fast) allen Bereichen
Dass er so lange auf seinen ersten Treffer warten musste, brachte ihm aber auch den Spott der Teamkollegen und von seinem Trainer ein. "Ein Tor hatte er schon zuvor geschossen, im Abschlusstraining in Saloniki. Das haben wir auf Video. Das war so besonders, dass ich mich heute noch daran erinnere", frotzelte Trainer Thomas Tuchel.
Der Dortmunder Coach weiß jedoch ganz genau, was er an seinem Juwel hat.
Mal wieder hatte der 21-Jährige das Dortmunder Spiel geordnet, die mit Abstand meisten Pässe geschlagen (90), die geringste Fehlpassquote aufgewiesen (8,2 Prozent) und die meisten Zweikämpfe geführt (21). Unverzichtbar war Weigl bereits in der vorigen Saison, nun ist er nicht mehr aus dem BVB-Spiel wegzudenken. (Teenie-Notnägel werden zu Männern)
Fehlpässe sind ein Fremdwort
In der Bundesliga sucht seine geringe Fehlpassquote ihresgleichen. Von 452 Pässen, die Weigl bisher spielte, kamen 414 beim Mitspieler an, was eine sagenhafte Quote von 91,6 Prozent ergibt.
Fast schon logisch, dass die Borussia möglichst schnell mit ihrem Wunderknaben verlängern will, und offenbar beste Chancen dazu hat. "Wir wollen der hervorragenden Entwicklung von Julian Folge leisten und haben den Wunsch, ihn langfristig an unseren Verein zu binden", sagte BVB-Manager Michael Zorc der Bild.
Weigls aktuelles Gehalt wird auf etwa 1,5 Millionen Euro im Jahr geschätzt. Mit dem nächsten Vertrag könnte er wohl satte vier Millionen Euro verdienen. "Wir sind aber nicht unter Zeitdruck", fügte Zorc an. "Weil er sich extrem wohl bei uns fühlt."
Inter-Spione vergeblich in Hamburg
Nichtsdestotrotz saßen jüngst beim 3:0-Sieg der deutschen Nationalelf gegen Tschechien in Hamburg Scouts von Inter Mailand auf der Tribüne, um sich ein Bild von Weigl zu machen - auch wenn der Mittelfeldspieler nicht zum Einsatz kam.
Es ist jedoch nicht schwer vorherzusagen, dass Weigls Weg zumindest mittelfristig als Stammspieler in der DFB-Elf vorgezeichnet ist.
Bis es soweit ist, wird er längst über die Konsequenzen seines Debüttreffers hinwegkommen sein. "Egal was ich ausgeben oder machen muss, ich werde es machen", sagte er schmunzelnd.