Guardiolas Biograph Marti Perarnau spricht im SPORT1-Interview über die Gefühlslage des Bayern-Trainers nach der Pleitenserie und antwortet auf das City-Gerücht.
Guardiolas Biograph Marti Perarnau spricht im SPORT1-Interview über die Gefühlslage des Bayern-Trainers nach der Pleitenserie und antwortet auf das City-Gerücht.
Marti Perarnau ist für Pep Guardiola eine Vertrauensperson.
Dem Buchautoren aus Spanien hat Guardiola in seinem ersten Dienstjahr in München gestattet, ihn eng an der Säbener Straße zu begleiten. Entstanden ist der Bestseller "Herr Guardiola" mit zig Einschätzungen des Bayern-Trainers, die man vorher nicht kannte.
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Aktuell ist Perarnau zurück in München, die Drähte zu Guardiola passen weiterhin. Nach der 0:1-Niederlage der Münchner gegen den FC Augsburg sah man den Spanier mit Guardiola in der Mixed Zone in ein längeres Gespräch vertieft.
Im SPORT1-Interview spricht Perarnau über Guardiolas Lage vor dem drohenden Aus in der Champions League, die Spielidee des Bayern-Coachs und ein delikates Wechselgerücht.
SPORT1: Herr Perarnau, laut beIN Sports soll Pep Guardiola bereits ab der nächsten Saison Manchester City coachen. Was halten Sie von dem Gerücht?
Marti Perarnau: Ich glaube, dass er auch nächste Saison Bayern trainieren wird. Für mich ist das eine Spekulation und nicht mehr.
SPORT1: Das 0:1 gegen Augsburg war der vierte Misserfolg für den FC Bayern in Serie. Guardiola hat als Trainer bisher noch nie so viele Niederlagen in Folge hinnehmen müssen. Ist das jetzt die größte Herausforderung in seiner Trainerkarriere?
Perarnau: Ja und nein. Die Niederlagen gegen Dortmund und in Barcelona haben ihm wehgetan. In Leverkusen standen auch Spieler aus der zweiten Mannschaft auf dem Platz, gegen Augsburg gab es die Rote Karte für Pepe Reina nach 13 Minuten. Und Meister sind die Bayern schon. Wichtig für ihn ist die Champions League. Das ist der schwierigste Moment für Pep, aber nicht wegen des Drucks und der Kritiker.
SPORT1: Sondern?
Perarnau: Pep hat noch nie eine Mannschaft in solch einer schwierigen Situation führen müssen. So eine Verletztensituation gab es noch nie bei Bayern, noch nie bei einer europäischen Spitzenmannschaft. In der ganzen Spielzeit waren ein Viertel der Spieler verletzt, das ist europäischer Rekord. Das ist brutal. Es müssen quasi immer die gleichen spielen, und ihm fehlen wichtige Schlüsselspieler: Arjen Robben, Franck Ribery und David Alaba.
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SPORT1: Gab es ähnlich schwierige Momente für Guardiola zum Beispiel, als er 2010 gegen Inter Mailand in der Champions League ausgeschieden ist?
Perarnau: Das kann man nicht vergleichen. Ich kenne Pep ein bisschen, das ist die schwierigste Situation jetzt für ihn, weil er nicht die Instrumente hat, um etwas am Gang der Dinge zu ändern. Ich wurde gefragt: Könnte Bayern das Wunder gegen Barca schaffen? Meine Antwort: Ja, mit Ribery und Robben.
SPORT1:In Barcelona habe ich mit Leuten gesprochen, denen Pep sehr emotional vorkommt. Hat er sich in München verändert?
Perarnau: Ich sehe Pep in München reifer und viel ruhiger als in Barcelona. Es könnte ein anderer Eindruck entstehen, wenn man nur auf seine Gesten am Spielfeldrand achtet. In dieser Hinsicht hat er sich nicht verändert. Er war schon immer so emotional, aber nur während der 90 Minuten.
