Wenn über 80.000 Fußballfans gemeinsam schweigen, ist das alles andere als alltäglich.
Die Antworten zum Fan-Drama
Am Sonntagnachmittag in Dortmund war es der Tod eines BVB-Fans, der erst zu gespenstischer Stille, dann gleich zwei Mal zu einer hochemotionalen Intonation von "You'll never walk alone" führte.
"Wir sehen es jeden Tag: Es gibt viel Wichtigeres als ein Fußballspiel. Unser Beileid und gesamtes Mitgefühl gilt den Angehörigen und allen Betroffenen. Das war beklemmend", sagte Thomas Tuchel.
Dass der BVB mit 2:0 gegen seinen Ex-Klub Mainz 05 gewonnen hatte, war längst zur Nebensache geworden.
Der Todesfall löste weit über die Grenzen der Bundesliga hinaus großes Mitgefühl aus - gleichzeitig fand die bemerkenswerte Reaktion der Zuschauer ein riesiges Echo in den internationalen Medien.
SPORT1 fasst die Chronologie der Ereignisse im Signal Iduna Park zusammen, gibt einen Überblick über die Reaktionen und erklärt, wie die medizinische Versorgung bei einem Bundesliga-Spiel aussieht.
- Was ist passiert?
Kurz vor Spielbeginn und während der ersten Halbzeit mussten auf der Südwest-Tribüne des Signal Iduna Parks in Block 37 und 38 unabhängig voneinander zwei Zuschauer reanimiert werden. Ein laut BVB 80 Jahre alter Fan erlag den Folgen eines Herzinfarkts, ein 55-Jähriger wurde ins Krankenhaus gebracht.
- Wie hat sich die Nachricht verbreitet?
Abgesehen von den Zuschauern in unmittelbarer Nähe erfuhren die ersten Fans erst in der Halbzeitpause, was passiert war. Etwa um 18.30 Uhr machten auf Twitter erste Meldungen aus dem Stadion die Runde, dass ein Fan gestorben sei.
Der BVB bestätigte den Medienvertretern kurz darauf: "Es gab zwei Reanimationen. Eine Person ist im Krankenhaus, eine hat es leider nicht geschafft."
Auch unter den Zuschauern im Stadion wusste bald jeder Bescheid. "Das ging per WhatsApp rum, in den Sozialen Medien und hat das ganze Stadion erreicht, auch die Mainzer", erklärte Dortmunds Präsident Rauball.
Offiziell bekanntgegeben wurden die Ereignisse jedoch erst nach Spielende. Um 19.19 Uhr informierte BVB-Stadionsprecher Norbert Dickel über die Vorfälle, gleichzeitig wurde ein Hinweis auf den Anzeigetafeln eingeblendet.
- Wie haben die Fans reagiert?
Um 18.40 Uhr twitterte das Fanzine schwatzgelb.de, dass in der zweiten Halbzeit "aus Respekt vor dem während des Spiels verstorbenen Borussen" auf Support verzichtet werde. Kurz darauf stand fest, dass sich die Gästefans aus Mainz dem Stimmungsverzicht anschließen.
Erst als das Spiel in der 88. Minute beim Stand von 2:0 für den BVB entschieden war, fand die Stille ein Ende: Das gesamte Stadion, inklusive Gästeblock, stimmte die Fan-Hymne "You'll never walk alone" an.
Nach dem Schlusspfiff wurde das Lied noch einmal gesungen, die BVB-Spieler standen dabei Arm in Arm vor der Südtribüne.
- Wie haben die Spieler von den Vorfällen erfahren?
Diejenigen, die auf dem Rasen standen, wussten von nichts, konnten die gespenstische Stille im Stadion nicht einordnen.
"Wir haben uns während des Spiels kurz ausgetauscht, was sein könnte und haben schon vermutet, dass irgendwas passiert sein muss, weil die Stimmung so ja eben nicht alltäglich ist", erklärte BVB-Kapitän Mats Hummels nach dem Spiel:
"Wir waren natürlich erst überrascht, wir wussten ja nicht, was vorgefallen ist und hatten keine Infos."
Auf der Bank wusste man zumindest ansatzweise Bescheid. "Wir haben nicht die genauen Umstände erfahren, nur dass es einen Todesfall gab", erklärte BVB-Sportdirektor Michael Zorc.
- Wie geht es dem zweiten Patienten?
Nachdem zwischenzeitlich bereits Meldungen die Runde machten, auch der zweite Fan sei auf dem Weg ins Klinikum verstorben, gab es noch am Sonntagabend leichte Entwarnung: Der 55-Jährige befindet sich im Krankenhaus, sein Zustand ist stabil.
- Wie sieht die medizinische Versorgung bei einem Bundesliga-Spiel aus?
Wie bei Massenveranstaltungen üblich, ist bei Bundesliga-Spielen ein Großaufgebot an medizinischem Personal im Einsatz. Beim Bundesliga-Spitzenspiel zwischen BVB und FC Bayern waren beispielsweise über 120 Sanitäter, Rettungshelfer, Notfallsanitäter und Notärzte im Einsatz.
Im Stadionhandbuch von DFL und DFB sind darüber hinaus die notwendigen medizinischen Einrichtungen genau vorgeschrieben. "Im Stadion muss mindestens ein klar ausgeschilderter ausreichend großer Raum für den Sanitäts- und Rettungsdienst mit der erforderlichen Ausstattung vorhanden sein. [...] Darüber hinaus muss im Stadion zusätzlich mindestens ein deutlich ausgeschilderter Raum für die medizinische Erstversorgung zur Verfügung stehen."
Noch strenger sind die Anforderungen bei internationalen Spielen. Bei UEFA-Wettbewerben müssen in jedem Sektor des Stadions "voll ausgerüstete, von den zuständigen örtlichen Behörden genehmigte Erste-Hilfe-Stationen für Zuschauer zur Verfügung stehen".
- Wie reagierten andere Vereine auf die Ereignisse?
Zahlreiche andere Bundesliga-Klubs äußerten ihr Mitgefühl mit dem BVB und den Angehörigen der betroffenen Fans.
Auch über die Bundesliga hinaus fanden die tragischen Vorfälle - und die Reaktion der Zuschauer im Signal Iduna Park - ein großes Echo. Internationale Medien berichteten, auch andere Sportvereine reagierten.