Manchmal sind es einfache Zahlen, die zeigen, welchen Zwängen der FC Bayern unterliegt.
Bayern steckt im Katar-Dilemma
In diesem Fall sind es Millionen. Genauer gesagt: Millionen aus Katar. Die Scheichs überweisen jedes Jahr ein üppiges Sümmchen nach München.
Zwischen fünf und sieben Millionen Euro heißt es branchenintern. So viel Sponsorengeld kassiert der Klub seit Anfang 2016 für seinen Deal mit dem "Hamad International Airport" in Doha.
Weil die Bayern-Stars das Logo des Flughafens inzwischen auch bei Bundesliga-Spielen auf ihren Trikotärmeln tragen, legen die Geldgeber seit dieser Saison ein paar Millionen obendrauf.
Bayern-Fans sauer wegen Katar-Reise
In der Sprache des Rekordmeisters nennt man so eine Geschäftsbeziehung "Platin-Partnerschaft". Dafür verpflichtet sich der Klub zu einer jährlichen Stippvisite am Golf.
Zur Vorbereitung auf die anstehende Rückrunde ist der Bayern-Tross erneut nach Doha aufgebrochen. Die Reise ist in vielerlei Hinsicht ein Dilemma.
Die politischen Nebengeräusche sind das Eine. Selbst eigene Anhänger protestieren dagegen, dass die Münchner seit 2011 ausgerechnet in einem Land Quartier beziehen, in dem Arbeiter ausgebeutet und Menschenrechte vielerorts außer Kraft gesetzt werden.
Von diesen Vorwürfen wird sich der Verein wohl solange nicht befreien können, bis er sich ein Domizil in einer unbelasteteren Region sucht.
Daher verwies Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vor dem Abflug explizit auf den Segen von höchster politischer Stelle.
Von Außenminister Sigmar Gabriel sei ihm bestätigt worden, sagte Rummenigge, "dass sich die Situation der Arbeiter in Katar durch den Fußball verbessert habe". Was auch immer das heißen sollte.
Nach Katar kam das Wolfsburg-Debakel
Unabhängig davon stellt sich die Frage, wie sinnvoll der Trip aus sportlicher Sicht ist. Als einziger Bundesligist reist der FC Bayern in eine andere Zeitzone.
Für sechs Tage. Dabei hatten die Winter-Trainingslager in Doha zuletzt auch schon mal den Charakter eines Regenerationskurses.
Im zweiten Jahr unter Pep Guardiola hatten sich die verletzungsgeplagten Stars mühevoll in die Winterpause geschleppt - ähnlich wie zuletzt unter Jupp Heynckes.
An ernsthaftes Training war in Katar kaum zu denken. Es ging darum, die Strapazen der Hinrunde zu verdauen. Als dann die Rückrunde losging, kassierte der Tabellenführer eine krachende 1:4-Pleite in Wolfsburg.
Viel anderes wird Heynckes in diesem Jahr auch nicht machen können. Am Donnerstag gewährte er seinem Team nach "vier sehr harten Einheiten" einen freien Nachmittag - wohl wissend, dass seine Spieler ähnliche Blessuren beklagen wie seinerzeit unter Guardiola.
Viele Verletzte
Robert Lewandowski schleppt sich seit Wochen mit Schmerzen an der Patellasehne über den Platz. Er droht für den Rückrundenauftakt gegen Leverkusen in einer Woche ebenso auszufallen wie Mats Hummels.
Den Nationalspieler zwicken die Adduktoren. "Es sind nur noch sieben Tage. Das kann ich mir schlecht vorstellen", sagte Hummels mit Blick auf seine Einsatzchancen gegen Leverkusen.
Mittelfeld-Stratege Thiago (Muskelteilriss im Oberschenkel) ist erst gar nicht mitgeflogen. Bevor alle Akteure fit sind, ist die Mannschaft längst nach Hause zurückgekehrt.
Heynckes wehrt sich gegen PR-Tour
Dass die Bayern nicht länger in Doha verweilen, hat der Trainer höchstselbst entschieden. "Es wird gemacht, wie ich es möchte", sagte Heynckes schon kurz nach seinem Amtsantritt. "Zehn Tage werden es nicht sein."
Heynckes ist niemand, der sportlichen Erfolg kommerziellen Zwecken opfert. Es war gefühlt das erste Mal, dass sich jemand ernsthaft der kostspieligen PR-Tour zu den Scheichs erwehrt hat.
Der FC Bayern wird sich auf absehbare Zeit zwar weiterhin in Doha auf die zweite Saisonhälfte vorbereiten.
Inwieweit Heynckes' Veto aber zumindest aus sportlicher Sicht ein erster Ausweg aus Bayerns Katar-Dilemma sein kann, hängt auch von einem erfolgreichen Start in die Rückrunde ab.