SPORT1: Spürt er in München mehr Druck?
Perarnau: Ich glaube nicht, dass es dort mehr Druck gibt als anderswo.
SPORT1:Wie wird er sich auf das Rückspiel vorbereiten?
Perarnau: Er hat wie gesagt sehr wenig Spielraum, um zu agieren. Lassen Sie uns ein Detail betrachten: Im Hinspiel hatte Barca 28 Dribblings, darunter zehn von Messi, Bayern hatte nur drei (alle von Bernat). Das heißt: Die eine Mannschaft war in den Eins-zu-Eins-Duellen klar überlegen, weil der anderen die Spieler für Dribblings fehlten. Es ist kein Zufall, dass Bayern seit dem 7:0 gegen Donezk, damals mit Robben und Ribery "on fire", auf dramatische Weise Probleme im Torabschluss hat. In den letzten zwölf Spielen - ohne Robben und Ribery - haben sie nur 19 Tore erzielt. Das sind nur etwa 50 Prozent der Trefferquote im Rest der Saison.
SPORT1:Die Niederlage in Barcelona hat weh getan. Wird er viel verändern?
Perarnau: Was kann er denn ändern? Er hat ja nur die Spieler zur Verfügung, die in den vergangenen Wochen schon viel leisten mussten. Der Kräfteverschleiß gegen Porto oder im Pokal-Halbfinale gegen Dortmund war groß. Bayern kann gegen Barca nur versuchen, kühlen Kopf zu bewahren, in der Defensive gegen Messi das Risiko so gering wie möglich zu halten und zu gewinnen.
SPORT1:Sie haben persönlich mitbekommen, wie Guardiola im vergangenen Jahr auf die Niederlage gegen Real Madrid reagiert hat. Was wird er gegen Barca machen?
Perarnau: Gegen Real hat er einen gravierenden taktischen Fehler gemacht. Er wollte von Beginn an auf Angriff spielen und das hat Real ausgenutzt. Pep hat daraus gelernt, und deshalb war er vor dem Spiel gegen Donezk in Lwiw so konzentriert und hat dies auch in Porto versucht, doch dort hat Bayern wegen schwerer individueller Fehler verloren. In Barcelona wollte er es auf ähnliche Weise angehen. Er hat mit vier Mittelfeldspielern gespielt und versucht, die Partie zu kontrollieren, was gegen einen Gegner wie Barca sehr schwer ist. Es hat lange funktioniert, aber dann kam Messi. Wenn man verliert, muss man seine Wunden lecken, wieder aufstehen und kämpfen.
SPORT1:Wird er seiner Idee des Fußballs trotz aller Widrigkeiten treu bleiben?
Perarnau: Ohne Zweifel. Wenn er das nicht täte, wäre er ein anderer Trainer. Für seine Idee des Fußballs ist es fundamental, den Ball laufen zu lassen und zu passen, um die Organisation des Gegners zu stören.
SPORT1: Wie wird Guardiola die Saison bewerten?
Perarnau: Guardiola weiß, dass er nicht alles gewinnen kann, aber er will um alle Titel kämpfen. Der FC Bayern hat in 115 Jahren ein einziges Mal das Triple gewonnen, zwischen 2002 und 2009 waren sie nicht im Halbfinale der Champions League. In den vergangenen Jahren hat sich der FC Bayern stark verbessert, hat 2013 das Triple gewonnen, 2010 das CL-Finale erreicht und steht jetzt zum vierten Mal in Folge in einem Halbfinale. Als Guardiola 2013 nach München gekommen ist, hatte ein Bastian Schweinsteiger beeindruckende 13 Titel gewonnen, jetzt sind es schon 18.
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SPORT1: Können Sie sich vorstellen, dass Guardiola seinen Vertrag verlängert?
Perarnau: Ich weiß es nicht. Das ist eine Sache, die nur Guardiola und der FC Bayern entscheiden.