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Julian Draxler und Kevin Großkreutz: Die Ruhr-Romantik leidet doppelt

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Julian Draxler und Kevin Großkreutz: Die Ruhr-Romantik leidet doppelt

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Ende zweier Ruhrpott-Romanzen

Ur-Schalker Julian Draxler und Ur-Dortmunder Kevin Großkreutz gehen neue Wege. Die Romantik hält sie nicht mehr - sie war ohnehin nur einem richtig wichtig.
Julian Draxler (l.) und Kevin Großkreutz verlassen ihre Jugendvereine
Julian Draxler (l.) und Kevin Großkreutz verlassen ihre Jugendvereine
© SPORT1-Grafik: Paul Hänel/Getty Images/Imago
Ur-Schalker Julian Draxler und Ur-Dortmunder Kevin Großkreutz gehen neue Wege. Die Romantik hält sie nicht mehr - sie war ohnehin nur einem richtig wichtig.

Etwas mehr als ein Jahr her sind sie mittlerweile her, die beiden großen gemeinsamen Höhepunkte von Kevin Großkreutz und Julian Draxler.

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Gemeinsam Weltmeister in Rio, als Ersatzspieler beide zwar, aber immerhin: Höhepunkt 1. Und dann Höhepunkt 2: jenes große Lied, das der Ur-Schalker Draxler dem Ur-Dortmunder auf der Berliner Fanmeile widmete: "Großkreutz, hol den Döner raus..."

Im Sommer danach stehen die WG-Partner von Campo Bahia wieder gemeinsam in den Schlagzeilen. An ein und demselben Tag wird klar: Der Ur-Schalker und der Ur-Dortmunder Weltmeister, sie sind nun kein Schalker und (fast) kein Dortmunder mehr.

Draxler, Schalker seit seinem siebten Lebensjahr, wechselt zum VfL Wolfsburg. Großkreutz, Dortmunder seit seiner ersten Lebenssekunde, ist ebenfalls auf Sprung - wenngleich sein Wechsel zu Galatasaray Istanbul noch an Formalien zu scheitern droht.

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Die Romantik ist kein Kitt mehr

Dass zwei romantische Geschichten des Ruhrgebietsfußballs gleichzeitig zu Ende gehen - ein Zufall, einerseits. Andererseits ist es dann doch kein reiner Zufall, dass der Fußball und die Romantik sich im Transferendspurt zweimal mehr einvernehmlich trennen.

Die Romantik, jener unbestimmte, übergeordnete Kitt zwischen kommerziellem Sport und traditionsbewusster Basis: Sie hatte in beiden Fällen nicht mehr die nötige Bindekraft.

Zu groß war bei Draxler wie Großkreutz die Einsicht, dass ihr sportliches und geschäftliches Interesse nicht mehr mit dem romantischen vereinbar war.

Großkreutz hat den Anschluss verloren

Bei Großkreutz kam zuletzt auch der leidenschaftlichste Folklorist kaum noch um die Erkenntnis herum, dass der Meisterheld von einst schlicht den Anschluss verloren hat.

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Dass der 27-Jährige seine spielerischen Beschränkungen hat: kein Geheimnis. Seine Einstellung, sein Kampfeswillen und seine Vielseitigkeit hatten ihm aber immer wieder einen Platz im Team garantiert.

Der WM-Sommer und die Saison danach allerdings zeigten Großkreutz die Grenzen auf. In Rio gab ihm Löw keine Chance, obwohl zahlreiche Konkurrenten sich vor seiner Nase verletzten. In Dortmund warfen ihn ein fast monströses Formtief und eine Verletzung völlig aus der Bahn.

Szenen einer Entfremdung

Dass er zuletzt auch noch öffentlich über die Unwilligkeit des BVB klagte, seinen auslaufenden Vertrag zu verlängern, machte die Lage nicht besser. Sein Mosern ("Ich bin tief enttäuscht"), die nicht minder gereizte Reaktion des Klubs: Es waren schon mehr die Szenen einer entfremdeten Ehe als gelebte Liebe.

Den Neubeginn sucht Großkreutz nun in der Türkei. Dass er von den dortigen Fans euphorisch empfangen wird: Ebenso klar wie hierzulande das Revival der Dönerwurf-Witze.

Sollte der Deal mit Galatasaray nun doch noch scheitern, wäre das ein weiterer Schlag für Großkreutz: Die Aussichten, unter Thomas Tuchel wieder zu sich zu finden, sind nicht rosig. Zu gut und zu breit ist der BVB auf Großkreutz' liebsten Positionen mittlerweile besetzt, zu wenig hängt Tuchel an alten Heroengeschichten.

Draxler: Aufstieg und Scheitern zugleich

Bei Draxler liegt der Fall etwas anders. Der 35-Millionen-Euro-Wechsel zu Pokalsieger Wolfsburg ist auf vertrackte Weise Aufstieg und Scheitern zugleich.

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Vier Jahre nach dem Transfer von Manuel Neuer zum FC Bayern muss Schalke einmal mehr einer Identifikationsfigur hinterhertrauern - und damit auch der schönen Idee, mit ihr gemeinsam größere sportliche Ambitionen zu verfolgen.

Anders als Neuer geht Draxler als einer, der dabei selbst noch nicht den ganz großen Durchbruch geschafft hat. Noch kurz vor der Verkündung des Transfers hatte ihn Bundestrainer Löw in der Süddeutschen Zeitung ermahnt, sein "Wahnsinnspotenzial" endlich abzurufen - "und zwar konsequent".

Wolfsburg - eine goldene Gelegenheit

Bei Schalke klappte das zuletzt nicht - das Missverständnis Roberto Di Matteo, Verletzungen und anderes brachten auch Draxlers Entwicklung ins Stocken.

Und wie Großkreutz sah auch er offenbar nicht genug Anlass daran zu glauben, dass mit dem neuen Trainer Andre Breitenreiter alles gut wird.

Wie gerufen kam stattdessen, dass in Wolfsburg nach dem Transfer von Kevin De Bruyne eine attraktive Planstelle frei wurde. Und auch noch auf der Zehner-Position, die Draxler seit Jahr und Tag für sich beansprucht.

Draxlers Liebe war nie kompromisslos

Draxler nach Wolfsburg - das ist nun das recht genaue Gegenteil einer Nachricht, die Horst Heldt auf einen durch Gelsenkirchen fahrenden Laster schreiben würde.

Doch schon damals, als er die Vertragsverlängerung bis 2018 so in die Welt hinaustrug, war deutlich, dass Draxlers Liebe zu Schalke nie eine kompromisslose war.

Dass er seine Karriere eher nüchtern geplant hat und mittelfristig nach Höherem strebt, hat er schon immer durchblicken lassen. Selbst Heldt plädiert nun dafür, in Draxlers Abgang "ein Stück Professionalität und keine Fahnenflucht" zu sehen.

So sind sie, die Liebesbeziehungen im Spitzenfußball von heute: sehr sachliche Romanzen. Und selbst dann, wenn sie, wie im Fall Großkreutz, tatsächlich stürmisch sind, auch überaus endlich.