Sandro Wagner ist gut. Timo Werner ist besser. So steht das in der Torjägerliste, die Wagner mit sieben, Werner mit acht Treffern ausweist nach 13 Spieltagen. Kürzlich hatte sich Wagner als mit Abstand besten deutschen Stürmer bezeichnet.
Ein Typ wie aus Leipzigs Geheimlabor
Über die letzten anderthalb Jahre gesehen mag man dem Hoffenheimer sogar glauben, in dieser Saison aber führt an Timo Werner kein Weg vorbei. Der ist nicht nur gemessen an Toren der erfolgreichste Bundesligaspieler mit einem deutschen Pass, sondern liegt auch in der Scorerliste mit 13 Punkten weit vor "seinem Widersacher" Wagner (neun).
Rekordhalter in Stuttgart
Seit dem Wechsel vom VfB Stuttgart zu RB Leipzig tritt Werner wie verwandelt auf. Beim VfB hat er Rekorde in Serie gebrochen, er wurde als 17-Jähriger zum jüngsten VfB-Bundesligaspieler und -Torschützen aller Zeiten und zum jüngsten Doppelpacker der Bundesligageschichte. Mittlerweile ist er der jüngste Bundesligaspieler mit mehr als 100 Spielen.
In Freiburg hat er vor drei Jahren damals doppelt für den VfB getroffen. So wie auch vorletztes Wochenende, beim 4:1-Sieg der Leipziger. Danach hat er ein paar lapidare Sätze formuliert und einen, der die eigene Überraschung über diese bisher so formidable Saison transportierte.
"Ich bin abgestiegen und hatte nicht die Erwartung, dass ich zu einem neuen Verein komme und die Liga zusammen bombe", hatte Werner da erzählt. Eigentlich hätte er da schon längst mehr in den Fokus rücken müssen. Jetzt hat seine unbedachte Aktion im Spiel gegen Schalke ihn auf eher unfreiwillige Weise zum Gesprächsthema Nummer eins bei den Fans gemacht.
Er passt perfekt zu RB Leipzig
Ganz so unverhofft kommt Werners Entwicklungsschub in Leipzig aber nicht. Er ist jung, schnell, athletisch, dynamisch, explosiv, ausdauernd, lernwillig und noch formbar. Werner ist auch defensiv stark, schlau im Pressing, enervierend für den Gegner, immer auf dem Sprung, schaltet nie ab.
Gäbe es in Leipzig irgendwo ein Geheimlabor, die Rasenballer hätten sich genau so einen Spieler darin zusammengebastelt. Timo Werners Art zu spielen passt nahezu perfekt zu der Art Fußball, die RB Leipzig kultiviert und Stück für Stück perfektioniert.
Natürlich ist Werner plötzlich nicht der begnadete Fußballer geworden, immer noch sind technische Unfeinheiten zu sehen, verspringt ihm ein Ball bei der Mitnahme oder übersieht er einen besser postierten Mitspieler. Aber auch wenn man das Gefühl hat, Werner würde schon seit Ewigkeiten in der Bundesliga mitmischen: Der Spieler ist erst 20 Jahre jung.
Und er wird noch lernen müssen. Aus dem Fehler, den er gegen Schalke begangen hat und daraus, seine Geschwindigkeit nicht zu oft dafür zu nutzen, auf den Kontakt eines Gegenspielers zu warten. In Stuttgart waren diese Tendenzen doch auch einige Male zu erkennen.
Zoff beim Abgang aus Stuttgart
Beim VfB war er das nächste große Ding nach Mario Gomez, er sollte die Reihe Tasci-Khedira-Gomez weiterführen. Geboren ist er im Sprengel des VfB, in Stuttgart-Bad Cannstatt, VfB-Spieler war er seit seinem sechsten Lebensjahr.
Timo Werner als 13-jähriges VfB-Talent:
Auch deshalb und weil nach dem Abstieg mit dem VfB die Gemütslage in Stuttgart angespannt war, weil es Streitereien gab und der Spieler am Ende mit Unbill verabschiedet wurde, machte der Wechsel nach Leipzig Schlagzeilen. Aber eben auch, und das scheint ganz besonders ein Stuttgarter Schicksal zu sein, weil mit Werner nun mehr als ein halbes Dutzend hochqualifizierter Spieler und Trainer den VfB Richtung Leipzig verlassen hat.
"Wer zu Red Bull wechselt, ist kein VfBler, sondern ein charakterloses Arschloch", ließen die Ultras in der Cannstatter Kurve dann auch wissen, adressiert war die unfreundliche Botschaft an Timo Werner.
Bald ein Thema für Löw?
Aus rein sportlichen Gesichtspunkten war Werners Abgang beim VfB nur logisch. Drei Jahre Abstiegs- und Abnutzungskampf in Stuttgart hemmten seine Entwicklung, am Ende war die Unbekümmertheit eines Teenagers blanker Angst vor dem Versagen gewichen.
Und für einen Wechsel zum Aufsteiger sprachen auch abseits der finanziellen Seite weitere Indizien. Leicht abzulesen ist das unter anderem an der aktuellen Tabelle.
Für Deutschland hat Werner bisher "nur" in den U-Mannschaften gespielt. Bei der U 21 durfte er die Mannschaft einige Male als Kapitän aufs Feld führen, die Quote von 33 Toren in 45 Spielen in den Juniorenmannschaften des DFB kann sich mehr als sehen lassen.
Joachim Löw hatte nach der Europameisterschaft angekündigt, die A-Nationalmannschaft müsse auch wieder mehr Zugang zum schnellen Umschalten in die Offensive finden, den Konterfußball pflegen. Spieler wie Timo Werner wären dafür wie gemacht.