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Bundesliga: Thomas Tuchel wird bei Borussia Dortmund zum Außenseiter

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Bundesliga: Thomas Tuchel wird bei Borussia Dortmund zum Außenseiter

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Plötzlich isoliert: Tuchels Kampf um seinen Ruf

Das Image des schwierigen Typen ist für Tuchel nicht neu. Bisher aber wurde die Kritik unter der Ladentheke gehandelt. Nun wird sie öffentlich - und zum Problem für den Coach.
Die öffentlichen Diskussionen um seine Person setzen BVB-Trainer Thomas Tuchel offenbar zu. Im Training wirkt er in sich gekehrt und grübelnd. Entscheidende Wochen für den weiteren Karriereverlauf des Taktik-Tüftlers.
Stefan Moser
Das Image des schwierigen Typen ist für Tuchel nicht neu. Bisher aber wurde die Kritik unter der Ladentheke gehandelt. Nun wird sie öffentlich - und zum Problem für den Coach.

Um als Person öffentlich gebrandmarkt zu werden und ins Abseits zu geraten, reicht ein einziger zentraler Gedanke: Er ist keiner von uns.

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Ist diese Botschaft erst einmal angekommen, läuft der Rest von ganz allein. Dann kommen Worte auf die Waagschale, Lebensläufe unters Mikroskop, werden Methoden und Charakterzüge unter der neuen Perspektive umgedeutet.

Und so muss Thomas Tuchel, Trainer von Borussia Dortmund, gerade in Echtzeit miterleben, wie ein Bild von ihm gezeichnet wird, das ihn innerhalb der BVB-Gemeinde plötzlich als isolierten Außenseiter darstellt.

Schritt für Schritt wird der Neue dabei zum Fremden, der Kluge zum Besserwisser, der Feingeist zum Schwätzer und die einst starke Persönlichkeit wird zum Quertreiber und Erbsenzähler.

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Kritik wird öffentlich

Das Image des eigenwilligen Typen ist für Tuchel nicht ganz neu, bislang aber wurde derartige Kritik eher unter der Ladentheke gehandelt.

Anders in den letzten Tagen: Zunächst ging Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke unerwartet deutlich auf Distanz zu Tuchel. Ohne Kalkül, wie Manager Michael Zorc inzwischen beteuert - was glauben kann, wer will in Anbetracht dessen, was noch folgte.

Erst schlug sich Präsident Reinhard Rauball öffentlich auf Watzkes Seite. Und schließlich ließen sich auch Spieler und Klub-Insider anonym in der Süddeutschen Zeitung zitieren. Die zentralen Vorwürfe der Spieler an Tuchel: undurchsichtig in der Kommunikation, verkopft in der Taktik, zu hart im Training.

"Alles wie aus Mainz vorhergesagt"

Die Anklage gipfelt in einem Zitat, das laut SZ aus dem "inneren Kreis des Klubs" stammt: "Wir sind vorher aus Mainz gewarnt worden, dass es schwierig werden dürfte. Ein halbes Jahr ging alles gut. Dann war alles wie aus Mainz vorhergesagt."

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Tatsächlich war es der Mainzer Präsident Harald Strutz, der 2015, noch immer sauer auf Tuchels "grenzwertigen" Abschied im Jahr zuvor, das Leitmotiv der jetzigen Kampagne zur Pointe schliff: "Jürgen Klopp war Herzenstrainer. Und Tuchel - der ist Trainer."

Dass Vergleiche mit dem Volkshelden Kloppo für Tuchel weder fair noch hilfreich sind, ist das Eine. Ihm Leidenschaft - oder  "echte Liebe" - abzusprechen, das Andere.

Tuchel hat andere Methoden

Denn dass der 43-Jährige für seine Aufgabe brennt, wird ernsthaft niemand bezweifeln. Er lebt und drückt sich aber anders aus. Er trifft sich eben nicht mit Vorgesetzten zum Skat, trägt keine "Pöhler"-Kappe und kommt in seinen Analysen auch mal ohne das Wort "geil" aus.

Stattdessen doziert er manchmal im Jargon des Selbst-Optimierers, zählt Kohlenhydrate und holt einen Meditationsexperten ins Team. Für die Dortmunder Folklore mag das wie die Gentrifizierung der guten, alten Ruhrpott-Mentalität daherkommen. Nur beschwert hat sich zunächst kaum jemand.

Im Gegenteil: Nachdem Tuchel seine Enttäuschung über den radikalen Kaderumbau zu Saisonbeginn geäußert und dann auch überwunden hatte, schien er trotz der zwischenzeitlichen Irritationen in Dortmund angekommen zu sein.

Höhere Beliebtheitswerte nach dem Anschlag

Vor allem in den Tagen nach dem Anschlag stiegen die Beliebtheitswerte. Empathisch, klug und differenziert trat er auf – und vertrat in der Business-Welt des Fußballs auch noch die Stimme der Moral, als er die Neuansetzung des Monaco-Spiels am Tag nach den Explosionen als oberflächlich und kaltherzig kritisierte.

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Umso überraschender kam Watzkes Reaktion. Zwar zeigte Tuchels Zeigefinger wohl in erster Linie auf die grauen Eminenzen der UEFA, die den Termin festgesetzt hatten. Als Entscheidungsträger fühlte sich Dortmunds Geschäftsführer aber offenbar in Sippenhaft genommen. Und ein schwelender Konflikt brach auf.

Machtkampf zwischen Tuchel und Watzke

Den Gestus der moralischen Überlegenheit wollte er Tuchel so nicht durchgehen lassen. Also preschte er vor und zettelte einen Machtkampf an, der zunächst nur zwischen den Zeilen stattfand. Weil aber auch Tuchel nicht zurücksteckte, bestimmt er jetzt die Schlagzeilen.

Langsam, aber sicher läuft Tuchel Gefahr, ein Image-Problem zu bekommen. Denn in Watzkes Windschatten meldeten sich sehr bald die Kritiker. Mit einer einfachen Botschaft: Er ist keiner von uns! Wir haben es schon immer gewusst.