Als die Frage nach den Wechselgerüchten kam, setzte Max Kruse sein bestes Pokerface auf.
Erst Königsklasse, dann Königstransfer?
Der Stürmer von Borussia Mönchengladbach hatte gerade erst die Dopingprobe absolviert, war noch voller Adrenalin. Euphorisch. Glücklich. Schließlich hatte er kurz zuvor die Borussia zum 1:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg geschossen.
Kruse grinste breit, Freude und Erleichterung waren ihm gleichermaßen anzusehen, als er in der Mixed Zone über seine Gefühlswelt sprach.
Doch bei der Frage um seine persönliche Zukunft verschwand das Lächeln kurz, Kruse blockte ab, ging in die Defensive.
"Ich brauche mich damit jetzt nicht zu beschäftigen. Ich habe gesagt, dass ich mit Gladbach das Bestmögliche erreichen will, und das wäre Platz drei, vielleicht sogar Platz zwei. Wir wollen in die Champions League. Meine eigene Personalie stelle ich da mal komplett hinten an", sagte der Nationalspieler.
Kein Bekenntnis
Ein Bekenntnis hört sich anders an. Immerhin könnte es sportlich kaum besser laufen. Die Champions-League-Qualifikation ist Gladbach vier Spieltage vor Schluss nicht mehr zu nehmen, im Rennen um das direkte Ticket für die Königsklasse hat Gladbach als Dritter, vier Punkte hinter Wolfsburg und zwei Zähler vor Bayer Leverkusen, das Momentum auf seiner Seite. Sogar die Vizemeisterschaft ist in Reichweite (DATENCENTER: Tabelle).
Was wäre also naheliegender, als in der kommenden Saison dann auch mit Gladbach in der Champions League zu spielen?
"Jeder will in der Champions League spielen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen", so Kruse.
Kruse macht sich seine Gedanken
So weit, so vage.
Damit war das Thema für Kruse auch erledigt. Er mache sich seine Gedanken, das hatte er bereits vor kurzem eingeräumt. Entscheiden könne er sich aber auch noch nach dem Saisonende. Max Eberl dürfte das Thema also noch ein paar Wochen beschäftigen. Denn die Gerüchte reißen nicht ab, dass Kruse den Klub im Sommer verlässt. In seinem bis 2017 datierten Vertrag ist eine Ausstiegsklausel verankert, die ihm einen vorzeitigen Wechsel für angeblich zwölf Millionen Euro ermöglicht.
Als Kandidaten aus der Bundesliga gelten seit Wochen Schalke 04 und Borussia Dortmund, angeblich hat auch Bayer Leverkusen Interesse. Angesichts der Tabellenkonstellation ist das nicht ganz ohne Brisanz.
"Für mich gibt es da keinen neuen Stand. Ich habe oft genug betont, dass er Vertrag hat. Und oft genug auch betont, dass es eine Kondition gibt, wo er den Verein verlassen kann", sagte Gladbachs Sportdirektor Max Eberl.
Sportlich bessere Argumente
Doch Erfolg macht bekanntlich sexy. Die Gladbacher haben zumindest im Gegensatz zum BVB oder zu S04 kurzfristig sportlich die deutlich besseren Argumente, dafür dürfte die Konkurrenz aber monetär sehr reizvoll sein. Vor allem der neue BVB-Trainer Thomas Tuchel soll Kruse auf seinem Wunschzettel haben.
Mit und auch dank eines formstarken Kruse ist in Gladbach in den vergangenen Monaten eine Mannschaft gereift, die in der Rückrundentabelle einen Punkt hinter Meister Bayern München den zweiten Platz belegt. Und damit auch ein Versprechen für die Zukunft ist.
Eberl bleibt in der Personalie deshalb weiterhin sehr gelassen. "Wenn man ihn spielen sieht, wenn man die Mannschaft sieht, habe ich keine Sorge, dass er nicht bei uns bleibt", so Eberl.
Wie wichtig er für das Gefüge bei der Borussia im Allgemeinen und das System von Lucien Favre im Speziellen ist, bewies Kruse nicht erst durch den späten Siegtreffer gegen Wolfsburg. Der 27-Jährige war zuvor mehr als ein halbes Jahr, genauer gesagt seit dem 18. Oktober 2014, ohne Treffer aus dem Spiel heraus geblieben.
An sich gearbeitet
Impulse gibt er dem Spiel der Borussia in der Rolle des Führungsspielers trotzdem, agiert im Umschaltspiel der Borussia als Schnittstelle, lässt sich oft auf die Zehn zurückfallen und ist mehr flexibler Allrounder denn klassischer Mittelstürmer. Eine falsche Neun, technisch versiert und inzwischen auch bereit für einen hohen Laufaufwand.
Nach der verpassten WM im vergangenen Sommer arbeitete der als immer etwas schlampig verschriene Kruse an seiner Fitness, speckte einige Kilos ab und arbeitet inzwischen mehr nach hinten als je zuvor in seiner Karriere.
Ein großer Verlust
"Er macht sehr viel für die Mannschaft, auch wenn er nicht unbedingt viele Tore aus dem Spiel heraus gemacht hat. Das wäre ein großer Verlust für die Mannschaft", sagte Torhüter Yann Sommer.
Und nicht zuletzt würde der Mannschaft auch ein Typ fehlen. Einer, der auf der einen Seite mit seinem tarnfarbenen Maserati und Pokernächten bei Stefan Raab ein wenig aus der Rolle des angepassten Profis fällt. Auf der anderen Seite aber auch seine Meinung ganz klar äußert, als nicht unbedingt pflegeleicht gilt. Sein Verhältnis zu Favre soll daher auch nicht unbedingt einfach sein.
Gut für die Stimmung
"Er ist gut für die Stimmung. Und wenn er dann auch noch auf dem Platz so gut ist, ist das für die Mannschaft ein großes Plus", so Sommer.
So wichtig Kruse für die Gladbacher auf und abseits des Platzes ist - unersetzlich ist auch er nicht. Klar ist deshalb auch, dass Eberl sich seit längerer Zeit auf einen möglichen Abschied vorbereitet. Dass die Borussia noch nach Verstärkungen sucht, ist sowieso kein Geheimnis. Vieles hängt aber von der Entscheidung Kruses ab.
So soll die Borussia Interesse an Franco di Santo von Werder Bremen, Shinji Okazaki von Mainz 05 und Yussuf Poulsen von RB Leipzig haben. Auch Leverkusens Josip Drmic soll ein Kandidat sein.
Wie immer bastelt Eberl aber im Hintergrund an möglichen Lösungen. Denn Pokerface kann er auch.