Karl-Heinz Rummenigge stand eigentlich auf der Gästeliste.
Kampf gegen "Umsatz-Phantom" England
Aber beim DFL-Neujahrsempfang im Thurn und Taxis Palais an der Frankfurter Hauptwache glänzte der Boss des FC Bayern dann doch durch Abwesenheit.
So lauschten dann eben Andreas Jung (Vorstand Marketing) und Jörg Wacker (Vorstand Internationalisierung und Strategie) als Repräsentanten des Rekordmeisters den Ausführungen der DFL-Bosse. Was sie vor der geballten Fußball-Prominenz in einem Kellergewölbe zu hören bekamen, dürfte ihnen jedoch nur bedingt gefallen haben.
Seifert: Englischer TV-Vertrag unerreichbar
Einerseits erneuerte der DFL-Geschäftsführer Christian Seifert das Ansinnen, "dass die Bundesliga Klubs braucht, die mit den in England in Geld schwimmenden Vereinen mithält", andererseits verwies der 46-Jährige auf die Marktbeschränkungen hierzulande, wenn es um den neuen Fernsehvertrag (ab 2017/2018) geht.
"Die DFL strebt nach dem besten Abschluss. Aber den Medienvertrag der Premier League werden wir nicht erreichen. Und wir werden die Bundesliga nicht in ihren Grundfesten erschüttern, um einem Umsatzphantom hinterherzujagen", betonte Seifert.
Eine klare Absage an alle Träumer, die auf sprunghaft steigende Medienerlöse für die Bundesliga hoffen.
6,9 Milliarden Euro für drei Saisons
Nur zur Erinnerung: Auf der Insel zahlen die konkurrierenden Bieter Sky und BT Sport von 2016 bis 2019 umgerechnet 6,9 Milliarden Euro.
Der deutsche Profifußball wäre schon froh, wenn er künftig pro Saison die Milliarden-Grenze knackt. Und das wird schwer genug. Seifert findet auch, dass das viele Geld "nicht gut für den Fußball ist, weil es den Hang zu irrationalen Handlungen fördert."
Doch mit solchen Statements ist beispielsweise den Bayern nicht geholfen, wenn sie um die besten Berufsfußballer der Welt mitbieten.
Die Verträge mit Thomas Müller, Xabi Alonso und Jerome Boateng haben die Münchner gerade verlängert – und die Stars dürften nicht viel schlechter verdienen als in England.
Aber speziell Rummenigge hatte immer wieder höhere TV-Einnahmen gefordert und sogar mit einem Ausstieg aus der Solidargemeinschaft gedroht.
Bayern wollen DFL nicht drängen
Wie nun nahmen die Bayern die Seifert-Ausführungen am Dienstag auf?
"Die Premier League ist eine starke Marke", sagte Jung zu SPORT1, er lasse aber mal dahingestellt, ob der Inhalt, sprich die Qualität des englischen Fußballs, damit immer übereinstimme.
Er möchte Seifert nicht unter Druck setzen: "Denn dann würden wir den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Es ist nun Aufgabe der DFL, das bestmögliche Ergebnis herauszuholen. Und dann müssen wir rational betrachten, was wir selbst vermarkten."
Klang ganz so, als sei zwischen Branchenführer und DFL-Bossen erst einmal eine Art Burgfrieden verabredet, bis im Frühsommer der nächste Abschluss verkündet wird.
Gladbacher sorgen sich um ihre Stars
Gleichwohl wachsen die Sorgen der Liga. Die Transferattacken aus England waren drei Tage vor dem Rückrundenstart das Tuschel-Thema an vielen Stehtischen unter den Bundesliga-Managern.
Der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach, Max Eberl, glaubt: "Wir werden die Entwicklung in England im Sommer in einer gravierenden Art und Weise spüren."
Zwei konkrete Beispiele beim Bundesliga-Vierten: Bei Mittelfeldspieler Havard Nordtveit, dessen Vertrag ausläuft, haben die "Fohlen" keine guten Karten. Eberl sagte dazu: "Er ist für die Premier League interessant, weil er bei Arsenal ausgebildet wurde. Er wird sicherlich Angebote haben, die jenseits unserer Offerte liegen."
Ebenso chancenlos dürften die Gladbacher vielleicht schon im Sommer sein, ihren Kapitän Granit Xhaka zu halten, der jetzt ja auch verriet, dass die Premier League sein Kindheitstraum sei.
Eberl gibt sich keinen Illusionen hin: "Wenn irgendwelche horrenden Summen im Raum stehen und der Spieler zu uns sagt, er will den nächsten Schritt machen, dann müssen sich beide Seiten tief in die Augen sehen."
Zorc fürchtet noch keinen Ausverkauf
Sein Kollege Michael Zorc, Sportdirektor von Borussia Dortmund, ist indes noch nicht grundsätzlich beunruhigt.
"Die Mittelklasseklubs in England werden finanzkräftiger. Es besteht die Gefahr, dass deutsche Spieler in den Fokus geraten. Ich glaube aber, dass die ambitionierten Klubs vom Gesamtpaket auch gute Argumente in die Waagschale werfen können. Ich sehe keinen Ausverkauf der Bundesliga", sagte Zorc zu SPORT1.
Die meisten Bundesligisten allerdings können nicht viel machen, wenn ihre besten Spieler auf dem Wunschzettel englischer Vereine stehen.
Deshalb hat Eberl hat zusammen mit dem Mainzer Macher Christian Heidel diesen pragmatischen Vorschlag unterbreitet: "Wir müssen hier so gute Spieler entwickeln, dass englische Verein bereit sind, dafür unfassbare Summen auszugeben. Damit würden wir deren TV-Gelder nach Deutschland schaffen."